Kasey Michaels
bellte er und starrte mit hervorquellenden Augen auf die
Pistole. „Wer sind Sie? Ich war vor Ihnen hier, zum Teufel mit Ihnen! Bin von
meinem Klub direkt hierher gerast, als ich die Mitteilung erhielt. Dieser
verfluchte, verlogene Hobart. Man kann eine Jungfrau nicht zweimal
verkaufen!“
„In der
Tat? Und wie ich hörte, kann man nur einmal sterben. Wollen Sie den Versuch wagen?
Ich will mich gern darauf einlassen! Sie armseliges Etwas, ich würde der Welt
einen Gefallen tun“, sagte Rafe kühl und richtete den Lauf der Waffe auf
den hoffnungsvollen Freier.
In seinem
Eifer, möglichst viel Abstand zwischen sich und einen offensichtlich
Wahnsinnigen zu bringen, rannte der Mann auf
seinem Weg hinaus beinahe Charlotte über den Haufen.
„Charlie“,
sagte Rafe, während er die Pistole nun auf Lotty Lusty richtete, „verschließ
die Tür, Liebling. Ich glaube, wir brauchen keine weiteren Besucher.“
Ziemlich
unbeeindruckt von den Vorgängen in ihrem Haus hob die Frau mit einer fast
trägen Geste ihre Hände.
„Er ist
oben mit ihr“, antwortete sie und seufzte. „Dass die Kleine Ärger
bedeutet, wusste ich sofort, als ich sie sah. Viel zu
vornehmes Flair. Man muss ein Auge dafür haben, welches
Blümchen man pflücken kann, sag ich immer. Aber er hat mir ja immer nur
Schwierigkeiten gemacht, mein Freund Hughie, und
hat mich bei fast jedem Handel beschummelt. Nur nicht genug, um ihn ganz rauszuschmeißen.
Ist von Zeit zu Zeit nämlich recht nützlich.“
„Ich will
wissen, wo sie ist!“
„Ja, ja,
hab ich gehört. Da, wo Hughie ist. Die Treppe rauf. Dritte Tür links, Euer
Wohlgeboren, bestes Zimmer im Haus.
Die
Brautsuite nenn ich sie. Er hat keine Pistole, aber 'n Messer würd' ich ihm
zutrauen. Ist sonst niemand oben. Zu früh, wissen Sie? Nur ein paar meiner
Mädels, aber die schlafen.“
Die Waffe
senkend befahl Rafe: „Noch mal, Charlie: Du bleibst hier!“
„Ja, hören
Sie auf ihn, Liebchen“, drängt Lotty. „Ich mach uns Tee in meinem Salon,
während Sie auf den Gentleman warten. Das
Mädchen ist noch heil, glauben Se mir. Hughie ist zwar 'n übles Miststück, aber
so blöd is' er nich'. Oh, 'ne Frage, wenn's Ihnen nix ausmacht. Sie sind der
Duke?“
Einen Fuß
schon auf der Treppe, wandte Rafe sich um. „Verzeihung?“
„Ne, müssen
Sie mich nich' drum bitten. Eher schon Hughie – so sieht er's
jedenfalls.“ Sie legte forschend den Kopf schief und musterte Rafe. „Ne,
ne, nich' dass ich die Ähnlichkeit sehen könnte ...“
Als sie
Rafes ein wenig ratlosen Blick sah, erklärte Charlotte: „Ich rede mit
ihr“, und reichte Rafe die zweite Pistole. „Nein, halt sie fest, Charlie,
man kann nie wissen – obwohl du
vermutlich nur per Zufall jemanden treffen würdest. Aber es ist mir lieber, du
behältst sie. Wenn Tanner kommt, lass ihn ein, aber er soll mit dir hier unten
bleiben. Er müsste bald hier sein.“
„Sei
vorsichtig“, warnte sie ihn.
Und das
hatte er nun wirklich vor. Seine Schwester war da oben irgendwo, zusammen mit
Hugh Hobart, und höchstwahrscheinlich hatte der Mistkerl den Aufruhr hier
unten längst mitbekommen. Also war anzunehmen, dass er Nicole mit einer wie
auch immer gearteten Waffe bedrohte und sie als Schutzschild benutzte.
Der
Burschen täte besser daran, seinen Atem für ein letztes Gebet zu sparen.
Rafe zählte
die Türen, doch da er Lotty Lustys Worte nicht als das Evangelium betrachtete,
schaute er in jedes Zimmer auf dem Gang, denn ihm war nicht danach, plötzlich
hinterrücks angefallen zu werden.
In den
beiden Zimmern links war niemand, doch in den Kammern auf der rechten Seite
hielten sich Mädchen auf, nicht älter als seine Schwestern. Nie zuvor hatte er
so alte, leere Gesichter gesehen.
Den Mädchen
sagte er leise: „Bleibt in euren Zimmern, kriecht unters Bett, lasst euch bloß
nicht
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