Kasey Michaels
erklärte der Duke of Malvern. „Hör, drüben in meinem Wagen sind
meine Duellpistolen; die mochte ich nicht hier zurücklassen, da ich mich ja nach
Malvern aufmachen wollte, nachdem ich mich von dir hier verabschiedet hatte.
Ich hole sie dir schnell.“
Entsetzt
sah Lydia Charlotte an. „Rafe braucht doch gewiss keine Pistolen! Ach, seht
euch nur vor! Bitte. Ich würde sterben, wenn ich auch noch Nicole verlöre. Oder
überhaupt einen von euch ... !“
Rafes
Freund war inzwischen zurückgekehrt und reichte ihm einen hölzernen Kasten,
wobei er fragte: „Weißt du, wo ihr suchen müsst?“
Während
Rafe den Kopf schüttelte, sagte Charlotte: „Ich schon. Im Wagen hatte ich Zeit,
zu überlegen. Weißt du, als dieser Hobart Nicole ansah, hatte er den gleichen
Ausdruck im Gesicht wie damals in dieser schrecklichen Nacht George und Harold;
da wusste ich genau, was er dachte. Ich glaube, wir müssen zum Piccadilly, zu
dieser Absteige, die du erwähnt hast.“
„Meine
Güte, meinst du wirklich? Ach, was frage ich? Natürlich hast du recht“.
Er nahm ihre Hand. „Das ist meine Schuld. Ich habe mich geweigert, ihm noch
mehr Geld zu geben!“ Er fluchte unhörbar in sich hinein. „Mit jemandem mit
Nicoles Aussehen könnte er in gewissen Kreisen ein Vermögen machen. Bei
Männern, wie mein Onkel und seine Söhne es waren.“ An seinen Freund
gewandt, bat er: „Bring die beiden Damen nach Hause, Tanner. Du weißt, wohin
ich jetzt muss.“
„Das kommt
nicht infrage“, sagte Charlotte mit Schärfe. „Wenn du Nicole findest, muss
ich dabei sein. Sie darf nicht, wie damals ich, in dieser Lage, allein gelassen
werden, das geht nicht, Rafe. Das lasse ich nicht zu, ihr darf das nicht geschehen.“
Rafe
zögerte kurz, nickte dann aber. „Also gut! Tanner, Charlie kommt mit mir.“
„Und ich
folge euch, so schnell ich kann. Lotty Lustys Etablissement, richtig? Davon
habe ich einiges gehört, und nichts Gutes. Beeilt euch besser!“
Während der Fahrt lud Rafe rasch die
Pistolen, doch er hätte sich die Hast sparen können, denn zu dieser Stunde waren
die Straßen derart verstopft, dass sie nur langsam vorankamen.
Zumindest
gab ihnen das Zeit, sich zurechtzulegen, wie sie, am Ziel
angekommen, vorgehen wollten. Rafe hatte einmal läuten hören, dass die
berüchtigte Lotty Lusty häufig in die Rolle einer netten älteren Frau
schlüpfte, die angeblich junge Mädchen vom Lande für ihre Hutmacherei anwarb.
Sie würden sich also als erwachsene Geschwister eines Schulmädchens ausgeben,
das von ihrem Daheim in Sussex ausgerissen war. Sie hätten dessen Weg bis zu
einer Poststation in London verfolgen können und dort erfahren, dass der abenteuerlustige
Wildfang von einer mütterlich wirkenden Frau abgeholt worden wäre. Auf weitere
Nachfrage habe man ihnen eine Adresse genannt, und nun seien sie hier, um der
gütigen Dame zu danken, weil sie sich der jungen Marianne angenommen habe, und
das eigensinnige Ding wieder mit heim zu seiner betrübten Mutter nehmen.
Erst einmal
im Hause, würden sie jede Vorspiegelung aufgeben und mit Hilfe der Pistolen
Nicoles Herausgabe verlangen, war der Plan.
In der Nähe
des Bordells ließ Rafe die Kutsche in einer Seitengasse gleich hinter der
Straßenecke halten, denn es wäre sicher nicht hilfreich, wenn jemand, der aus
dem Fenster des Etablissements lugte, das herzogliche Wappen auf dem Wagenschlag
erkannte.
„Zieh deine
Kapuze tief ins Gesicht“, befahl Rafe. „Nur gut, dass es heute Morgen noch
kühl genug für einen Umhang war, denn sonst wüsste ich nicht, wie wir die
Pistolen ungesehen ins Haus bekommen könnten. Du könntest sie wohl kaum als
Dekoration auf deinen Hut pflanzen.“
Charlotte
tat, was er
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