Kasey Michaels
Sprung.
Rafe nickte
zustimmend. „Ihn zu vergessen wäre für Lydia unmöglich, aber sie weiß, was er
ihr gewünscht hat – dass sie auch ohne ihn leben, weitermachen soll. Du hast
ihr gut getan, Tanner.“
„Meinst du?
Es ist kein Geheimnis, dass ich für sie eine ständige Erinnerung an ihren
Verlust bin – oder zumindest anfangs war. Vielleicht nicht mehr ganz so
intensiv, seit ihr zeitweilig auf Ashurst geweilt habt. Ich dächte gern, dass
wir in dieser Saison Freunde wurden. Wie Fitz es wünschte.“
„Und du, in
deiner Ehrenhaftigkeit, fühlst dich natürlich verpflichtet, dein Versprechen an
einen Sterbenden zu halten. Tanner, ich schätze, wie du dich verhalten hast,
noch verhältst. Allein wie sie sich vorkommt, jetzt, da Nicole fort ist, würde
Lydia am liebsten nach Ashurst Hall zu ihrem ruhigen Leben zurückkehren, das
ist mir und Charlotte ziemlich klar.“
„Ich bin
gern in ihrer Gesellschaft.“ Tanner senkte den Blick. „Hin und wieder eine
Ausfahrt oder eine Kunstausstellung, das betrachte ich wirklich nicht gerade
als Last.“ Fragend schaute er Rafe an. „Hat sie Anträge bekommen? Ich
dächte, die Verehrer würden sich bei dir nur so drängeln.“
„Nein, da
irrst du dich. Einer kam. Den habe ich sofort zum Teufel geschickt; hätte ihn
beinahe die Treppe hinuntergeworfen, den Tölpel. Nach einem einzigen Tanz auf
Lady Hartfords Ball hatte der Bursche den Nerv, um sie anzuhalten – oder besser
um ihre Mitgift. Es war nicht leicht für mich, nach dem Krieg heimzukommen,
praktisch in die Herzogwürde hineinzustolpern und mich um die Zwillinge
kümmern zu müssen – die mir zu meiner Schande völlig fremd geworden waren. Gott
sei Dank hat mich Charlie mit ihrem gesunden Menschenverstand sehr
unterstützt.“
„Deine
Gattin ist viel zu gut für dich, aber du hattest ja schon immer ein teuflisches
Glück.“
Rafe
grinste breit. „Sag ihr das bloß nicht, sie bildet sich ein, sie hätte
den großartigen Fang gemacht.“
Tanner
lehnte sich zufrieden zurück. Er war gern hier, genoss seine Besuche hier und
würde Rafe vermissen, wenn die Saison vorbei und sie alle wieder auf dem Land
waren. Möglicherweise würden sie sich – würde er Lydia – dann erst in einem
Jahr wiedersehen.
„Rafe, nur
weil Nicole nicht hier ist, darfst du aber nicht zulassen, dass Lydia sich den
Rest der Saison aus der Gesellschaft zurückzieht.“
„Ich weiß.
Aber Charlie weigert sich entschieden, in ihrem Zustand noch irgendwohin zu gehen.
Frauen ...“, sagte Rafe weich. „Für mich ist sie schöner denn je, doch sie
hat geschworen, keinen Schritt aus dem Haus zu tun, ehe sie nicht ihre Füße
wieder sehen kann. Und da Mrs Buttram zurzeit ihren gichtigen Fuß schont,
bleibt es wohl mir überlassen, Lydia von Zeit zu Zeit auszuführen.“
„Nicht
unbedingt. Meine Cousine ist in der Stadt ...“
„Diese sehr
entfernte Cousine, mit der du dich jeden Augenblick verloben wirst, wenn
Charlie recht hat? Sie kennt immer den neusten Klatsch, obwohl sie nicht
ausgeht.“
Erneut
musterte Tanner ausweichend den Aubusson-Teppich unter seinen Füßen. „Jasmine
Harburton, meine Cousine dritten Grades, ja. Für ihren Vater scheint diese
Heirat eine feststehende Tatsache zu sein, und er ist nicht gerade für seine
Verschwiegenheit bekannt. Gut ein Dutzend Mal hat man mich schon auf dieses
Gerücht angesprochen, und ich hörte, dass ein paar risikofreudige Seelen sogar
Wetten darauf abgeschlossen haben. Angeblich hatte mein Vater auf dem
Sterbebett den Wunsch geäußert, mich mit Jasmine verbunden zu wissen – wohl, um
deren kleines Anwesen mit unserem zu vereinen. Sie käme durchaus infrage, aber
...“
„Aber so
ehrenhaft du auch bist, bist du es doch langsam leid, dass Tote deine Zukunft
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