Karwoche
dass ich den Stecken wieder freikrieg. Sonst hätt’s dich ja gleich noch amal hinlassen.«
»Wie ist denn das so weit gekommen?«, fragte Kreuthner.
»Weil ich ihm gesagt hab, dass er gehen soll, weil er überhaupts keine Berechtigung hat für die Tafel.«
»Er sagt, er hätt sich nur kurz aufwärmen wollen.«
»Seit zwei Stund is er dagesessen. Außerdem hat er an Alkohol dabeigehabt.«
»Ein Weißbier hab ich mir mitgebracht. Falls mir langweilig wird.«
»Langweilig? Bei was?«
»Na beim Sitzen halt.«
»Du nimmst beim Spazierengehen ein Weißbier mit?« Wallner war doch erstaunt.
»Und a Weißbierglas. Hat er alles dabeigehabt.«
»Hast du ihm das Weißbierglas übern Kopf g’haut?«
»Schmarrn. Ich hab ihn zwei Mal aufgefordert, dass er’s wegtut. Und dann hab ich’s ihm wegnehmen wollen. Weil des geht net, dass einer a Bier trinkt und die anderen dürfen net.«
»Des Weißbierglas is mein Privateigentum. Das lass ich mir net wegnehmen«, raunte Manfred.
»Stimmt. Er hat’s net hergeben wollen. Ich hab versucht, dass ich’s ihm aus die Finger zieh. Aber das ist nicht gegangen. Da hab ich’s dann lassen.«
»Und wie ist es dann zu der Verletzung gekommen?«
»Na beim Loslassen. Da ist seine Hand mit dem Glas praktisch zurückgeschnalzt. Er hat sich das Glas selber übern Schädel g’haut. Und da ist es kaputt gegangen.«
»Weil ich mich so aufregen hab müssen! Früher ham s’ alte Leut noch mit Respekt behandelt.«
»Die ham sich früher auch net so aufg’führt!«
»Noch mal – nur dass ich’s versteh«, sagte Wallner. »Du bist zwei Stunden bei der Tafel gesessen? Zum Aufwärmen?«
»Mei, wie ich mal gesessen bin, hab ich nimmer naus wollen in die Kälte.«
»Es hat neunzehn Grad gehabt«, sagte Anneliese Sennleitner.
Manfred zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Des is für mich wie für andere fünf Grad. Ich bin ja nimmer zwanzig. Ich hab koa Hitz nimmer.«
Wallner beugte sich zu Manfred und flüsterte ihm zu: »Kannst du mir erklären, was das Ganze sollte? Da warst du doch nicht zum Aufwärmen drin.«
»Beweis mir’s Gegenteil.« Manfred verschränkte seine Arme noch fester vor der Brust.
Wallner war des Spiels überdrüssig und bat Anneliese Sennleitner nach draußen.
»Ich hab schon mit meinem Anwalt telefoniert«, sagte sie, als sie draußen waren. »Der meint, da krieg ich Schmerzensgeld.«
»Jetzt komm. Der Manfred ist ein bissl eigen. Aber er meint’s nicht bös.«
»Was macht er denn überhaupts bei der Tafel? Habts ihr nimmer genug zum Essen daheim?«
»Bei euch arbeitet doch auch eine Jana Kienlechner.«
»Ja. Und?«
»War die heute da?«
»Die wollt eigentlich kommen, hat dann aber abgesagt. Wieso?«
»Ich glaube, mein Großvater hat auf die Dame gewartet.«
»Geh Schmarrn, oder?«
Wallner zuckte mit den Schultern.
Kapitel 50
M anfred und Anneliese Sennleitner hatten sich wieder vertragen. Manfred hatte sich entschuldigt, dass ihm sein Hackelstecken »ausgekommen« sei. Im Gegenzug hatte Anneliese Sennleitner auf die ihrer Vorstellung nach astronomisch hohen Schmerzensgeldansprüche für den verbrühten Busen verzichtet.
Auf dem Weg nach Hause hatten Wallner und Manfred beim »Schnitzelwirt« Schnitzel mit Kartoffelsalat mitgenommen.
»So eine Z’widerwurz’n«, murmelte Manfred und steckte sich ein Schnitzelstück von der Größe eines halben Bierdeckels in den Mund.
»Du hast bei der Tafel aber auch nichts zu suchen.«
»Ich hab ja gar nix gegessen. Und mein Getränk hab ich mir sogar selber mitgebracht. Net amal mehr sitzen darf ich da. Des is doch unmenschlich. Und Diskriminierung ist des auch. Da bin ich ja lieber arm wie alt.«
»Jetzt sag halt endlich, was du da gewollt hast. Und erzähl mir nichts von wegen Aufwärmen. Dafür bringt man sich kein Weißbier mit.«
Manfred kaute vorsichtig auf dem Schnitzel, denn einige seiner Zähne saßen nicht mehr ganz fest. »Früher hat man die Schnitzel dicker gemacht.«
»Heute macht man sie halt dünner.«
»Des ist doch Beschiss. Da kriegst nämlich nur noch die Hälfte vom Fleisch.«
»Das stimmt nicht, weil dafür sind sie ja größer. Aber jetzt lenk nicht ab. Was hast du bei der Tafel gewollt?«
»Ich hab auf wen gewartet.«
»Ah geh?« Wallner richtete sich einen schönen Bissen mit Schnitzelstück und Kartoffelsalat obendrauf. Der Schnitzelwirt war berühmt für seinen Kartoffelsalat. »Kenn ich den, auf den du gewartet hast?«
»Na.«
»Lass mich raten: eine junge
Weitere Kostenlose Bücher