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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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der Nebel. Er versucht, mir Angst zu machen, na und? Ich habe die Magie des ganzen Magischen Reichs in mir gespeichert und weder der Orden noch die Rakschana sollen es wissen, bis ich erreicht habe, was ich erreichen muss. Schließlich habe ich bereits ein Wunder an meiner Familie vollbracht, oder nicht?
    »Oh, ich war seit einer Ewigkeit nicht mehr im Laden von Mrs Dolling. Ein Kuchenparadies!« Großmama blinzelt. »Warum eigentlich nicht? Egal. Wir gehen heute hin und essen, worauf wir Appetit haben, und … Gemma! Warum bist du noch nicht angezogen? Wir haben so viel zu tun!«
    Sie braucht es mir nicht zweimal zu sagen. Ich fliege, um meine Sachen zusammenzusuchen, und zerre mein Kleid so ungestüm aus dem Schrank, dass alles darin in Unordnung gerät.
    *
    Großmama und ich verbringen zusammen den wundervollsten Tag. Sie ist nicht streng und ängstlich, sondern vergnügt. Sie grüßt alle und jeden – vom Zeitungsjungen bis zu wildfremden Leuten auf der Straße – mit einem Lächeln und einem Kopfnicken.
    »Oh, sieh dir diese Hüte dort an, Gemma! Die zauberhaften Federn! Sollen wir hineingehen und uns Hüte anmessen lassen?« Sie steuert auf die Tür zu. Ich halte sie am Arm fest.
    »Vielleicht ein anderes Mal, Großmama.«
    Die Kutsche war schon so beladen mit ihren Einkäufen, dass für uns kaum noch Platz zum Sitzen war und Großmama unseren Kutscher mit ein paar Extra-Schillingen allein zurückgeschickt hat. Wir wollen später eine offene Droschke nach Belgravia nehmen.
    »Oh, ist das nicht herrlich? Ich weiß gar nicht, warum wir das nicht schon früher gemacht haben!« Sie tätschelt meinen Arm.
    Die Damenschneiderei Castle und Söhne befindet sich in der Regent Street und da sind wir nun, um ein Kleid für mein Debüt anfertigen zu lassen. Eine völlig aufgelöste Gehilfin, deren Haar jeden Moment aus seinen Nadeln zu rutschen droht, schleppt Ballen weißer Seide zu Großmamas Begutachtung herbei. Meine Maße werden genommen. Die Näherin schüttelt den Kopf und lächelt mitleidig. Meine Freude verschwindet im Nu. Wir können nicht alle wie Pippa aussehen. Als jedes Stück von mir abgemessen und notiert ist, leiste ich Großmama auf dem Sofa Gesellschaft. Schachteln mit Knöpfen und Spitze, Bändern und Federn werden ihr eilig gezeigt und genauso schnell schickt Großmama sie zurück. Ich furchte, ich werde das schmuckloseste Kleid von ganz London haben.
    Das Ladenmädchen zeigt Großmama das kostbarste Kleid, das ich je gesehen habe. Mir entschlüpft ein kleiner Seufzer. Es hat ein Mieder mit seidenen Rosen auf der einen Schulter und kurze, gebauschte und mit Schleifen verzierte Ärmel. Der Rock ist mit zartrosa Perlen bestickt und die Schleppe – die endlos lang zu sein scheint – ist mit einer wunderschönen Rüsche gesäumt. Es ist ein Kleid für eine Prinzessin.
    Großmama fährt mit der Hand über die perlenbestickte Seide. »Was meinst du, Gemma?« Großmama hat mich noch nie nach meiner Meinung zu irgendetwas gefragt.
    »Ich finde, es ist das schönste Kleid, das ich je gesehen habe«, antworte ich.
    »Nicht wahr? Ja, das lassen wir machen.«
    Ich könnte sie küssen. »Danke, Großmama.«
    »Nun ja, ich bin sicher, dass es viel zu teuer ist«, brummt sie. »Aber wir sind nur einmal jung.«
    Als wir in den trüben Londoner Tag hinaustreten, ist es fünf Uhr. Der Himmel verdunkelt sich schon und die Straßen sind vom stickigen Dunst der Gaslaternen erfüllt, der mich zum Husten reizt. Es macht mir nichts aus. Ich bin ein nagelneues Mädchen, das seidene Rosen und einen Fächer aus Straußenfedern tragen wird. Und wir werden Kuchen in der Konditorei kaufen. Sollen die Gaslampen die Luft verpesten, so viel sie wollen.
    An der Ecke überqueren Großmama und ich die Straße und steuern auf Mrs Dollings Konditorei zu. Und plötzlich gerät die Welt aus den Fugen. Meine Haut erwärmt sich. Auf meiner Stirn bricht Schweiß aus. Und die Magie strömt durch meine Adern wie ein angeschwollener Fluss. Ich werde von Gedanken, Sehnsüchten, Geheimnissen überflutet. Intimste Wünsche und Ängste stürmen auf mich ein.
    »… die langen Tage ohne Ende. Er hat mich einmal geliebt …«
    »… werden wir ein schönes Heim mit einem wunderhübschen Vorgarten haben …«
    Kann nicht denken. Bekomme keine Luft. Mach, dass es aufhört. Ich …
    »… wird noch ein schlimmes Ende mit euch nehmen …«
    Mein Kopf dreht sich dahin und dorthin, aber ich kann nicht sagen, aus welcher Richtung es kommt – es sind zu

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