Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
einen Platz im Hof, um die Smalti zu lagern und ausreichend Licht und Wärme im Flur. Fackeln und Kohlebecken müssen aufgestellt werden, sonst trocknet der Putz nicht richtig und das Mosaik hält nicht an der Wand.«
Das war ihr Vater, wie sie ihn kannte. So sprach Il Sasso mit Leuten, die glaubten, in ihm einen Handwerker vor sich zu haben, mit dem sie umspringen konnten, wie sie wollten. Smalti für Mosaiken hatte er noch nie gekauft – wahre Künstler taten das nicht. Maler ließen sich die Leinwand auch bezahlen, bevor sie mit dem Malen begannen. Sie war stolz auf ihren Vater.
Amadeo lachte – auf dem Karnevalsfest hatte er sie genauso angelacht.
»Signore Tasso kannst du nicht behandeln wie deinen Schneider. Du schuldest ihm nicht genug Geld, dass er pleite geht, wenn du gar nicht mehr bezahlst. Er kann Forderungen stellen.«
»Giulio wird Euch auch aufschreiben, was und wie viel wir benötigen. Die besten Smalti werden auf Murano und in Venedig hergestellt. Es wird nicht sehr lange dauern, bis sie geliefert werden«, fuhr Il Sasso fort, als wäre er nicht von dem jungen Patrizier unterbrochen worden.
»Das klingt, als müssten es Hunderte verschiedene sein.« Ludovico Bragadin hörte sich an, als rechne er im Kopf die Golddukaten aus, die ihn der Spaß kosten würde.
»Für ein hochwertiges Mosaik kommen wir nicht mit einer Handvoll Farben aus«, sagte Giuliana, und diesmal vergaß sie nicht, ihre Stimme zu verstellen.
Sie und ihr Vater verabschiedeten sich von Ludovico Bragadin und seinem Sohn. Auf dem Rückweg trug Giuliana wieder die zusammengerollten Skizzen und ging einen halben Schritt hinter ihrem Vater. Die Luft zwischen ihnen war zum Schneiden dick. Irgendetwas hatte sie falsch gemacht, aber sie hatte keine Ahnung, was das sein sollte. Sie hatten die Hälfte des Rückwegs schweigend zurückgelegt, bevor Il Sasso sich zu ihr umdrehte. Seinen Blick konnte sie nicht gut deuten: Wut, Amüsement, Resignation – etwas von allen dreien. Auf jeden Fall begann ihr Atem zu flattern.
»Das hätte ich nicht von dir gedacht, Giuliana. Wenn du nicht auffallen und uns alle ins Unglück reiten willst, musst du dich besser benehmen.«
Er konnte nur die Sache mit den Skizzen meinen. »Das wollte ich dir sagen, Padre. Der Entwurf, den Signore Bragadin geschickt hat, war so schrecklich langweilig, eine monotone Zypressenallee. Wenn du das Mosaik legen solltest, du müsstest dich dabei übergeben.«
Bei diesem drastischen Vergleich huschte ein kurzes Lächeln über das Gesicht ihres Vaters und machte ihr Mut. »Ich habe versucht, dir zu sagen, was ich gezeichnet habe, aber du hattest es so eilig, zum Palazzo Bragadin zu kommen, dass du mich nicht ausreden ließest. Du hast keinen Blick auf meine Zeichnungen geworfen, sonst hättest du es sofort gesehen. Am Schluss fand Signore Bragadin meinen Entwurf doch gut und sein Sohn auch.« Amadeo Bragadins Namen auszusprechen, wagte sie nicht, sie war sich ihrer Stimme nicht sicher.
»Du hast Glück gehabt. Wir beide haben Glück gehabt. Trotzdem musst du dich besser benehmen.«
Was hatte sie noch getan? Sie schaute ihren Vater fragend an.
»Du kratzt dich da.« Il Sasso deutete mit einer Hand zwischen seine Beine.
»Das machen junge Männer doch so, ich habe es selbst gesehen.«
»Nur besonders charakterlose Gesellen tun es, und ich frage mich, wo in drei Teufels Namen du das gesehen hast. Auf keinen Fall macht man so etwas vor hohen Herren wie Signore Bragadin und seinem Sohn. Das passt in eine finstere Hafentaverne, aber so eine wirst du niemals von innen sehen, solange ich lebe. Und danach wird dein Ehemann dafür sorgen.«
Sie schluckte eine lockere Bemerkung darüber herunter, dass sie Giulio sei und allenfalls ein Weib nehmen und nicht einen Ehemann heiraten könne. »Ich werde es nicht wieder tun«, sagte sie stattdessen brav.
Ludovico Bragadin betrachtete das Gemälde der Zypressenallee mit gerunzelter Stirn. »Findest du den Entwurf dieses Lehrlings wirklich besser?«, fragte er.
Amadeo starrte in die Kerzenflammen, als wäre die Antwort dort zu lesen, und schwieg. Er war mit seinen Gedanken weit weg und hatte die Frage seines Vaters nicht einmal gehört.
»Amadeo, ich habe dich was gefragt.« Diesmal sprach Ludovico Bragadin schärfer.
Der Angesprochene riss den Kopf herum.
»Findest du diesen Entwurf wirklich so gut, wie Il Sasso und dieser Bursche behaupten?«
»Viel besser. Das Zypressen-Bild ist schrecklich, und du kannst ohne Probleme
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