Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
»Sie stammt aus einer ehrbaren Handwerkerfamilie. Frauen wie Ihr, das hier«, seine Handbewegung bezog das ganze Haus mit ein, »sind nichts für sie. Niemand außer ihrem Ehemann wird zwischen ihren Beinen liegen.«
»Deshalb nehmt Ihr sie mit in Leonardos Theater, bringt sie hierher, zeigt ihr, was Männer und Frauen miteinander tun und schickt sie nach Hause. Haltet Ihr das für klug?«
»Ja – nein.« Er wusste, dass er sich trotzig wie ein grüner Junge anhörte.
»Ihr macht dem Mädchen Versprechungen, die Ihr nicht einhalten wollt.«
»Ich habe ihr nie etwas versprochen.«
»Nicht mit Worten – das vielleicht nicht. Aber mit Gesten. Ihr beginnt ein Spiel mit ihr, das damit enden muss, dass sie Euch begehrt. Aber Ihr wollt Eure Versprechen nicht erfüllen, also beendet es lieber, und schickt sie weg. Jetzt! Sie wird es nicht verstehen, es wird sie schmerzen, aber es wird ihr nicht schaden.«
In allem, was sie heute zu ihm gesagt hatte, hatte Benedetta recht. Dennoch …
»Ich kann nicht. Das ist ein Spiel, und ich werde es bis zum Ende spielen. Sie wird lernen, was ich ihr beizubringen habe, und sie wird Freude daran haben, dafür sorge ich.«
»Ihr seid in sie verliebt. Der stolze Amadeo Bragadin ist in die Tochter eines Handwerkers verliebt. Euer Bruder heiratet eine Spanierin, vergisst darüber das Wohl der Familie, und Ihr verliert Euer Herz an ein Mädchen aus dem Volke. Euer Vater kann dem Himmel wirklich dankbar sein für seine Söhne.«
Diesmal hatte Benedetta den Spott aus ihrer Stimme nicht herausgehalten. Amadeo sprang mit einem Satz aus dem Bett.
»Ich bin nicht in sie verliebt. Nicht in ein mageres kastanienhaariges Ding. Ich will eine Frau, bei der man was im Arm hat, die weich und nachgiebig ist, die mich versteht und mich nicht fünfmal am Tag wütend macht.«
Er stieg in seine Beinkleider, zerrte sich die Stiefel über die Füße und das Hemd über den Kopf, schnappte sein Wams, sein Schwertgehänge und stürmte an Benedetta vorbei, ohne ihr noch einen Blick zuzuwerfen.
»Ihr seid in sie verliebt.«
Die Worte trafen ihn eiskalt, als er die Hand nach der Türklinke ausstreckte. Er zuckte zusammen und verharrte einen winzigen Augenblick – dann öffnete er die Tür, rannte den Flur entlang und die Treppe hinunter, dabei zog er sich vollständig an. Diese verdammte Benedetta, er hätte nie in ihr Haus kommen sollen, hätte vor allen Dingen nie Giuliana herbringen dürfen.
Auf der Straße schlug ihm feuchtkalte Luft entgegen, ließ ihn frösteln. Er band sich das Wams zu und schlug den Kragen hoch. Giuliana war sein, er allein entschied, was sie beide miteinander taten und ob er sie auf den Mund oder auf die Fotze küsste. Benedetta – ach, der Teufel sollte alle Weiber holen. Sie sollte Giuliana eine Freundin sein, sie sicher durch die Untiefen Venedigs geleiten. Ihre Meinung wollte er nicht hören, Giulianas Meinung wollte er nicht hören.
Amadeo trat gegen einen zweirädrigen Karren, den jemand auf der Straße abgestellt hatte. Scheppernd rutschte er ein Stück über das Pflaster. Er trat ein zweites Mal zu, legte mehr Kraft hinein. Das tat gut. Noch ein dritter Tritt, der Karren rutschte immer weiter über die Gasse auf den Kanal zu. Das Scheppern gellte in seinen Ohren.
»Ruhe da unten!«, keifte eine Weiberstimme. Etwas wurde aus einem Fenster gegossen und platschte hinter ihm auf das Pflaster.
Amadeo achtete nicht darauf. Noch ein Tritt, und der Karren rutschte in den Kanal. Platschend versank er in den schwarzen Fluten. Hinter ihm wurde der Fensterladen zugeschmettert.
Kapitel 9
Der Wollrock schwang um ihre Beine. Sie trug das einfache Kleid einer Handwerkersfrau, wie sie sich in Verona gekleidet hatte, und gegen den kalten Tag Ende Februar hatte sie sich ein dickes Tuch um die Schultern geschlungen. Sie schlenderte an Benedettas Seite über die Strada Nova in Richtung Rialtobrücke. Die Kurtisane hatte darauf bestanden, heute einen Nachmittag ihrer Zeit in Anspruch zu nehmen und ihr das von Venedig zu zeigen, was junge Männer nicht interessierte. Giuliana hatte sich über das plötzliche Interesse gewundert, aber zugesagt.
»Wohin bringt Ihr mich?«
»Nenn mich Benedetta, wir sind doch Freundinnen.«
Weil Amadeo es so befohlen hatte, dachte Giuliana. Den Abend im Theater hatte sie noch nicht verdaut, und von Amadeo hatte sie seitdem nichts mehr gehört. Hatte er es sich anders überlegt und betrachtete ihre Abmachung als gescheitert? Darüber machte sie sich
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