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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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gehört sie ab sofort zur Familie. Ist das klar?«
    Henry nickte, sie zerwuschelte ihm das Haar, küsste ihn noch einmal und wandte sich wieder dem Gulasch zu. »Hast du eine Ahnung, wann Adrian kommt?«
    »Du weißt, dass ich nicht mit ihm telefoniere.«
    Katharina gab die Zwiebeln zum Fleisch und verzog keine Miene.
    »Er kommt ohnehin, wenn er kommt. Du kennst das doch.«
    Katharina rührte in dem Gemenge aus Fleischstücken und Zwiebeln. Sie gab einen Teelöffel Salz dazu. »Und Leni?«
    »Hat sie nicht angerufen?«
    »Nein, sonst würde ich dich nicht fragen.«
    »Ah ja …« Henry ging zum Kühlschrank und nahm eine Packung Birnensaft heraus.
    »Ihr habt offenbar telefoniert.«
    Henry goss sich ein Glas ein, nippte, sah aus dem Fenster auf den Schliersee hinunter. Es hatte aufgehört zu schneien. »Ja. Sie hat heute Morgen angerufen.«
    Katharina hielt inne, wartete auf weitere Ausführungen. Es kam nichts. »War irgendwas?«
    »Na ja – sie hat gesagt, sie kommt nicht. Und da dachte ich, sie ruft dich an, um es dir selber zu sagen. Ich meine, vielleicht hat sie es sich inzwischen wieder anders überlegt.«
    »Was heißt, sie kommt nicht?«
    »Na, dass sie eben nicht kommt. Über Weihnachten.«
    Katharina fand einen Moment lang keine Worte. Seit diese Familie existierte, hatten sie Weihnachten gemeinsam gefeiert. In manchen Jahren waren andere dazugekommen. Freundinnen, Freunde, Bekannte. Aber immer war die Familie vollzählig gewesen. Mit einer einzigen Ausnahme: Letztes Jahr war Henry in Südafrika gewesen. Er hatte dort ein halbes Jahr als Arzt gearbeitet.
    »Hat sie … ich meine – warum? Was ist denn los?«
    »Sie hat gesagt, sie hat Angst.«
    »Angst? Wovor?«
    »Was weiß ich! Du kennst sie doch.«
    »Nein, nein. Wenn sie Angst hat, dann immer vor etwas Bestimmten. Vor Gewitter, vor dem Nachbarshund, vor der Vereinsamung. Egal, was es ist, sie kann es benennen.«
    »Sie wollte es nicht sagen. Sie hat nur … eigentlich hat sie ziemlichen Unsinn geredet.«
    »Was genau hat sie gesagt?«
    »Dass über dem Haus ein Fluch liegt und dass sie nie wieder einen Fuß über die Schwelle setzen wird und ähnlichen Unfug.«
    Katharina war verstört.
    »Mama – du glaubst doch nicht, dass das irgendwas zu bedeuten hat. Die kann in fünf Minuten hier auftauchen, ist bester Laune und behauptet, es wär nie was gewesen.«
    »Ja. Wahrscheinlich hast du recht.« Katharina goss Wasser ins Gulasch und starrte auf die brodelnde Masse. »Sie war doch früher nicht so. Oder war sie früher so, und ich hab’s nicht gemerkt?«
    »Nein. Sie war früher ganz normal. Erst seit sie in Erlangen ist … aber das weißt du besser als ich.«
    »Aber warum? Was ist passiert?«
    Henry zuckte nur mit den Schultern.

Kapitel 7
    K ilian Raubert war von seinem Schock genesen und saß in Mikes Büro. Ebenso Kreuthner, von dem ein paar Erklärungen erwartet wurden. Da Wallner noch nicht nach Italien aufbrechen konnte, gesellte er sich dazu. Sollte er Anstalten machen, die Sache an sich zu ziehen, würde Mike ihn unverzüglich vor die Tür setzen. Als zweite offizielle Beamtin war Janette zugegen.
    »Du hast also eine Straßenkontrolle durchgeführt«, eröffnete Mike das Gespräch, nachdem Kreuthner Platz genommen hatte.
    »Korrekt.« Kreuthner rutschte nervös auf seinem Bürostuhl herum.
    »Warum?«
    »Weil … weil das Fahrzeug kam mir verdächtig vor.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Überhöhte Geschwindigkeit.«
    Raubert wurde von einem Fassungslosigkeit ausdrückenden Lachen überwältigt und schüttelte kichernd den Kopf.
    »Er scheint das anders zu sehen«, sagte Mike zu Kreuthner.
    »Der is g’fahren wie die Sau. Er da kann des bezeugen.« Kreuthner deutete mit dem Kopf auf Wallner.
    »Ich tät sagen, ihr seid beide gefahren wie die Sau«, ergänzte Wallner Kreuthners Darstellung.
    »Ging ja net anders. Ich hab ihn überholen müssen. Der hat doch auf nix reagiert.«
    Raubert murmelte kopfschüttelnd Sätze wie »Ich pack’s net« oder »Ja freilich!«.
    »Is ja sonst net deine Art. Ich mein, dass du dich in deiner Freizeit um Verkehrssünder kümmerst.«
    »Eben. Der war ja net amal im Dienst!«, räsonierte Raubert.
    »Ich kann mich jederzeit in den Dienst versetzen. Aber davon hast ja du keine Ahnung. Also sei still.«
    »Du willst mir hier allen Ernstes erzählen, dass du ihn angehalten hast, weil er zu schnell gefahren ist?«
    »Zu schnell? Der is hundertfünfzig gefahren. Des war Straßenverkehrsgefährdung.«

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