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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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habe ich mir Sorgen darüber gemacht, was mir der Orden, die Rakschana, die dunklen Geister der Winterwelt antun könnten. Ich habe die sehr realen Gefahren vergessen, mit denen ich hier in meiner eigenen Welt konfrontiert bin.
    »Du wirst nicht nach Spence zurückkehren. Die Spence-Akademie für junge Damen war offensichtlich ein schwerer Missgriff. Du bleibst hier bis zu deinem Debüt.«
    »Aber ich habe Freundinnen dort …«
    Tom dreht sich zu mir. »Miss Bradshaw, die mittellose Lügnerin, und Miss Worthington, deren Tugend fragwürdig ist. Feine Freundinnen. Hier wirst du die richtige Sorte Mädchen kennenlernen.«
    Ich springe auf. »Die richtige Sorte? Ich habe mehr als genug davon kennengelernt und ich kann dir sagen, sie sind so seicht wie dein Whiskeyglas. Und was meine Freundinnen anbelangt, du kennst sie nicht und ich möchte dich bitten, nicht über sie zu sprechen.«
    »Ich möchte dich bitten, deine Stimme zu dämpfen«, zischt Tom mit einem Blick zur Tür.
    Ja, damit die Dienstboten nichts von unserer Auseinandersetzung mitbekommen. Sie sollen nicht wissen, dass ich eine eigene Meinung habe und eine Stimme, um sie zu äußern.
    »Bedeutet dir deine eigene Familie so wenig? Macht es dir nichts aus, dass Miss Bradshaw mich – und dich – durch ihren Betrug zum Narren gemacht hat?«
    »Ihren Betrug! Du hast dich nur für sie interessiert, als du hörtest, sie sei reich.«
    Tom gießt sich noch einen Schluck Whiskey ein. »Ein Mann in meiner Position muss an solche Dinge denken.«
    »Sie hat dich angebetet und du hast sie aufs Schäbigste behandelt! Verdienen nur so privilegierte Frauen wie ich deine Umsicht, Thomas?«
    Seine Augen weiten sich. »Und du nimmst für sie Partei – gegen mich, dein eigenes Blut?«
    Blut ist dicker als Wasser. So sagt man. Aber das trifft in Wahrheit auf die meisten Dinge zu.
    Toms schmale Schultern sacken herab. »Du magst es glauben oder nicht, Gemma, aber ich bin um dein Wohlergehen besorgt«, sagt er.
    »Wenn das dein Ernst ist, dann schicke mich nach Spence zurück.«
    Er trinkt sein Glas leer. »Nein, ich werde Lord Denbys weisem Rat folgen und dich hierbehalten, wo ich ein Auge auf dich haben kann.«
    Ich lege das Buch weg. »Lord Denby! Ich wusste es! Das ist ein Werk der Rakschana, stimmt’s? Sie wollen mich weiter kontrollieren.«
    Tom zeigt vorwurfsvoll mit dem Finger auf mich. »Genau das meine ich, diese Art von Betragen. Hör dir doch nur einmal
    •selbst zu – du schwafelst lauter sinnloses Zeug!«
    »Leugnest du, dass du dich den Rakschana angeschlossen hast? Wenn nicht, dann sag mir den Namen deines Herrenklubs.«
    »Ich muss dir überhaupt nichts darüber sagen. Es ist ein Herrenklub und du bist kein Herr, obwohl ich keinen Zweifel habe, dass du Hosen tragen würdest, wenn man dich ließe.«
    Ich gehe nicht auf seine Spitze ein. »Du trägst die Nadel der Rakschana!« Ich zeige auf das Totenkopf-und-Schwert-Symbol an seinem Aufschlag.
    »Gemma«, knurrt Tom, »es ist eine Nadel! Sie bedeutet nichts Böses.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    Er schwenkt sein Glas und es fängt das Licht ein und wirft ein tanzendes Spektrum von Farben an die Wand. »Ob du mir glaubst oder nicht, es ist die Wahrheit.«
    »Wie lautet dann der Name deines Klubs?«
    Mein Bruder zuckt mit keiner Wimper. »Nun, siehst du, Gemma, das ist allein meine Angelegenheit.«
     
    Es sind die Rakschana. Ich bin ganz sicher. Sie wollen mich gefangen halten, bis ich auf die Magie verzichte, und sie haben mei nen Bruder für ihre Zwecke eingespannt.
    Tom schiebt die Fäuste in seine Taschen. »Du und ich, wir müssen weitermachen, Gemma. Ich kann mir den Luxus von Liebe nicht leisten. Ich muss gut heiraten. Und jetzt muss ich mich um dich kümmern. Es ist meine Pflicht.«
    »Wie edel«, knurre ich.
    »Nun, das nenne ich einen schönen Dank.«
    »Wenn du leiden willst, dann tust du es freiwillig, nicht meinetwegen. Oder wegen Vater oder Großmama oder sonst irgendjemandem. Du bist ein guter Arzt, Thomas. Warum genügt dir das nicht?«
    Er strafft sein Kinn. Diese jungenhafte Haarlocke fällt ihm über die Augen, verdeckt sie. »Weil es nicht alles ist«, sagt er mit seltener Offenheit. »Nur das und keine Hoffnung auf mehr? Keine wahre Größe? Kein ehrenhaftes Heldentum? Also du siehst, Gemma, du bist nicht die Einzige, die ihr Leben nicht meistern kann.«
    Er neigt den Kopf zurück und nimmt seinen letzten Schluck Whiskey. Der Schluck ist zu groß und es würde genügen, einmal herzhaft zu

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