Karpatenfürst - Landers, K: Karpatenfürst
tief in die Augen und es gelang ihr, seine Gedanken aufzufangen. Na, also. Was sie las, war Mitleid. Sie gab ihrer Stimme einen verzweifelten Klang und sah flehend zu ihm auf.
„Ich bitte Sie, nehmen Sie mir die Fesseln ab. Meine Haut blutet schon.“ Sein Mitleid verstärkte sich, als er auf ihre Füße und Hände herabsah. Aber würde der einfältig aussehende Schmied sich dem Befehl des Fürsten widersetzen?
Bitte lass es ihn tun, flehte sie in ihrem Inneren. Sobald er die Fesseln aufgeschnitten hätte, wäre sie schneller verschwunden, als er sich vorstellen konnte. Hinter der kantigen Männerstirn arbeitete es. Selbst seine Miene war wie ein offenes Buch, aus dem jeder die Zweifel lesen könnte. Daniela hielt noch immer den Blick des Mannes gefangen. ‚Lass mich gehen‘, diese Worte schickte sie an seinen schwachen Geist. Von Malvina wusste Daniela, wie es sich anfühlte, wenn sie sich ihrer mentalen Kräfte bediente. Die Gefährtin hatte es als vibrierende Wellen beschrieben, die sich um den Kopf legten und allmählich durch Haut und Knochen drangen. Bilder, die eben noch den Geist durchzogen, änderten sich, ohne dass man es spürte, bis sie Danielas entsprachen. Malvina hatte damals erklärt, dass sie nicht zwischen ihren und den Gedanken Danielas hatte unterscheiden können, als wären es die eigenen gewesen.
Es zuckte um den Mund des Schmiedes. Ihre Worte hatten sein Innerstes erreicht.
‚Hab Erbarmen mit mir. Der Fürst hat mich gegen meinen Willen hierher verschleppt. Ich werde dich reichlich belohnen.‘ Allmählich zeigten ihre Worte Wirkung, denn der Schmied griff mit entschlossener Miene nach dem Hufmesser, das neben ihm auf dem Amboss lag.
Das mit der Belohnung war gelogen, denn ihr restliches Geld befand sich in Ileanas Wagen. Es war nicht gerade viel, denn Oana hatte immer wieder von ihr einen Anteil gefordert. Nur weil sie die beiden Huren weiter begleiten wollte, hatte sie nachgegeben.
„Aber der Herr hat gesagt, wenn wir ihr die Fesseln durchschneiden, bringt sie uns um“, meldete der Bursche sich zu Wort.
„Das glaubst du doch nicht wirklich? Weshalb sollte ich euch etwas antun? Ich bin eine schwache Frau. Der Fürst braucht nicht zu erfahren, dass ihr es gewesen seid. Ich werde mich erst aus den Fesseln schälen, wenn ich in der Burg bin. Versprochen.“
Ängstlich erwiderte der junge Mann ihren Blick und sah zum Schmied hinüber. Die Zweifel, die sie gesät hatte, entfalteten ihre ersten Triebe. Daniela schluchzte auf.
„Ich bitte euch.“
Jeden Moment konnte der Karpatenfürst zurückkehren, und die beiden zögerten noch immer. Daniela schaffte es tatsächlich, eine Träne herauszudrücken. Der Hufschmied brummte etwas Unverständliches, bevor er dem Stallburschen das Hufmesser reichte und ihm mit einer Geste bedeutete, die Fesseln aufzuschneiden.
„Ich danke euch.“ Daniela triumphierte. Gleich würde sie dem Vampir entfliehen.
Langsam bückte sich der junge Mann, um die Fußfesseln aufzuschneiden, doch es dauerte Daniela viel zu lange. Feste Schritte näherten sich.
Fürst Valerijs Präsenz schien den Stall auszufüllen, sein Zorn noch mehr. Breitbeinig, die Hände in die Hüften gestemmt, stand er da.
„Was zum Teufel soll das? Ihr Einfaltspinsel. Habe ich nicht verboten, ihre Fesseln zu lösen?“, dröhnte die Stimme des Fürsten durch die Stallung, tief und verzerrt, wie die der Dämonen. Die Pferde trappelten unruhig auf dem steinernen Boden und wieherten. Mit weit ausholenden Schritten näherte sich der Fürst dem Stallburschen, packte ihn am Kragen und hob ihn hoch.
„Du nichtsnutziger Bursche. Ich reiße dir die Kehle dafür raus.“
Der junge Mann zitterte und versuchte, sich mit wenigen Worten zu verteidigen, während der Schmied schweigend und mit gesenktem Haupt neben Daniela stand.
„Bitte, lasst ihn los. Er kann nichts dafür. Ich war …“
Der Karpatenfürst wandte sich Daniela zu. In seinen Augen lag blanke Wut und noch etwas, was sie mit Bewunderung beschreiben würde.
„Verdammte Schlange. Anders habe ich mir das auch nicht gedacht. Trotzdem, die beiden haben meinen Befehl missachtet.“ Der Fürst zog den Stallburschen dicht an sich heran und öffnete seinen Mund, aus dem die spitzen Eckzähne herausragten. Fürst Valerij würde tatsächlich den Burschen vor ihren Augen töten!
„Nein, bitte nicht. Tötet mich, aber verschont ihn!“, rief Daniela. Daniela traute ihren Augen kaum, denn der Fürst hielt wider Erwarten inne. Vampire
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