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Karrieresprung

Karrieresprung

Titel: Karrieresprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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aufgefallen.
    »Es gibt viele, die nicht mit der Mode gehen«, sagte er und widmete sich geschäftig einer Akte.
    »Wer nicht geht mit der Zeit, geht mit der Zeit«, flötete sie bedeutungsschwanger und zog die Tür hinter sich zu. Frau Klabunde zitierte gern aus ihrem reichhaltigen Sprichwortrepertoire. Manche ihrer Antworten erschienen ihm bereits zu ritualisierten Redewendungen eingeschliffen zu sein. Wahrscheinlich waren sie schon zu Dr. Reitingers Lebzeiten vorgeschliffen worden. Aber als Knobel ihr plattitüdenhaft aus einer Laune heraus das Kompliment gemacht hatte, dass sie die Seele seines Büros sei, musste er ihr etwas Neues gesagt haben, denn ihre Augen leuchteten noch tagelang, und ein paar Tage später bedankte sie sich mit einer Pistacia lentiscus , einer Bonsaipflanze.
    Knobel nahm das Gewächs mit äußerer Verzückung entgegen. In Wirklichkeit verärgerte ihn das empfind-liche Pflänzchen, und er empfahl es mit milden Worten in Frau Klabundes Fürsorge zurück. Seither pflegte sie das knorrige Bäumchen mit den ledrig dicken blaugrünen Blättern in seinem Büro. Sie sprach mit dem Bäumchen und dazwischen mit Knobel. Er begriff, dass sie genau aus diesem Grund die Bonsaipflanze in seinem Büro installiert und in ihr Kalkül gezogen hatte, dass ihm die Pflanzenpflege lästig sein würde. Der Ausspruch, dass sie die Seele seines Büros sei, beinhaltete, dass sie in sein Büro gehören wollte. Die dahergesagten Worte erstritten ein Anwesenheitsrecht, und die Pistacia lentiscus setzte es durch.
    Seine Auskünfte über Marie waren unzureichend und Frau Klabundes Anspielungen unbedient geblieben, deshalb war es nur folgerichtig, wenn sie zur Bonsaipflege in seinem Büro erschien.
    »Die Dame von eben hat einen falschen Namen benutzt«, bemerkte sie.
    Sie zupfte mit einer Pinzette braune Blätter.
    »Es gibt in ganz Dortmund niemanden, der Audero heißt. Und unter der Telefonnummer, die sie angegeben hat, meldet sich jemand, der nicht nur ganz anders heißt, sondern auch in einer anderen Straße wohnt.«
    Sie sah mit prüfendem Blick auf.
    »Sie kam für eine Bekannte und wollte nicht, dass man über ihren Namen auf die Identität der Bekannten schließt«, sagte er reaktionsschnell und vertiefte sich in eine Akte.
    Frau Klabunde fegte die gerupften Blätter mit der Hand auf den Boden und wandte sich unerledigter Dinge wieder der Tür zu.
    »Ich nehme an, für die Sache Audero wird keine Akte angelegt«, schloss sie, blitzte mit den Augen und schlug die Tür hinter sich zu.
    Er rief schnell zu Hause an. Obwohl die Schwangerschaft problemlos verlief, hatte Lisa auf Anraten ihres Vaters bereits in diesem frühen Stadium ihre Schwangerschaftspause angetreten.

    Seitdem sie nicht mehr arbeitete, wartete sie tagsüber zu Hause auf das Kind und dann weiter auf den Abend. Sie dachte sich in die Zukunft, wenn erst einmal alles geschafft sei. Alles werde man schaffen, versicherte Knobel stets. Sie vertrauten sich völlig der Zukunft an. Der Architekt hatte mit einer Computersimulation das Haus konkret werden lassen.
    Lisa fläzte sich am anderen Ende der Leitung in ihr weißes Lieblingssofa, während er wortgewaltig über Frau Klabunde schimpfte. Er verfremdete den Anlass seiner Wut, verschwieg natürlich Marie und den Grund ihres Besuchs und tauschte Marie gegen eine namenlose Mandantin aus, die sich geweigert hatte, ihr persönliches Anliegen bereits im Vorzimmer vorzutragen. Lisa mahnte seine Autorität an und erinnerte ihn, dass aus ihm jemand geworden sei. Und sie hatte Recht. Man kannte und akzeptierte ihn. Mehr als früher folgten sie Einladungen. Lisa freute sich über diese Abwechslung, der sie leicht und unverbindlich Folge leisten konnten, wobei die Schwangerschaft sich manchmal als willkommener Anlass erwies, langweilige Gesellschaften vorzeitig zu verlassen. Nach der Geburt würde man vorzeitiges Gehen mit dem Alter oder dem Zustand des Kindes entschuldigen können. Nun war es leicht geworden, nach Lust und Laune Kontakte zu knüpfen, zu halten oder aufzugeben. Zumeist wählte Lisa aus, welcher Einladung sie folgen sollten. Sie wich auf den Gesellschaften nicht von seiner Seite, wenn man sich nach seiner Arbeit erkundigte und er von seinen bedeutenden Fällen erzählen konnte, die er farbig schilderte, ohne Namen zu nennen. Die anonymisierten Schilderungen machten seine Fälle noch geheimnisvoller. Man wähnte wichtige Personen aus Wirtschaft und Politik dahinter, und seine gewundenen Antworten regten

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