Kasey Michaels
George.“
„Mag sein.
Das ist kein Traum, und ich wache auf und werde wieder in meiner winzigen
Stube neben den Kinderzimmern einquartiert?“
„Die Suite
des Herzogs steht schon für Sie bereit, Euer Gnaden.“ Sie sprach bewusst
freundlich, denn inzwischen hatte sie in seinen Augen Spuren des alten, nicht
so selbstbewussten Rafe entdeckt. „Dafür hat deine Tante Emmaline
gesorgt.“
„Es fällt
mir schwer zu glauben, dass er dahin ist. Samt seinen Söhnen ...“
„Mögen sie
in Frieden ruhen“, murmelte Charlotte und betrachtete Ashurst Hall mit
seinen vier Stockwerken und den Dutzenden mächtiger Schornsteine auf den
Dächern darüber. Und hinter den dicken Mauern hockten zwei noch ahnungslose
Betrügerinnen, die sich gleich fest in der Hand einer gewissen Miss Charlotte
Seavers wiederfinden würden.
„Na, das
klang einigermaßen mechanisch“, meinte Rafe. Sie fühlte seinen Blick auf
sich ruhen. „Du hattest für Harold und George nicht viel übrig?“
Als sie
antwortete, tat sie das mit abgewandtem Kopf; ein Schauer überlief sie, und
nicht wegen der Kälte. „In den letzten Jahren sah ich sie nur selten, ich
wusste kaum etwas über sie; sie lebten vorwiegend in London.“
„Ja, in dem
Stadtpalais am Grosvenor Square. Ehe ich hierher aufbrach, hatte ich mich eine
Woche dort einquar tiert. Ich
dachte, ich sollte meine Garderobe aufstocken. Diesen Mantel zum Beispiel und
den Hut – ah, wo ist der überhaupt, Charlie?“
Sie sollte
sich ihr Mitleid für ihn wirklich sparen. „Charlotte bitte, und ich hüte Ihre
Schwestern, Euer Gnaden, nicht Ihren Hut!“
„Und diesen
Tonfall kenne ich auch noch gut! Du hast meinen neuen Hut da hinten auf dem
Weg liegen lassen, als Strafe für meine Bemerkung über sitzen gebliebene
Jungfern, was?“
„Auf dem
Weg? Aber nein, nicht ich!“ Was nicht gelogen war.
„Nein,
sondern ich, nicht wahr? Ich allein übernehme die Verantwortung. Weißt du,
Charlie, es ist ziemlich beängstigend zu wissen, dass ich nun dies alles zu
bewahren habe“, sagte er, während er mit einer ausholenden Bewegung den
gesamten Besitz, sein Erbe, umfing.
„Das kann
ich mir gut vorstellen, Euer Gnaden“, stimmte Charlotte zu und seufzte
beim Gedanken an die Zwillinge. „Wenn man urplötzlich und unerwartet solche
Verantwortung aufgeladen bekommt, kann einen das ganz schön aus der Fassung
bringen.“
„Harris,
mein Butler im Londoner Haus, wurde es ziemlich leid, mich Euer Gnaden zu
nennen, weil ich nie darauf reagierte. Es ist zwar schon eine Weile her, aber
erst jetzt, da ich wieder in England bin, dämmert mir das ganze Ausmaß dessen,
was passiert ist. Als Captain Rafael Daughtry fühlte ich mich verflixt wohl.
Ich weiß nicht, ob ich dem hier gewachsen bin, Charlie.“
Ob dieser
unerwartet ehrlichen Worte flog ihr Herz ihm sofort zu, und ohne nachzudenken,
lege sie ihm ihre Hand auf den Arm „Du wirst das schaffen, Rafe. Alle auf
Ashurst Hall werden dich unterstützen.“
„So ist es
besser. Du hast Rafe und du gesagt. Bleib doch dabei, Charlie –
Charlotte.“ Er seufzte, nickte, dann schien ihm einzufallen, dass er als
Duke of Ashurst nicht Angst, noch Schwäche, noch sonstige menschliche Regungen
eingestehen
sollte. „Aber ich habe dich lange genug hier in der Kälte festgehalten. Gehen
wir hinein.“
Charlotte
stellte sich vor, wie die Zwillinge. dreinschauen würden, wenn sie nicht nur
ihrem Bruder gegenübertreten mussten – fand sie selbst ihn schon imponierend
groß, wie musste er erst den Mädchen erscheinen? –, sondern auch einer
gewissen, bedeutsam dreinschauenden Charlotte Seavers.
„Ja“,
stimmte sie zu, „zumindest solltest du deinen Kopf behandeln lassen.“
„Komisch,
genau das sagt mein Freund Fitz auch immer, nur
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