Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
uns heute nichts mehr anhaben.«
362
Kapitel 14
Pater Hummer schritt die Steinwände ab, die Raven undihn umgaben. Es gab keine Fenster, und die Wände ihres Gefängnisses schienen dick und schalldicht zu sein. Nicht der kleinste Lichtschimmer durchdrang die bedrückende Finsternis. Der Priester hatte alle verfügbaren Decken über Ravens eiskaltem Körper ausgebreitet, war jedoch davon überzeugt, dass sie den hohen Blutverlust nicht überlebt hatte. Seit man sie in den dunklen Raum gebracht hatte, war es Pater Hummer nicht mehr gelungen, bei Raven Herzschlag oder Atmung zu spüren. Nachdem er ihr die Letzte Ölung gespendet hatte, begann der Priester, die Wände des Gefängnisses sorgfältig abzutasten, um nach einer Fluchtmöglichkeit zu suchen.
Der Vampir benutzte Raven, um Mikhail an diesen Ort zu locken. Edgar Hummer kannte Mikhail genau und wusste, dass der Plan gelingen würde. Mikhail würde kommen -und dann sei der Herr Slovenskys Seele gnädig.
Plötzlich hörte der Pater ein leises Geräusch, einen Atemzug, der mit Mühe in widerstrebende Lungen gesogen wurde. Er tastete sich zu Raven zurück. Sie zitterte unter den vielen Wolldecken unkontrolliert, und ihre Haut fühlte sich noch immer kalt und klamm an. Tröstend legte der Priester die Arme um sie. »Was kann ich tun, um Ihnen zu helfen?«
Raven öffnete die Augen. Auch in der Dunkelheit vermochte sie klar zu sehen und betrachtete die stabilen Wände der Zelle. Dann sah sie Pater Hummer an. »Ich brauche Blut.«
»Es wäre mir eine Ehre, es Ihnen zu spenden, mein Kind«, bot der Priester an.
Baven spürte, wie erschöpft er war, und wusste außerdem, dass sie es nicht fertig bringen würde, nach Art der 363
Karpatianer Blut zu sich zu nehmen. Im Geist suchte sie unwillkürlich nach Mikhail, und ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Kopf. Leise stöhnend rieb sich Baven die Schläfen.
Nein, Kleines, versuche es nicht. Mikhail klang beruhigend und zuversichtlich. Schone deine Kräfte. Ich komme bald zu dir.
Ist Jacques noch am Leben? Selbst diese kurze Frage bereitete Baven unerträgliche Schmerzen.
Ja, das hat er dir zu verdanken. Du musst dich jetzt ausruhen. Der Befehl war unmissverständlich.
Ein leichtes Lächeln zuckte um Bavens Mundwinkel.
»Unterhalten Sie sich mit mir, Pater. Das lenkt uns ab.« Sie wollte nicht, dass der Priester bemerkte, wie schwach sie war.
»Gern, aber wir sollten leise sein, nur um sicherzugehen«, flüsterte Pater Hummer. »Mikhail wird bald hier sein. Er würde uns niemals unserem Schicksal überlassen.«
Raven nickte mühsam. »Ich weiß. Er würde ohne Zögern sein Leben für uns opfern.«
»Sie sind seine Gefährtin, Raven. Ohne sie würde er sich in einen der Vampire verwandeln, von denen die Legenden erzählen - ein Ungeheuer, schlimmer als alles, was die menschliche Rasse hervorbringt.«
Raven musste um jeden einzelnen Atemzug kämpfen. »Da wäre ich mir nicht so sicher, Pater. Auch wir haben unsere Monster. Ich habe sie verfolgt und weiß, zu welchen Gräueltaten sie fähig sind.« Sie wickelte sich fester in die Decken. »Kennen Sie Mikhails Freund Gregori?«
»Ich habe ihn nur einmal gesehen. Mikhail hat mir oft seine Sorge um Gregori anvertraut.«
In der Stille der Zelle schien Ravens rasselnder Atem von den Wänden widerzuhallen. »Er ist ein großer Heiler, Pater.
Und seine Loyalität gehört Mikhail. Glauben Sie, dass es für 364
die Karpatianer noch Hoffnung gibt?«
Mit den Fingerspitzen zeichnete der Priester sanft Ravens Stirn und Handgelenke mit dem Zeichen des Kreuzes.
»Diese Hoffnung ruht in Ihnen, Raven. Wissen Sie das denn nicht?«
Mikhail berührte ihren Geist. Er befand sich schon ganz in der Nähe, und die Verbindung zwischen ihm und Raven war so stark wie immer. Er erfüllte sie mit Liebe und dem Gefühl seiner schützenden Umarmung. Halte aus, meine Geliebte! Seine Stimme klang zärtlich und sanft.
Du darfst nicht allein kommen, Mikhail. Warte auf Gregori, flehte sie.
Das kann ich nicht, Kleines.
Licht flackerte in der Zelle auf, erlosch und brannte dann wieder, als hätte man einen Generator in Betrieb gesetzt.
Raven ergriff Pater Hummers Hand. »Ich habe versucht, ihn aufzuhalten, doch er befindet sich auf dem Weg hierher.«
»Ja, natürlich.« Der Pater blinzelte in die plötzliche Hel-ligkeit hinein. Er sorgte sich um Raven, deren Atemzüge immer schwächer und angestrengter klangen.
Die schwere Tür öffnete sich mit einem lauten Quietschen, und James
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