Karparthianer 01 Mein dunkler Prinz
beide, ein und aus. Seine Atemzüge waren ihre, und er sorgte auch dafür, dass ihr Herz im Gleichklang mit seinem schlug. Damit sie sich ausruhen konnte, übernahm er so viele ihrer Körperfunktionen wie möglich.
Jacques wusste, dass Mikhail seine Entscheidung getroffen hatte. Wenn die Frau nicht überlebte, würden sie Mikhail verlieren. In diesem Augenblick verwandte er seine ganze Kraft darauf, ihr Herz und ihre Lungen in Bewegung zu halten. Er würde bald völlig erschöpft sein.
Gregori blickte Jacques über Mikhails Kopf hinweg an. Er würde es nicht zulassen, dass die beiden starben. Es lag in seiner Hand, Raven zu heilen. »Ich werde es tun, Jacques.«
Es war eine Feststellung.
Die Luft flirrte, und Celeste erschien mit Eric im Zimmer.
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»Er hat beschlossen, ihr zu folgen«, sagte sie leise. »So sehr liebt er sie.«
»Hat es sich schon herumgesprochen?«, fragte Jacques.
»Er entschwindet langsam«, erklärte Eric. »Alle Karpatianer können es spüren. Gibt es eine Chance, sie zu retten ?«
Jacques blickte auf. Sein attraktives Gesicht war von Angst und Trauer gezeichnet. »Sie kämpft für ihn. Sie weiß, dass er ihr in den Tod folgen würde.«
»Genug jetzt!«, zischte Gregori. »Wir müssen sie retten.
Nur dieser Gedanke darf in uns sein.«
Celeste streckte die Hand nach Raven aus. »Lass mich es versuchen, Jacques. Ich bin eine Frau und trage ein Kind unter dem Herzen. Ich werde bestimmt keinen Fehler machen.«
»Gregori ist ein erfahrener Heiler, Celeste. Du bist schwanger, und die Heilung kann sehr anstrengend werden«, erwiderte Jacques leise.
»Ihr beide habt ihnen viel Blut gegeben. Die Schwäche könnte euch dazu verleiten, Fehler zu machen.« Celeste zog das Laken von Ravens Körper zurück. Mit einem leisen Aufschrei wich sie zurück. »Großer Gott, Jacques! Sie hat keine Chance.«
Zornig stieß Jacques sie beiseite. Gregori trat dazwischen und musterte Celeste mit seinen eigenartigen, hellen Augen, die wie Quecksilber glitzerten. »Es steht außer Frage, dass ich derjenige sein werde, der sie heilt. Und sie wird gesund werden. Während ich diese Aufgabe erfülle, will ich nur diejenigen um mich haben, die festen Glaubens sind.
Verlasst das Zimmer, wenn ihr Zweifel habt. Ich brauche rückhaltlose Überzeugung. Sie wird leben, weil es keine andere Möglichkeit gibt.«
Gregori legte die Hände auf Ravens Wunden, schloss die Augen und glitt im Geiste aus seinem Körper in die schwer verletzte sterbliche Hülle hinein, die vor ihm auf dem Bett 233
lag.
Mikhail spürte, wie Raven vor Schmerz zusammenzuckte.
Sie versuchte, sich zurückzuziehen und dieser neuen, quälenden Empfindung zu entrinnen. Mikhail schloss sie in die Arme und hielt sie still, damit Gregori ihre inneren Verletzungen heilen konnte. Entspann dich, Kleines. Ich bin ja bei dir.
Ich halte das nicht aus. Die Schmerzen waren einfach zu groß.
Dann wähle für uns beide, Raven. Du wirst nicht allein gehen.
»Nein!«, protestierte Jacques heftig. »Ich weiß, was du vorhast, Mikhail. Trink, oder ich breche die Transfusion ab.«
Zorn keimte in Mikhail auf und erweckte ihn aus seinem Trancezustand.
Jacques begegnete der Wut in Mikhails Blick betont ruhig.
»Du bist im Augenblick zu schwach, um dich mir zu widersetzen.«
»Dann lass mich trinken.« Wut und die Androhung von Rache klangen in seinen Worten.
Ohne zu zögern, bot ihm Jacques seinen Hals dar und unterdrückte ein Aufstöhnen, als Mikhail zubiss und tief und hungrig trank. Jacques wehrte sich nicht und gab keinen Laut von sich, sondern bot seinem Bruder und dessen Gefährtin sein Leben an. Eric trat ans Bett, als Jacques' Knie nachgaben und er zu Boden sank. Doch Jacques hob abwehrend die Hand.
Mikhail sah abrupt auf. Seine Züge wirkten so gequält und verzweifelt, dass es Jacques schmerzte, ihn anzusehen.
»Vergib mir, Jacques. Es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten.«
»Du musst dich nicht entschuldigen. Ich habe es dir freiwillig angeboten«, flüsterte Jacques rau. Eric trat zu ihm 234
und versorgte ihn mit Blut.
»Wie konnte ihr nur jemand etwas so Grausames antun?
Sie ist so gütig und tapfer. Sie hat ihr Leben riskiert, um einer Fremden beizustehen. Wie kann man einer solchen Frau Leid zufügen?« Mikhail blickte verzweifelt gen Himmel. Doch er bekam keine Antwort.
Dann sah er Gregori an. Er beobachtete, wie sein Freund mit äußerster Konzentration das Heilungsritual vollzog. Die leisen Gesänge seiner Freunde
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