Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
überlassen kann.«
Aidans samtige Stimme klang beschwörend und wunderschön.
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»Ich will nichts davon hören.« Trotz Aidans enormer Kraft riss der erste Krampf Alexandria beinahe aus seiner Umarmung. Sie stöhnte auf und klammerte sich an ihn, während ihr Körper das unreine Blut abstieß und allmählich die Eigenschaften einer anderen Rasse annahm. In ihrem Geist herrschten Verwirrung und Schmerz, Furcht und unendliche Qual.
Der Krampf dauerte drei Minuten und attackierte Alexandria in Wellen, die über ihr zusammenzuschlagen und sich dann zurückzuziehen schienen. Blutige Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, und ihr Atem ging flach und unregelmäßig. »Ich schaffe es nicht«, flüsterte sie.
»Dann vertraue mir. Ich bin zu dir zurückgekehrt, nicht Wahr? Und ich werde dich auch nicht verlassen, während du schläfst. Warum sträubst du dich?«
»Wenn ich wach bin, weiß ich wenigstens, was vor sich geht.«
»Nein, piccola. Im Augenblick kannst du vor lauter Schmerzen nichts verstehen. Lass mich dir helfen. Ich kann nicht mehr viel von deinen Qualen auf mich nehmen. Irgendwann verliere ich die Kontrolle und werde gezwungen sein, mein Versprechen zu brechen. Bitte lass es nicht dazu kommen. Gib mir dein Einverständnis, dich in Schlaf zu versetzen.«
Alexandria hörte die aufrichtige Bitte in seinen Worten, spürte aber auch die hypnotische Wirkung seiner tiefen, warmen Stimme, die sie einzuhüllen und dazu zu bringen schien, alles zu tun, was er von ihr verlangte. Es ängstigte sie, dass allein Aidans Stimme so viel Macht über sie besaß. Von diesem Mann, wer auch immer er sein mochte, ging eine tödliche Gefahr aus. Alexandria spürte die Bedrohung zwar deutlich, sie gab jedoch den Kampf auf, als sie seinen flehenden Blick sah und spürte, dass die nächste Schmerzwelle auf sie zukam. »Bitte tu mir nicht weh«, flüsterte sie und schmiegte ihre Wange an seinen Hals.
Der Klang ihrer Worte und ihr Blick verrieten Aidan, dass sie ihren Widerstand aufgegeben hatte, und er ließ ihr keine Zeit, es sich 77
anders zu überlegen. Augenblicklich drang er in Alexandrias Gedanken vor und übernahm die Kontrolle über ihren Geist. Mit einem einzigen scharfen Befehl ließ er sie einschlafen, damit ihr die Schmerzen, die Verwandlung und das Blut des Vampirs nichts mehr anhaben konnten.
Lange hielt Aidan sie in den Armen, ehe er sie sanft wusch und ins Bett legte, damit sie es bequemer hatte. Dann brachte er das Schlafzimmer in Ordnung. Zwar kostete es ihn viel Zeit, aber er wollte mit Alexandria allein bleiben, ohne dass Marie hereinkam und ihm Vorhaltungen machte. Aidan zündete Kerzen an und zerrieb Heilkräuter, deren wohltuendes Aroma sich im Raum ausbreitete.
Allmählich machte er sich mit Alexandrias Geist vertraut, mit ihrer Persönlichkeit und ihren Stärken und Schwächen. Schon bald würde es ihm gelingen, die innere Barriere, die sie gegen ihn errichtet hatte, auch dann zu überwinden, wenn sie nicht schlief.
Sanft strich Aidan ihr über die Stirn. Ihre Gedanken zu lesen, war wie ein Wunder. Alexandria war eine erstaunliche Frau. Sie hatte viel Leid ertragen und gegen schier unüberwindliche Widerstände ankämpfen müssen, um ihren Bruder nach dem Tod ihrer Eltern aufzuziehen. Sie liebte Joshua von ganzem Herzen und hätte selbst ihr Leben gegeben, um ihn zu beschützen. Sie arbeitete hart, damit es dem Jungen an nichts fehlte. Darüber hinaus war Alexandria aber intelligent, lustig und voller Abenteuerlust. Sie liebte Witze und harmlose Streiche, war warmherzig und großzügig.
Endlich hatte Aidan das strahlende Licht gefunden, das die Finsternis in ihm erhellen würde. In Alexandria lebten nur Güte und Mitgefühl und all die Dinge, die er nicht besaß.
Aidan setzte sich auf die Bettkante und stellte dankbar fest, dass die Heilkräuter ihre Wirkung nicht verfehlten. Der Gestank des Bösen war von dem süßen, würzigen Duft der Kräuter vertrieben worden. Er untersuchte Alexandrias Wunden und mischte nach der uralten Tradition seines Volkes die kostbare Erde seiner Heimat mit 78
seinem Speichel, um die Heilung der Verletzungen zu beschleunigen.
Die klaffenden Bisswunden an ihrem Hals sahen schlimm aus. Der Vampir hatte sie Alexandria zugefügt, und sein Gift hatte zu einer Entzündung geführt. Aidan versorgte die Wunden, sprach eine weitere Beschwörungsformel und versetzte sich in Alexandrias Körper, um sie von innen heraus zu heilen. Erleichtert stellte er fest, dass die
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