Kasey Michaels
sie
Schreckliches hinter der Tür finden mochte?
Beinahe
gleichgültig sah sie zu, wie Rafe sich mit beiden Hände das triefende Haar aus
dem Gesicht strich und unter der halbwegs schützenden Türlaibung hervor hinaus
in den Sturm spähte. Nach einem kurzen Blick rechts und links stürzte er sich
erneut in das Unwetter hinaus, kam aber kurz darauf zurück, einen gusseisernen
Schuhkratzer in der Hand.
Wie um alles in der Welt war es ihm
gelungen, das Ding aus seiner Verankerung zu reißen? Ein Blick in sein Gesicht
sagte ihr alles: Es spiegelte verbissene Entschlossenheit, mit welchen Mitteln
auch immer in dieses Haus zu gelangen.
„Charlie!
Zieh dir deinen Rock über den Kopf!“, rief er, während er seine provisorische
Waffe mit beiden Händen in das bleiverglaste Türfenster rammte. Charlotte
gehorchte ihm, hatte jedoch einige Mühe mit dem nass an ihr klebenden Stoff.
Es bedurfte
mehrerer Versuche, bis die Scheiben endlich zerbrachen, doch die Bleirahmen
gaben erst nach, als Rafe das spitze Ende des Kratzers nahm und damit das
Metall unter Aufbietung aller Kräfte umbog. Fasziniert schaute Charlotte seinen
Anstrengungen zu. Er musste ein wahrhaft furchterregender Kämpfer gewesen sein!
Rafe schob
den Arm durch die Fensteröffnung und hangelte nach dem Riegel, dann fluchte er
leise. „Verdammt, der Riegel ist abgeschlossen!“
„Bestimmt
als zusätzlicher Schutz gegen den Sturm. Was machen wir nur? Rafe, ich muss
hinein. Mama ... Rafe? Was machst du? Rafe, lass das!“
Denn er
hatte den Saum ihrer triefnassen Unterröcke gepackt und
zog sie ihr ebenfalls über den Kopf. „Stell dich nicht an, Charlie. Ich passe
nicht durch dieses Fensterchen, also musst du da durch, den Schlüssel suchen.
So, heb die Arme! Braves Mädchen! Ich will doch nur nicht, dass du dir dein
hübsches Gesicht an den scharfen Kanten zerkratzt.“ Damit zog er den Stoff
über Charlottes Kopf zu einem Bündel zusammen, und ehe sie sich sträuben
konnte, schlang er seine kräftigen Arme um ihre Oberschenkel und schob sie
durch die Öffnung. Wie einen menschlichen Rammbock gegen ein belagertes
Burgtor, dachte sie wütend.
Als sie in
der Taille abknickte, kreischte sie entsetzt auf. Wild tastete sie mit den
Armen, spürte schließlich erleichtert die steinernen Bodenplatten, und dann
fiel sie auch schon kopfüber mit einem heftigen Plumps zu Boden, wo sie einen
Moment nach Luft schnappend liegen blieb.
„Willst du
den ganzen Tag da unten bleiben?“
Charlotte
schob sich die nassen Röcke aus dem Gesicht und hob den Kopf. Über ihr steckte
Rafe seinen Kopf durch das zerbrochene Fenster, und ihr wurde bewusst, dass
sie, da ihre Kleider noch rings um ihren Oberkörper gewickelt waren, unterhalb
ihrer Taille bis zu den Knien von nichts als den feinen baumwollenen Unterhosen
bedeckt wurde, die noch dazu, ebenfalls völlig durchnässt, an ihrer Haut klebten.
Das schien
Rafe nicht weniger bewusst zu sein, den sie sah, wie er sie amüsiert musterte.
„Ja, ich
sehe es durchaus, Charlie, Hübsch, hübsch“, rief er ihr über dem Heulen
des Windes zu. „Fast so reizvoll wie dein hübsch gerundeter Allerwertester, den
ich eben noch vor Augen hatte. Aber trotzdem, so sehr ich den Anblick genieße
– geh und such den verflixten Schlüssel!
Hastig
aufspringen und ihre Röcke, so gut es ging, hinunterziehen war eines. Dann
hastete sie zu dem kleinen Tisch in der Diele und riss dessen Schublade so
heftig auf, dass sie ihr beinahe auf die unbeschuhten Füße gekracht wäre.
Hastig kniete sie sich hin und angelte nach dem großen Schlüssel.
„Wenn eine
Frau mal Männerarbeit macht ...“
„Halt den
Mund!“, fauchte Charlotte. Einen Augenblick später war die Tür geöffnet,
um Rafe einzulassen.
Er schlug
den Türflügel hinter
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