Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
Slovensky betrat den Raum. Er starrte Raven an, fasziniert vom Blick ihrer blauen Augen. »Was ist los mit dir?«, fragte er.
Sie lächelte spöttisch. »Ich sterbe. Das dürfte selbst für Sie offensichtlich sein.« Ihre Stimme war kaum hörbar, jedoch so sanft und melodisch, dass Slovensky sich ihrem Bann unmöglich entziehen konnte.
Langsam ging er auf sie zu. Raven fühlte Mikhail in sich. Er sammelte seine Kräfte und wartete auf die Gelegenheit zuzuschlagen. Doch sie spürte auch plötzliches Unbehagen.
Warte. Der Vampir kommt.
Mit einer beiläufigen Handbewegung schleuderte André seinen Komplizen durch den Raum. Stark und nach seinem 365
letzten Mord euphorisch, stand André im Türrahmen und blickte seine Gefangenen verächtlich an. »Guten Morgen, schöne Frau. Mein Name ist André, und ich bin gekommen, um dich in dein neues Zuhause zu bringen.«
Mit katzenhaften Bewegungen durchquerte er die Zelle.
Ganz offensichtlich genoss er seine Macht über die Gefangenen in vollen Zügen. Als er auf Raven zutrat, glitzerte Zorn in seinen Augen. Ich hatte dir doch befohlen, das Blut des Priesters zu trinken.«
»Und ich hatte dir gesagt, du solltest dich zum Teufel scheren«, entgegnete Raven sanft, um ihn aus der Reserve zu locken.
»Du wirst noch lernen, dass es besser ist, mir zu gehorchen.« Wütend über Ravens Widerstand, packte er den Priester am Kragen und stieß ihn brutal gegen die Stein-wand. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, und er verschwen-dete keinen Gedanken an seine Tat. »Wenn du ihn nicht dazu benutzen willst, dich zu nähren, brauchen wir ihn ja wohl nicht mehr.« André lächelte böse.
Pater Hummer lag reglos am Boden. Beim Aufprall auf den Stein war sein Schädel gebrochen. Der Priester kämpfte um einen letzten mühsamen Atemzug, dann gab er den Kampf mit einem leisen Seufzen auf.
Baven unterdrückte einen Schrei und rang nach Atem. Die Trauer überwältigte sie so sehr, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Mikhail, es tut mir so Leid! Ich habe ihn wütend gemacht, es ist alles meine Schuld.
Sie spürte seine Wärme und Liebe und die zärtliche Berührung seiner Finger auf ihrer Wange. Nein, das stimmt nicht, Liebste. Seine Trauer mischte sich mit der ihren. Raven hob den Kopf, um André anzusehen. »Und wie willst du mich ohne den Pater kontrollieren?«
Der Vampir beugte sich zu ihr hinunter, sodass sein übel 366
riechender Atem über ihr Gesicht strich. »Das wirst du schon noch merken. Und jetzt wirst du trinken.« Er schnippte mit den Fingern, und Slovensky stolperte aus der Zelle, um gleich darauf mit einem Glas zurückzukehren, das mit einer dunklen, trüben Flüssigkeit gefüllt war. Seine Hand zitterte, als er André das Glas reichte und dabei sorgfältig darauf achtete, den scharfen Krallen des Vampirs auszuweichen. »Das ist für dich, meine Liebe. Frühstück.«
André hielt ihr das Glas vors Gesicht, sodass ihr der Geruch des Inhalts in die Nase stieg. Es handelte sich um frisches Blut, das mit einigen Kräutern gemischt war, die Baven nicht kannte.
»Drogen, André? Ist das nicht selbst für jemanden wie dich zu abgeschmackt?« Raven musste all ihre Willenskraft aufbringen, um nicht weinend zusammenzubrechen. Pater Hummer wäre noch am Leben, wenn sie den Vampir nicht gereizt hätte.
Andres Miene verfinsterte sich, als sie seinen Namen so verächtlich aussprach, doch er blickte Raven weiter schweigend in die Augen und überflutete ihren Geist mit dem Gefühl, ihm unter allen Umständen gehorchen zu wollen.
Obwohl Raven vor Trauer um den Priester und Angst um Mikhail kaum mehr denken konnte, nahm sie doch alle Kraft zusammen und widersetzte sich André. Sie focht einen geistigen Kampf mit ihm aus. Entsetzliche Kopfschmerzen quälten sie, und erst als sie meinte, sie nicht länger ertragen zu können, ließ der Vampir von ihr ab.
André drängte seine Wut über ihren Widerstand zurück.
Raven war dem Tode nahe, und wenn sie starb, wäre alle Mühe umsonst gewesen. »Du wirst sterben, wenn du nicht trinkst. Mikhail weiß das genau. Kannst du mich hören, Karpatianerprinz? Sie stirbt. Bring sie dazu, dieses Blut zu trinken.«
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Du musst es tun, Kleines, drängte Mikhail sie sanft.
Sonst stirbst du, ehe ich dich erreichen kann. Dass du überlebst, ist das Wichtigste.
Das Blut ist mit Drogen versetzt.
Drogen haben bei Karpatianern kaum eine Wirkung.
Raven seufzte und sah den Vampir an. »Was ist noch in dem Glas ?«
»Nur einige Kräuter,
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