Karneval der Alligatoren
neuen Selbstvertrauens und bester Laune.
»Ausgezeichnet, Robert. Fantastische Diagnose, Sie hatten natürlich recht.« Er
sah Kerans nachdenklich an, als überlege er, woher wohl diese Intuition kam,
und machte sich insgeheim Gedanken über ihn. »Keine Sorge, Kerans, Hardman wird
Ihnen noch dankbar sein, wenn wir ihn zurückholen.«
Kerans stand am Rande des Balkons, zu
seinen Füßen begann der Sandhügel. Er betrachtete die Fensterreihen und
überlegte, hinter welchem Hardman sich wohl versteckte. »Hoffentlich behalten
Sie recht. Aber noch haben wir ihn nicht.«
»Keine Angst, das kommt gleich.«
Riggs schrie zu den zwei Männern auf dem Dach hinauf, die Daley halfen, den
Hubschrauber zu befestigen. »Wilson, Sie fangen vom Südwestende an, Caldwell,
Sie gehen nach Norden. Nach beiden Seiten schauen, er wird sich vielleicht
durch Schwimmen retten wollen.«
Die zwei Männer grüßten und machten
sich auf den Weg, Karabiner an der Hüfte. Macready hielt auch eine Waffe im
Arm, und Riggs knöpfte das Halfter seiner Pistole auf. Kerans sagte ganz ruhig:
»Wir jagen doch keinen tollwütigen Hund!«
»Ich habe keine Lust, mir von
schlafenden Krokodilen ein Bein abbeißen zu lassen. Und übrigens hat Hardman
einen 0.45-Colt bei sich.« Er grinste Kerans fröhlich an.
Während Kerans diese Nachricht
verdaute, nahm Riggs das elektrische Megaphon auf. » hardman! hier riggs! « brüllte er in die schweigende Hitze,
zwinkerte dann Kerans zu und fügte hinzu: » doktor
kerans möchte sie sprechen! «
Die Töne echoten in die Sümpfe und
Wasserläufe zurück, sie dröhnten über die riesige Schlammebene. Alles ringsum
glitzerte in der unendlichen Hitze, die Männer auf dem Dach wurden trotz ihrer
Sonnenschutzkappen immer nervöser. Kloakengestank wälzte sich dick aus den
Sandbänken, Millionen Insekten schwärmten hungrig summend darüber. Kerans wurde
von einem Würgen gepackt, alles verschwamm ihm vor den Augen. Er drückte sein
Handgelenk an die Stirn und lehnte sich gegen eine Säule – immer noch zitterten
die Echowellen um ihn. An zwei weißen Uhrtürmen weiter drüben hallte sein Name
besonders deutlich wider, es kam ihm wie eine schreckliche Warnung vor. Die
Zeiger der bedeutungslos gewordenen Zifferblätter schienen ihm eine kosmische
Zeit anzukündigen, vervielfacht, in wahren Myriaden sandten sie ihre drohenden
Signale.
Als sie mit der Suche begannen, hatte
er immer noch den Echoklang im Ohr. Er stellte sich in jedem Stockwerk an die
Treppe, während Macready die Wohnungen durchsuchte. Alle Fußböden waren
verfault, oder man hatte sie herausgerissen; sie konnten nur langsam entlang
der verbliebenen Teile gehen und mußten oft vorsichtig von Balken zu Balken
steigen. Der Verputz lag größtenteils in grauen Haufen auf dem Boden. Wo genug Licht
hereindrang, schlangen sich Schlingpflanzen und Moos um das nächste Lattenwerk,
es sah aus, als würde das Baumaterial nur von der durch alle Räume sich
ziehenden Vegetation aufrecht erhalten. Durch die Risse in den Fußböden drang
der faulige Geruch des schmierigen Wassers, das bei den unteren Fenstern
hereinwirbelte. Zum erstenmal seit Jahren wurden die Fledermäuse aufgestört,
sie flogen wie wild zu den Fenstern und flatterten kreischend hinaus. Eidechsen
huschten und flitzten durch die Bodenritzen oder glitten wie gejagt in den
Badewannen herum.
Völlig außer sich vor Hitze, stieg
Riggs ungeduldig von Stockwerk zu Stockwerk – bis jetzt erfolglos. Nur noch
zwei Etagen lagen vor ihnen.
»Also, wo steckt er?« Riggs lehnte
sich gegen das Geländer und atmete gepreßt durch die Zähne. »Ruhen wir uns mal
kurz aus. Jetzt heißt's aufpassen, er ist irgendwo hier drinnen.«
Kerans lehnte sich gegen eine Wand,
Schweiß brach ihm aus allen Poren, die Schläfen pochten von der
Überanstrengung. Es war halb zwölf, die Außentemperatur über fünfzig Grad. Er
blickte auf Riggs' rot angelaufenes Gesicht. Die Selbstbeherrschung und
Entschlossenheit dieses Mannes waren bewundernswert.
»Schauen Sie nicht so herablassend,
Robert. Ich weiß, ich schwitze wie ein Schwein, aber schließlich habe ich mich
in letzter Zeit auch mehr abstrampeln müssen als Sie.«
Jeder wußte, was der andere über
Hardman und die Jagd nach ihm dachte. Um die stillschweigende Rivalität zu
beenden, sagte Kerans ruhig: »Jetzt haben Sie ihn sicher gleich.«
Er wollte sich irgendwo hinsetzen und
öffnete die Tür zum ersten Apartment.
Der Rahmen zerfiel in Staub und
Splitter; er
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