Kasey Michaels
„Ich bemuttere mich lieber selbst.
Nicht, dass deine Hände nicht sanft wie ein Sommerregen wären ...“
„Unsinn!
Setz dich, Rafe! Hier, auf den Diwan. Und leg die Füße hoch. Überhaupt solltest
du liegen! Und gib mir das Tuch, es liegt nicht richtig.“
„Charlie,
mach nicht solchen Wirbel“, mahnte er, da sie schon das Plaid von der
Sofalehne genommen hatte und drauf und dran war, ihn wie ein kränkelndes
Kleinkind darunterzustopfen. „Mir fehlt nichts, außer dass ich wütend
bin.“
Sie gab auf
– was ihn wunderte –, verschlang die Hände ineinander
und sah ihn besorgt an. „Ich ... was soll ich sagen, Rafe? Warum sollte man dir
etwas antun wollen?“
„Cummings
hat da so eine Idee: Ich habe den Tod meiner Verwandten angezettelt, um in ihre
Fußstapfen treten zu können.“
Aufseufzend
stieß Charlotte hervor: „Oh ... diese Geschichte. Darüber hatte sich der
Kammerdiener deines Onkels ausführlich ausgelassen; nur dachte ich, dass sein
Schwadronieren von dem Ärger herrührte, dass du ihn kaum als deinen Leibdiener
übernehmen würdest.“
„Cummings
meinte, Richard hätte im ,Bull and Grapes' eine geneigte Zuhörerschaft
gefunden. Ein paar Interessierte könnte ich mir schon vorstellen.“
Nach kurzem
Überlegen schüttelte Charlotte den Kopf. „Nein, wenn du die Martin-Brüder
meinst und ihren seltsamen Freund, die leben nicht mehr, sind alle drei im
Krieg gefallen. Und dieser entfernte Verwandte, der George oft am Rock hing,
der hat ein Bein verloren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der dir ewige
Rache geschworen hat.“
„Außerdem
wäre er ein schlechter Kandidat, was den Schuss angeht. Der wird sich kaum in
einem Baumwipfel verbergen können, um mir aufzulauern.“
Sie zog
eine Braue hoch. „Oh, also bestehst du nicht länger darauf, dass es nur der
Fehlschuss eines Wilderers war?“
„Nur ein
bisschen noch. Vielleicht hat wirklich jemand nur auf einen Hasen
gezielt.“
„Auf einen
ziemlich großen Hasen!“, schnaubte Charlotte verächtlich.
„Danke, das
meinte Fitz auch schon. Aber ehrlich, erst seit das mit dem Nagel passiert ist,
kommt mir die Sache mit dem Schuss verdächtig vor. In der Tat hegten an jenem
Tag Fitz und ich sogar ganz kurz den Gedanken, dass man dich gemeint haben
könnte.“
„Mich!“
Charlotte verdrehte angewidert ihre Augen ... diese großen braunen Augen.
„Warum sollte mir jemand etwas tun wollen? Die Leute mögen mich.“
Nun grinste
er. „Und mich nicht, meinst du? Dann ist es für
jemanden, der mich nicht mag, also ganz einleuchtend, meiner Existenz ein Ende
zu setzen. Na, vielen Dank, Miss Seavers!“
„Ach, sei
still!“, sagte sie und sprang auf, obwohl es ihn, Gentleman der er war,
zwang, sich ebenfalls zu erheben. Eingeklemmt zwischen Rafe und dem hinter ihr
stehenden Hocker, trat sie einen Schritt zurück und wäre beinahe gefallen.
„Vorsicht“,
sagte Rafe, fasste sie bei den Armen und zog sie näher zu sich heran.
Sie schaute
auf in seine Augen, zwei Wimpernschläge lang, und Rafe kam es vor, dass die
Temperatur im Raum jäh unerträglich heiß war. Behutsam hob sie die Hand und
strich über die Verletzung an seiner Stirn.
„Was für
eine scheußliche Beule! Geht es dir wirklich gut?“
„Ja,
ja“, entgegnete er, leicht abgelenkt, da sein Blick von ihren vollen
Lippen angezogen wurde. „Diese Vorfälle ... es kann alles auch nur Zufall
sein.“ Und sah nun, wie sie diese hübschen Lippen kurz zusammenpresste.
„Ja,
möglich.“ Sie schluckte schwer. „Obwohl es vielleicht klug wäre, sich ...
sich vorzusehen. Äh,Vorkehrungen zu treffen.“
„Vielleicht.
Ashurst Hall kann sich keinen weiteren toten Duke leisten. Es gibt keinen
Nachfolger mehr.“
„Das ist
nicht lustig.“ Sie versuchte, sich von ihm abzuwenden.
Er könnte
sie
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