Kasey Michaels
Auge behalten kann! Wo wolltest
du dieses Mal hin? Hast du nichts gelernt, seit ... ach, egal! Hilf mir die
Sachen aufzusammeln!“
„Das mache
ich schon, Miss“, sagte jemand hinter ihr. „Haben den Krach bis unten in
die Küche gehört, dachten schon, 's gäb' einen neuen Sturm. Gottchen, was für
ein Schlamassel!“
Charlotte
sah sich um, hinter ihr stand eine Küchenmagd, den silbernen Zuckertopf in der
Hand. „Danke, Dara, nicht nötig. Wenn du bitte einen Besen holst? Lady Nicole
wird das selbst in Ordnung bringen.“
„Ich? Aber
... !“, setzte Nicole an, schwieg dann jedoch rasch unter Charlottes
wütendem Blick.
„Schließlich
hat sie sonst nichts vor und ist ohne Beschäftigung – nicht wahr, Lady Nicole?
Komm, gib Dara deinen Umhang, damit sie ihn reinigen kann.“
Nicole riss
die Augen auf. „Aber dann sieht sie, dass ... äh, nein danke, ich behalte ihn
lieber an, es ... es zieht ein bisschen hier im Treppenhaus.“
War es also
genauso, wie Charlotte es sich gedacht hatte! Sie bat Dara, Handfeger und
Kehrschaufel zu holen, und wartete eben noch ab, bis das Mädchen außer
Sichtweite war, dann sagte sie leise: „Ich sollte es deinem Bruder sagen,
Nicole. Damit wäre eure Reise nach London endgültig erledigt.“
„Oh,
Charlotte, nein, bitte nicht!“, flehte Nicole, während sie sich hinhockte
und die Scherben aufzusammeln begann. „Ich weiß, ich bin ganz grässlich und
verdiene Strafe, aber Lydia zählt so sehr darauf, in London irgend so einen riesigen
Buchladen zu besuchen. Sie wäre am Boden zerstört. Autsch!“
Rasch griff
Charlotte nach Nicoles Hand, die aus einem Schnitt heftig blutete. „Komm mit in
dein Zimmer“, befahl sie, da die
Küchenmagd wieder zurückkam. „Dara, Lady Nicole hat sich an einer Scherbe
geschnitten, sei so gut und mach du hier sauber. Aber ich bin überzeugt, dass
sie, wenn die Wunde erst verbunden ist, nur zu gern diese Laken flicken wird,
die ich dir letztens zeigte. Bring sie morgen früh in ihr Zimmer, bitte. Lady
Nicole wird den ganzen Tag dort sein.“
„Was, Laken
flicken?“ Wütend stapfte Nicole vor Charlotte her die Treppe hinauf. „Da
würde ich lieber in der Spülküche Töpfe schrubben! Zumindest kann ich das
schon, dir zu Dank!“
„Und bis du
endlich deine Lektion gelernt hast, wirst du auch noch wissen, wie man
Kartoffeln schält und den Kamin reinigt. Kein Wunder, dass Emmaline ihren Duke
so überstürzt geheiratet hat, wenn die Alternative war, hierzubleiben und
sich von dir in ein frühes Grab bringen zu lassen.“
Während
Charlotte die Tür hinter ihnen beiden schloss, sagte Nicole trotzig: „Was habe
ich denn schon groß Schlimmes gemacht?“
Grimmig
stemmte Charlotte ihre Fäuste in die Hüften. „Zieh den Umhang aus!“
„Ja, schon
gut“, grummelte Nicole und tat, wie ihr geheißen. Da stand sie vor
Charlotte, angetan mit abgetragenen ledernen Reithosen und einem ebenso
betagten Herrenhemd, die beide wohl vor ewigen Jahren ihrem Bruder gehört hatten.
Die Kleidung schmiegte sich an ihren Körper wie eine zweite Haut und brachte
zutage, dass sie, wenn auch erst sechzehn, mehr Frau als Kind war.
Nicole
hatte ihre schwarze Mähne streng im Nacken zusammengefasst, doch gerade diese
Strenge betonte ihre verblüffenden Augen und ihre exquisiten Züge. Kein Mann
im Lande wäre naiv genug, nicht zu bemerken, dass sie eine Frau war, und wenn
einer sie in diesem Aufzug sähe ...
„Ach, du
idiotisches Ding“, sagte Charlotte aufseufzend, „wohin wolltest du dieses
Mal?“
Nicole ging
zum Waschtisch, goss Wasser in die Schüssel und tauchte ihre verletzte Hand
hinein. „Ich hatte nichts Schlimmes
vor“, erklärte sie. „Rafe hatte uns von den bösen Schäden an Rose Cottage
erzählt, und man ließ uns nicht hin. Ich
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