Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
beruhigten seine gequälte Seele ein wenig. Er spürte, dass Gregori bei ihnen war, in Ravens Körper, an dem er die komplizierte und schwierige Heilung der inneren Verletzungen vornahm.
»Genug Blut«, sagte Jacques rau, während er einige duftende Kerzen entzündete und einen weiteren Gesang anstimmte.
Gregori nickte mit geschlossenen Augen. »Ihr Körper beginnt sich zu verwandeln. Das Blut unserer Rasse fließt durch ihre Organe, verändert und heilt ihr Gewebe. Doch dieser Prozess wird einige Zeit dauern.« Abermals versenkte er sich in Ravens Körper, um die tiefen Schnitte wieder zusammenzufügen. Ihre Gebärmutter war verletzt, und Gregori durfte gerade damit kein Risiko eingehen. Raven musste vollkommen wiederhergestellt werden.
»Ihr Herz schlägt zu langsam«, erklärte Jacques leise und rutschte vom Bett hinunter auf den Boden. Es schien ihn zu erstaunen, sich plötzlich dort wiederzufinden.
»Sie braucht einfach mehr Zeit, um wieder gesund zu werden«, fügte Celeste hinzu, die Gregori nicht aus den Augen Heß. Ihr war bewusst, dass sie Zeugin eines Wunders wurde. Nie zuvor war sie dem legendären Karpatianer so nahe gewesen, von dem für gewöhnlich nur im Flüsterton gesprochen wurde. Nur wenige hatten Gregori je aus der Nähe gesehen. Er strahlte eine überwältigende Macht aus.
»Sie hat Recht«, stimmte Mikhail leise zu. »Ich werde 235
weiter für sie atmen und für ihren Herzschlag sorgen. Eric, kümmere dich um Jacques.«
»Ruh dich aus, Mikhail, und sorge für deine Frau. Jacques geht es gut. Tienn ist hier, für den Fall, dass es ein Problem gibt. Schließlich hat Gregori noch viele Stunden Arbeit vor sich«, antwortete Eric. »Wenn nötig, können wir die anderen zu Hilfe holen.«
Jacques streckte seinem Bruder die Hand entgegen.
Mikhail ergriff sie. »Du musst deinen Zorn kontrollieren, Mikhail. Der Sturm ist zu stark. Selbst die Berge scheinen mit dir zu toben.« Er schloss erschöpft die Augen und lehnte den Kopf an das Bett, hielt aber noch immer Mikhails Hand fest.
Raven nahm kaum etwas von den Dingen wahr, die mit ihr geschahen. Sie spürte die Anwesenheit der anderen nur durch Mikhail. Er war in ihr und atmete für sie. Doch Raven fühlte auch noch die Gegenwart eines anderen, den sie nicht kannte. Er befand sich in ihrem Körper und behandelte ihre schweren Verletzungen. Sie wünschte sich, von den Schmerzen fortgetragen zu werden an einen Ort, an dem es keine Empfindungen mehr gab, sondern nur noch Frieden.
Vielleicht sollte sie sich einfach fallen lassen. Sie war so unendlich müde. Es wäre ganz einfach.
Doch Raven kämpfte gegen die Versuchung an und hielt am Leben fest, da es auch um Mikhails Leben ging. Sie wünschte sich, mit den Fingerspitzen über die Linien zu streichen, von denen sie wusste, dass die Anspannung sie in seine Gesichtszüge eingegraben hatte. Sie wollte ihm die Schuldgefühle und den Zorn nehmen und ihm versichern, dass sie ihre eigenen Entscheidungen getroffen hatte. Seine Liebe, endlos, ohne Vorbehalte, grenzenlos, war beinahe mehr, als sie ertragen konnte. Vor allem aber war sich Raven der seltsamen Veränderungen bewusst, die in ihrem Körper vor sich gingen.
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Nichts von alldem berührte sie, denn Mikhail hüllte sie ganz in seine Liebe und Fürsorge ein. Er atmete, sie atmete.
Sein Herz schlug, ihr Herz schlug. Schlaf, Kleines. Ich passe auf uns auf.
Viele anstrengende Stunden später richtete sich Gregori auf. Schweißperlen standen ihm auf der Stim, sein Blick war müde, sein Körper schmerzte von der Anspannung. »Ich habe mein Bestes getan. Wenn sie überlebt, wird sie in der Lage sein, Kinder zu gebären. Mikhaüs Blut und die Heilkraft unserer Erde sollten ein Übriges tun. Sie verändert sich schnell, doch sie versteht nicht, was mit ihr vorgeht, und kämpft nicht dagegen an.« Er fuhr sich durchs Haar.
»Sie kämpft nur für Mikhail, denkt allein an sein Leben und daran, was ihr Tod für ihn bedeuten würde. Ich halte es für besser, wenn sie erst einmal nicht erfährt, was mit ihr geschieht. Sie weiß auch nicht, wie schwer sie verletzt ist. Sie hat große Schmerzen und quält sich sehr. Aber wir haben eine tapfere Kämpferin vor uns.«
Jacques bereitete bereits frische Kräuterumschläge vor, um die blutgetränkten Verbände zu ersetzen. »Können wir ihr mehr Blut geben ? Sie verliert noch immer zu viel und ist so schwach, dass sie die Nacht vielleicht nicht überstehen wird.«
»Ja«, antwortete Gregori nachdenklich,
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