Kasey Michaels
bist. Siehst du? Wir haben nichts zu
befürchten.“
„Wir? Junge Dame! Wage es, dich schlecht
zu betragen, und du wirst mich rascher zu Rafe laufen sehen, als du gucken
kannst! Ohne Rücksicht auf die verfluchten Folgen. Verstanden?“
„Nicht
fluchen“, sagte Lydia sanft und errötete daraufhin. „Entschuldige,
Charlotte, aber wirklich.“
Nicole
achtete nicht auf ihre Schwester. Nachdenklich fragte sie: „Aber warum weichst
du ihm dann aus? Hat er etwas Schlimmes gemacht?“ Eifrig beugte sie sich
über den Tisch. „Hat er versucht, dich zu küssen? Lydia, schau sie an! Sie wird
rot! Er hat's versucht, nicht?“ Begeistert klatschte sie in die Hände.
„Komm, erzähl es uns – alles! In ein paar Monaten werden wir in London Verehrer
abwehren müssen, also erzähl uns alles, bitte. War es grässlich?“
„Captain
Fitzgerald flucht“, sagte Lydia versonnen, ohne ihrer Schwester groß
Beachtung zu schenken. „Zwar entschuldigt er sich immer sehr nett, aber es
rutscht ihm eben hin und wieder heraus, besonders wenn wir über den Krieg
sprechen, versteht ihr? Verdammter Bonaparte ... also, so sagt es Captain
Fitzgerald.“
„Lydia, sei
still“, verlangte Nicole. „Sag, Charlotte, er hat's versucht, ja? Er hat
dich geküsst! Und nun seid ihr euch böse. Warum?“
„Nein wir
sind uns nicht böse. Und Lydia, ganz recht, du solltest nicht fluchen, auch
nicht, wenn du nur Captain Fitzgeralds Worte wiedergibst.
„Tut mir
leid“, murmelte Lydia und legte ihre Arbeitszeug fort. „Ich muss jetzt
gehen. Weißt du, wir lesen heute Shakespeare. Captain Fitzgerald ist so
komisch, wenn er die drei Hexen spricht.“
Nicole
schaute ihrer entschwindenden Schwester hinterher. „Sie bildet sich ein, in
ihn verliebt zu sein“, sagte sie nüchtern. „Albernes Ding. Ich mache mir
wirklich Sorgen, dass ihr das Herz bricht. Mir wird das nie passieren! Liebe ist nur für
diejenigen, denen es nichts macht, hin und wieder Liebeskummer zu haben. Falls
jemandes Herz bricht, wenn ich erst einmal der Star des ton bin, wird es
bestimmt nicht meines sein.“
Ob dieser
Torheit musste Charlotte sich auf die Zunge beißen, um nicht in Lachen
auszubrechen. „Also planst du schon, zur Herzensbrecherin zu werden,
Nicky?“
„Oh
ja“, entgegnete sie ernst. „Siehst du, ich habe Mama beobachtet. Sie
heiratet, weil sie sich verliebt wähnt, und wenn ihr Ehemann sie verlässt,
bricht ihr jedes Mal das Herz.“
„Sie starben alle. Das ist doch nicht verlassen, nicht in dem Sinne, wie du es meinst!
Leute sterben nun einmal, und selten freiwillig.“
„Was meinen
Vater und seine Nachfolger angeht, sehe ich das aber anders. Alle drei fanden
vielleicht, dass sie noch gut davongekommen sind.“
„Au!“
Rafes Stimme hatte sie derart irritiert, dass sie sich an einem Ilexzweig
stach. Den Finger im Mund, wandte sie sich um und warf ihm einen wütenden Blick
zu. „Schleich doch nicht so herum!“
„Verzeihung“,
sagte er, sich verbeugend. „Vielleicht sollte ich einen Herold einstellen, der
mir mit Fanfarenstößen vorangeht. Ich will nicht stören, Charlotte, aber die
Zofe deiner Mutter rennt ganz aufgescheucht durchs Haus und lugt in jeden
Winkel, als hätte sie etwas verloren, und da dachte ich, ich hole dich lieber
... ah, Vorsicht, du kannst doch nicht so losstürzen!“
Charlotte,
von Panik erfasst, schob seine stützenden Hände fort. „Mama! Bestimmt kann
Marie sie nicht finden!“
„Und das
ist eine Katastrophe?“ Rafe schaute verwirrt. „Ja, offensichtlich, so wie
du dreinschaust! Gut, dann suchen wir sie. Nicole? Du schaust oben nach, wir
beide hier unten.“
„Ich muss
mit Marie reden“, sagte Charlotte, während sie, Rafe auf ihren Fersen,
hinausging. „Ich muss wissen, wie lange Mama schon fort ist.“
„Was heißt
fort? Wohin sollte sie schon
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