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Karrieresprung

Karrieresprung

Titel: Karrieresprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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erwartete ihn am nächsten Dienstag vor dem Café Erdmann am Westpark. Sie hatten sich an ihrem freien Tag für den frühen Nachmittag dort verabredet.
    Sein nächtlicher Besuch bei ihr, der Blick durch das Badezimmerfenster war in seinen Gedanken so gegenwärtig geblieben, dass er Lisa unweigerlich zu betrügen glaubte, wenn er nur an Marie dachte. Er hatte sich auf Lisa, auf das Kind und das geplante neue Heim konzentriert und fest gewollt, die Erinnerung an Marie abzuschütteln. Er empfand keine Sehnsucht nach Marie. Er kannte sie kaum und hatte nur einen Augenblick lang in ihr Leben geschaut, das mit seinem nur wenig gemein zu haben schien.
    Knobel hatte sich weder in Marie verliebt, noch verlangte ihn nach ihrem Körper; auch war er nicht versucht, ihr ein paar Zeilen zu schreiben. Aber die Erinnerung an den Abend in ihrer Wohnung war ein Bild vertrauten Zusammenseins, auf wenige wesentliche und prägende Eindrücke beschränkt, und sie wurden um so intensiver, je mehr er gegen die Erinnerung ankämpfte. Ohne dass er sie musterte, blieb sie unaufdringlich bei ihm, ließ sich fragen und fragte selbst. Sie blieb, ohne dass er hätte benennen können, was ihn an ihr fesselte.

    Als das Urteil des Landgerichts in der Kanzlei zugestellt worden war, suchte er erneut Marie auf.
    Das Gericht hatte Rosenboom zur Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen verurteilt. Die Entscheidungsgründe des Urteils waren knapp gehalten. Zwischen den Zeilen las Knobel heraus, dass das Gericht nicht einen Moment die Version Weinsteins angezweifelt, Rosenbooms Behauptung dagegen jede Glaubhaftigkeit abgesprochen und in den Bereich des Absurden verbannt hatte. Obwohl das Urteil wie erwartet ausfiel, las Knobel es mit rotem Kopf. Es las sich wie eine Verhöhnung seiner Geschichte. Knobel wusste, dass die Unwahrheit in gerichtlichen Verfahren ihren festen Platz hatte. Aber es traf ihn, dass man mit seiner Unwahrheit nicht anständiger umgegangen war, seinen Sachvortrag nicht als glaubhaft vorstellbar, aber leider unbewiesen gewürdigt hatte, bevor man der Darstellung Weinsteins folgte.
    Unmittelbar nach Eingang des Urteils hatte er seinen Mandanten pflichtschuldig über die Möglichkeit einer Berufung belehrt, aber Rosenboom hatte erklärt, dass er das Urteil annehme und sofort an Weinstein Zahlung leisten werde. Sein Mandant erkundigte sich auch nach den Kosten für Weinsteins Anwalt und den Gerichtskosten, die er gleich mit überweisen wolle. Damit sei der Prozess erledigt.
    Doch die schnelle Erledigung störte Knobel.

    Maries Atem bildete kleine Wölkchen. Knobel hatte sie bislang nur in der dämmrigen Wirtschaft oder im Lampenlicht ihrer Wohnung gesehen. Im neblig blassen Licht dieses frühherbstlich kühlen Tages sah ihr Gesicht frisch und rosig aus. Sie trug einen dicken Strickpullover, der ihren schmalen Oberkörper aufblähte. Ihre Hände waren in den Taschen ihrer Jeanshose versteckt.
    Knobel schlug vor, dass man einen Spaziergang durch den Park machen solle. Sie nahmen ein kurzes Stück einen der Hauptwege und schwenkten in die kleineren Wege ein, die sich durch den Park zogen. Das Herbstlaub sammelte sich auf dem festgetretenen Granulat, und Knobel stieß mit den Schuhspitzen in die rostigen Blätter, die die Gärtner zu kleinen Haufen zusammengekehrt hatten. Der Rosenboom-Prozess verband ihn mit Marie und machte das Gespräch mit ihr leicht. Er berichtete in allen Einzelheiten, widerstand der Versuchung, sie mit rechtlichen Details zu langweilen und erzählte lebhaft und flüssig.
    »Ich denke, dass der Ausgang des Verfahrens von Anfang an klar war«, folgerte sie.
    »Natürlich. Ich hatte ja gesagt, dass wir wohl verlieren würden. Auch Rosenboom wusste das.«
    Marie schüttelte den Kopf.
    »Ich meine es anders. Ich meine, dass der Prozess nicht nur so ausgehen musste, sondern dass er auch so ausgehen sollte.«
    Sie schwiegen eine Weile. Knobel hatte diese Möglichkeit selbst kurz in Betracht gezogen, dann aber unterlassen, ihr weiter nachzugehen.
    »Dann hätte man sich den Prozess und damit den Aufwand und alle Kosten sparen können«, meinte er.
    Sie erwiderte nichts.
    »Arbeiten Sie schon lange im La dolce vita ?«
    »Seit dem zweiten Semester. Als Job nebenbei. Bis auf die Dienstage. Da habe ich weder Vorlesungen noch Tresendienst.«
    Sie hatte ihre Hände aus den Hosentaschen genommen.
    »Jura?«
    »Germanistik.«
    Ihm fiel ihr Taschenbuch mit den vielen Anmerkungen ein. Er hatte nie gerne gelesen. Zu Hause zierten die

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