Kasey Michaels
er meinte, du hättest ihn in London praktisch mit dem Vorwurf
des Diebstahls konfrontiert. Geriet möglicherweise in Panik und glaubte, wenn
er den Rest des Schmucks verschwinden ließe, könnte er die Tatsache verbergen,
dass die meisten Stücke schon gefälscht waren. Oder sie waren noch im
Originalzustand, und er wollte sich auch die noch sichern, ehe du eintrafst.
Übrigens hätte ich den Schlüssel nicht gebraucht. Jeder mit nur ein bisschen
Geschick hätte diese Tür hinter dem Bild mit ein paar Handgriffen öffnen
können. Ich weiß nicht, wieso dein Vater, oder deine Ahnen überhaupt, sich mit
der Verwahrung nicht mehr Mühe gegeben haben. Aber egal, Harburton hätte dich
mit der Hiobsbotschaft empfangen, dass er diesen Diebstahl aufgedeckt habe. Nur
ging irgendetwas schief.“
„Du meinst,
Thomas nahm sich den Rest des Schmucks, kam aber mit einem Komplizen deswegen
irgendwie über Kreuz? Mit dem, der ihm beim Austausch der Steine geholfen
hatte?“
„Zwar
meinte ich nicht genau das, aber es klingt plausibel, denn eins steht fest,
Selbstmord hat dein Cousin nicht begangen. Manch einer würde allein für das
Prunkstück der Sammlung, ‚Malverns Pracht‘, schon morden.“
„Und wenn
man die Juwelen hat, braucht man sich wegen der Uhr und der Geldbörse nicht
mehr zu bemühen.“
„Meiner
Ansicht nach ein Fehler. Obwohl – ich kann mir nicht erklären, warum dein
Cousin die Saphire nicht dem Rest zuschlug. Irgendeine Sentimentalität?“
„Oder er
ließ den Beutel in der Hast fallen und stopfte ihn dann einfach in seine
Tasche, weil er fürchtete, ein Dienstbote könnte ihn finden. Er war in Eile,
weil sein Komplize schon auf ihn wartete, um sich den Schmuck aushändigen zu
lassen, damit er selbst zurück ins Haus konnte, wo er uns bei unserer Ankunft
die üble Nachricht kundtun würde. So gesehen, würde sein Mörder gar nichts von
den Saphiren gewusst habe.“
„Ja, die
Theorie gefällt mir. Nur werden wir vielleicht jetzt, da der gute alte Thomas
seine letzte Reise angetreten hat, die Wahrheit nie mehr erfahren. Sag, mein
Freund, hast du eigentlich schon mal eine kriminelle Laufbahn ins Auge
gefasst? Mir scheint, deine gewundenen Gedankengänge prädestinieren dich für
eine erfolgreiche Karriere auf dem Gebiet. Wenn etwa sich dein Status als Duke
nicht rechnen sollte ...“
„Ich werd's
überdenken, danke für den Hinweis“, sagte Tanner trocken. „Mir fällt aber
noch etwas ein. Der Dieb hätte die Saphire auch bewusst zurücklassen können, um
Thomas den Diebstahl anzuhängen. Hätte ihm also deshalb nicht die Taschen
geplündert, sondern ihm sogar noch etwas hineingesteckt.“
„Ah, das
gefällt mir, vielleicht sogar noch besser als deine erste Idee. Nur fürchte
ich, wir werden nie genau erfahren, was wirklich geschah. Zurück zu dem Raub!
Der war ein Erfolg. Ein Dieb entdeckt, aber sehr tot, der andere eindeutig im
Besitz beinahe aller Schmuckstücke und Meilen weit weg, vermutlich in einem
Höllenritt auf dem Weg zur Küste. Unbekannt und daher unauffindbar. Oder wirst
du eine Suche anberaumen?“
„Ich werde
jemanden aus der Bow Street kommen lassen“, verkündete Tanner, da er
selbst schon diesen Schluss gezogen hatte. „Natürlich werde ich die
Dienerschaft befragen und unauffällig in der Umgebung Erkundungen einziehen.
Mehr aber nicht. Ich muss Lydia beschützen. Ich kann sie nicht allein lassen,
während ich quer durchs Land ziehe, um ein paar verfluchten Steinen
nachzujagen, die gut und gerne längst schon nur Glas sein könnten.“
„Ja, du
musst an Lydia denken.“
Tanner
schaute seinen Freund an. „Diese Sache kann ihr nichts anhaben, Justin.“
„Sie ist
kostbarer als alle Edelsteine zusammen, das werde ich nie bestreiten. Was
denkst du? Was sind
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