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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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abgereist bin. Der Wasserspeier mit dem Raben im Maul. Mich schaudert, wenn ich mir vorstelle, wie Wilhelmina diesen grässlichen steinernen Wächtern zugelächelt hat. Wächter der Nacht, jawohl.
    Brigid hält im Abstauben inne. »Ich erinnere mich noch, wie Mrs Spence sich über Mina aufgeregt hat. Das Mädchen hat angefangen schreckliche Sachen zu zeichnen und Mrs Spence hat gesagt, sie fürchtet, dass Mina unter einem schlechten Einfluss steht. Das hat sie gesagt. Und kurz danach ist das Feuer ausgebrochen und diese beiden Mädchen und Mrs Spence sind drin umgekommen, Gott hab sie selig.« Mit einem Seufzer stellt sie den Kerzenleuchter wieder zurück und nimmt den anderen.
    »Aber was war mit Wilhelmina? Warum ist sie weggegangen?«
    Brigid leckt mit der Zunge über ihren Daumen und bearbeitet einen Fleck auf dem Silber. »Nach dem Feuer hat sie sich merkwürdig benommen – vor lauter Trauer, wenn Sie mich fragen, aber mich hat ja keiner gefragt.«
    Felicity schaltet sich rasch ein. »Ja, ich bin sicher, dass Sie recht haben, Brigid«, sagt sie und wirft mir einen bedeutsamen Blick zu. »Was ist dann passiert?«
    »Na ja«, fährt Brigid fort, »Mina hat angefangen, den anderen Mädchen mit ihrem merkwürdigen Benehmen Angst einzujagen. Und mit diesen schrecklichen Sachen, die sie in ihrem Buch geschrieben und gezeichnet hat. Mrs Nightwing hat zu ihr gesagt, Verwandtschaft hin oder her, wenn sie nicht damit aufhört, dann wirft sie sie raus. Aber bevor sie das tun konnte, ist Mina mitten in der Nacht verschwunden und hat irgendwas Wertvolles mitgenommen.«
    »Was denn?«, hakt Felicity nach.
    »Ich hör nicht alles, Miss Quälgeist«, schilt Brigid.
    Felicity will aufbrausen, aber ich werfe ihr einen warnenden Blick zu.
    »Was für ’n Ding das auch war«, fährt Brigid fort, »Mrs Nightwing war sehr böse darüber. Hab sie nie so wütend gesehen.« Brigid stellt den Kerzenleuchter zufrieden an seinen Platz zurück. »So, das wär’s. Ich hab ein Wörtchen mit dieser Emily zu reden. Und Sie gehen jetzt am besten zur Abendandacht, bevor Mrs Nightwing Sie rauswirft und mich gleich hinterher.«
    *
    »Was meinst du, was das alles bedeutet?«, fragt Felicity, als wir uns unter die anderen mischen.
    »Ich habe keine Ahnung«, sage ich seufzend. »Ist Wilhelmina vertrauenswürdig oder nicht?«
    »Sie erscheint in deinen Visionen, es hat also etwas zu bedeuten«, sagt Felicity.
    »Ja, aber die Mädchen in Weiß sind mir auch erschienen, doch sie waren Teufelinnen und wollten mich vom Weg abbringen«, erinnere ich sie. »Ehrlich, ich weiß es nicht. Aber sie hat den Dolch an sich genommen – das steht fest –, und den müssen wir finden.«

37. Kapitel
    Unser Ausflug ins Magische Reich ist ohne Ann nur halb so vergnüglich. Nicht einmal die Magie kann unsere Laune heben. Den Fabrikmädchen geht Anns Abschied sehr nahe. »Unsereins hat keine Chance«, sagt Mae traurig zu Bessie.
    »Ihr müsst euch eure Chancen selbst schaffen«, predigt Felicity.
    Bessie wirft ihr einen harten Blick zu. »Was weißt du schon davon?«
    »Lasst uns nicht streiten. Ich möchte tanzen und mit Magie spielen. Gemma?« Pippa sieht mich herausfordernd an.
    Seufzend folge ich dem vertrauten Pfad zur Burgkapelle und Pippa heftet sich an meine Fersen. Als wir dieses Mal die Magie zwischen uns fließen lassen, ist der Sog, der mich erfasst, gewaltig. Es ist, als falle ich tief in Pippa hinein. Ich bin Teil ihrer Traurigkeit, ihres Neids, ihrer Bitterkeit – Gefühle, die ich lieber nicht teilen möchte. Als ich mich losreiße, bin ich müde. Die Magie kribbelt unter meiner Haut wie ein Schwarm Insekten.
    Aber Pippa strahlt schon wieder. Sie schmiegt sich an mich und schlingt ihre Arme um meine Taille wie ein kleines Mädchen. »Es ist wundervoll, etwas Besonderes zu sein, wenn auch nur für ein paar Stunden, nicht wahr?«
    »Ja«, sage ich.
    »Wenn ich du wäre, würde ich diese Zauberkraft nie wieder hergeben, sondern sie für immer behalten.«
    »Manchmal wünsche ich mir, es wäre möglich.«
    Pippa beißt sich auf die Lippe und ich weiß, dass sie etwas auf dem Herzen hat.
    »Was ist?«, frage ich.
    Sie klaubt Beeren aus einer Schüssel und dreht sie zwischen ihren Fingern hin und her. »Gemma, ich finde, du solltest Bessie und den anderen diesmal nicht ganz so viel Magie geben.«
    »Warum nicht?«
    »Sie sind Fabrikarbeiterinnen«, sagt sie mit einem leisen Seufzer. »Sie sind es nicht gewöhnt, solch eine Macht zu haben. Die Magie ist

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