Kasey Michaels
immer ein komisches kleines
Ding, nicht wahr?“ Er lächelte auf sie nieder. „Aber ich habe verstanden,
Charlie, und ich bitte um Entschuldigung. Es geht mich nichts an, ob du
verheiratet bist oder nicht. So, da wir das geklärt haben und ich inzwischen
weiß, dass meine Verletzung nicht tödlich ist, erzähl mir doch endlich, warum
du in solcher Eile warst.“
Schon hatte
sie den Mund zur Antwort geöffnet, schloss ihn aber rasch wieder. Der Mann
hatte Sorgen genug am Hals, da musste er nicht noch erfahren, welche Spielchen
seine Schwestern in den letzten Monaten gespielt hatten. „Ich ... ich wollte
nur schnell wieder ins Haus, mir war beim Ausgehen nicht klar, wie kalt es
ist.“
Anscheinend
nahm er das so hin.
„Weiß man,
dass ich komme?“, fragte er, während sie der Auffahrt folgten und nach der
nächsten Biegung schließlich das Anwesen in Sicht kam. „Ich hatte Emmaline aus
London geschrieben, aber möglicherweise war ich schneller als die Post.“
„Was das
angeht ...“, sagte Charlotte, bemüht um einen leichten Ton, „Emmaline ist
nicht hier.“ Forschend sah sie Rafe an.
Was genau wusste er? „Sie ist mit ihrem Gatten auf Hochzeitsreise im Lake
District.“
Rafe
nickte. „Dem Duke of Warrington, ah ja. Hab mich in London erkundigt, ein guter
Mann. Aber wer beaufsichtigt dann die Zwillinge?“
Gute
Frage! „Wie? Äh,
ich natürlich?“
„Du? Aber
du bist selbst fast noch ein Mädchen.“
„Vor ein
paar Minuten sahst du mich noch als sitzengebliebene alte Jungfer“,
erinnerte sie ihn, während sie im Geiste den schon reichlichen Gründen, die
Zwillinge zu ermorden, einen weiteren hinzufügte. Nun musste sie um dieser
Gören willen auch noch lügen!
„Ah, ich
dachte, du bist unterwegs zu einem Besuch dort. Dann weilst du also auf Ashurst
Hall und warst nur auf einem Spaziergang?“
„Richtig
...“, stimmte sie zu, während sie sich fragte, wie lange das Lügengebäude
halten konnte, wenn sie sich darauf einließ, Nicole und Lydia zu schützen. „Ja,
also ja ... ein bisschen frische Luft ... ich wollte zu meinen Eltern. Mama
... Mama, hat sich schwer erkältet.“
„Vermutlich,
als sie spazieren ging, ohne einen passenden Mantel zu tragen“, sagte Rafe
grinsend. „Das sollte dir eine Lehre sein, Charlie.“
Ohne auf
seine Neckerei einzugehen, fügte sie hastig hinzu: „Aber außer mir passt auch
Mrs Beasley – du weißt, ihre Gouvernante – auf die Zwillinge auf, und dann ist
da noch das Personal, immerhin um die vierzig Leute. Die Mädchen sind kaum sich
selbst überlassen worden.“ Ha, sie würden dafür zahlen!
„Und meine
Mutter? Ist sie auch hier?“, wollte Rafe wissen.
Offensichtlich
glaubte er ihr unbesehen. Aber warum auch nicht? Emmaline hatte eindeutig
recht, Männer waren leichtgläubig. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, leider
nicht. Deine Mutter, nun die Herzoginmutter, wie sie jetzt oft anmerkt, ist für
die Zwischensaison nach London gereist, und von da weiter zu einer Geselligkeit
in ... Devon, glaube ich.“
„Herzoginmutter?
Ja, ja, sicher, das ist sie! Das muss ihr verflixt
süß runtergegangen sein.“
„Ja, sieht
man von der Mutter-Sache ab“, sagte Charlotte. „Es gefällt ihr nicht, dass
sie damit zugeben muss, dass sie alt genug ist, die Mutter eines Duke zu
sein.“
„Ja, das
ist typisch für sie“, bestätigte Rafe, der vor der weiten, halbrunden
Freitreppe anhielt, die zum Portal von Ashurst Hall hinaufführte. Er musterte
das imposante Bauwerk. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich fühle mich
immer noch wie ein Bettler.“
Als er sich
Charlotte zuwandte und sie mit seinen ausdrucksvollen Augen ansah, flatterte
es erneut in ihrem Magen. Sie sollte sich wirklich besser im Griff haben.
„Jetzt klingst du wie dein Cousin
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