Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
konnte jemandes Blut zum Kochen bringen. Zum Glück hatte sich keine der Nereiden auf ihren Schoß geflüchtet, und auch Amadeo war von ihnen verschont geblieben. Der junge Patrizier trank seinen Wein aus, erhob sich und schnippte mit den Fingern.
»Wir gehen, Giulio.«
Sie war empört – so wollte sie sich nicht behandeln lassen, aber Amadeo sah nicht aus, als würde er sich in eine Diskussion darüber verwickeln lassen, wie man sich Freunde und Feinde schaffte. Ihr fast volles Weinglas stand vor ihr auf dem Tisch, als Zeichen des Protestes ergriff sie es und trank es Schluck für Schluck aus, beachtete den wartenden Amadeo nicht. Sie nahm sogar noch einen der gewürzten Kuchen, bevor sie ihm nach draußen folgte. Zuvor sah sie sich noch einmal im Raum um: Von Pietro Zianello oder dem anderen Geistlichen war nichts mehr zu sehen – sie mussten das Lusttheater als eine der ersten verlassen haben. Die Brüder saßen ebenfalls nicht mehr auf ihren Plätzen. Sie sah eben Bernardo mit der Rothaarigen auf dem Arm um eine Ecke verschwinden. Seine Welt war in Ordnung, und ihre …?
Ohne sich nach ihr umzusehen, eilte Amadeo die dunklen Gassen entlang. Giuliana musste beinahe rennen, um mit ihm Schritt zu halten.
»Amadeo, warte doch. Warum bist du böse auf mich?«
»Wie kommst du darauf, dass ich das bin?«
»Du schleppst mich hierher und …«
»Ich schleppe dich hierher – du sagt es«, unterbrach er sie brüsk. »Ich führe dich in den Kreis eines exklusiven Theaters ein, weil du eine Lektion wolltest, und du nennst es herschleppen. Da stimmt etwas nicht.«
»Du hast mir einen Kirchgang versprochen«, sagte Giuliana nicht weniger aufgebracht. »Du unternimmst mit mir eine Gondelfahrt, machst mir Hoffnung auf einen romantischen Abend und zerstörst sie mit wenigen Worten wieder. Dann bist du beleidigt, weil mir die Orgie auf der Bühne nicht gefallen hat. Was erwartest du? Ich bin in meinem Herzen Giuliana, nicht Giulio. Ich bin auch kein Kuchen, den du nach Belieben formen kannst.« Sie hatte sich in Rage geredet und hielt jetzt erschöpft inne.
»Du bist in meiner Hand, ich forme dich, wie es mir beliebt. Und ich hatte keine Lust mehr auf die Messe, ich wollte hierherkommen.« Seine Stimme klang kalt – so kalt, dass sie den Kopf zwischen die Schultern zog.
Er ging weiter, und sie hinter ihm her. Amadeo drehte sich nicht einmal nach ihr um. Ob er es überhaupt merkte, wenn sie einfach abbog und nach Hause ging? Sie tat es nicht.
»Schleich nicht immer einen Schritt hinter mir her, als wärst du mein verdammter Diener.« Seine Wut war nicht eine Unze geringer geworden.
Ihre auch nicht. »Dann gehe nicht so schnell.«
Er verlangsamte seinen Schritt, und sie konnte ihn einholen.
»Ich bringe dir etwas über männliche Lust bei, aber du achtest meine Lektionen gering. Du träumst von Romantik, wahrscheinlich sogar von Liebe, wie alle kleinen, dummen Mädchen. Ich gebe dir die Möglichkeit, uns Männer zu verstehen, wie uns kaum ein Weib sonst versteht. Nur die Huren und Kurtisanen tun es.« Er lachte auf. »Du willst ein Mann sein, aber jeder, der ein bisschen tiefer als auf deine reizende Oberfläche schaut, wird den Betrug bemerken.«
»Bisher ist niemandem etwas aufgefallen.«
»Ich habe dich durchschaut.«
Das ließ sich nicht abstreiten, deshalb sagte sie nichts.
»Dazu fällt deinem hübschen Köpfchen nichts ein.«
»Ich will mich nicht mit dir streiten, Amadeo.«
»Weibchen. Nur ein Weibsstück reagiert so.«
Sie hatten Benedettas Haus erreicht. Amadeo betätigte den Türklopfer, und gleich darauf wurde geöffnet. Der Diener mit dem griechischen Gesicht und dem enormen Schwanz, der bei ihrem ersten Besuch die Fähigkeiten der Männer demonstriert hatte, stand vor ihnen. Er schien sie nicht zu erkennen, jedenfalls blieb sein Blick ausdruckslos, als er über sie hinweghuschte.
»Du begleitest meinen Freund nach Hause und stehst mir für sein Leben ein. Hast du mich verstanden?«
Der Mann nickte. Giuliana war diese Eskorte nicht recht. Wenn Amadeo sie nicht begleiten wollten, wäre sie lieber allein mit ihren Gedanken gewesen. Amadeo hatte ihr den Rücken zugekehrt und sah nicht aus, als wollte er an sie noch einen Gedanken verschwenden. Giuliana folgte dem Diener mit seiner Laterne. Wie hatte ein Abend, der mit einer Gondelfahrt so schön begonnen hatte, so schlimm enden können?
»Das war gute Arbeit, Mann.«
»Danke, Signore.«
Pietro Zianello zog einen Beutel Dukaten unter
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