Kasey Michaels
Sorge um ihre ...“
Er brach
abrupt ab, als ihm die Bedeutung ihres Beinahe-Eingreifens bewusst wurde, und
fuhr stumm für sich fort:... um ihre Liebsten.
„Fitz hat
mich dir gegeben, oder dich mir – manchmal bin ich mir dessen nicht mehr
sicher“, sagte sie so leise, dass er sich vorbeugen musste, um sie zu
verstehen. „Jener Brief, den du mir überbrachtest, der letzte, den er mir
schrieb – wenn er überlebt hätte, hätte er ihn vernichtet. Er wusste, wenn er
fiel, würdest du ihn mir bringen.“ Als sie den Kopf hob, schwammen ihre
ausdrucksvollen blauen Augen in Tränen. „Er rechnete damit, dass er fallen
könnte. Nicht aber du, er schien sich sicher zu sein, dass du überleben
würdest. Findest du das nicht seltsam?“
Also, ein
solches Gespräch mit ihr hatte er sich bestimmt nie vorgestellt. „Wir alle
pflegten letzte Verfügungen zu treffen, haben einem Freund, einem Kameraden
Briefe, Besitztümer in Verwahrung gegeben, falls einen das Schicksal ereilte.
Umgekehrt bewarte Fitz auch mein Testament auf. Aber, ja, Lydia, er rechnete
wirklich mit seinem Tod in dieser letzten Schlacht. Er sprach von Vorahnungen,
und ich lachte ihn aus und sagte, das sei irischer Aberglaube, doch er glaubte
es ganz fest. Ich konnte es ihm nicht ausreden.“
„Erzähl
mir, was er sagte, bitte, erzähl mir alles.“ Eine einzelne Träne rann ihr
über die Wange.
„Du musst
dir das nicht antun, Lydia.“
„Ach,
Tanner, bitte, erzähl es mir.“
Sollte er
Fitz' tiefinnerste Ängste vor ihr enthüllen? Wie konnte sie verstehen, was
einem durch den Kopf ging, wenn man nur wartete, wartete, dass endlich die
Trommel schlug, die Hörner tönten, die unausweichlich zu den Waffen riefen. In
dieser sich endlos dehnenden Zeit vor der Schlacht konnte der Geist einem böse
Streiche spielen.
„Gut
denn“, sagte Tanner endlich. „Fitz hatte mir erzählt, dass er während all
der Jahre, die er mit Rafe zusammen diente, kein einziges Mal ans Sterben
dachte, zumindest nicht ernstlich. Das war auch jedem klar, der ihn einmal
kämpfen gesehen hatte. Fitz fegte über das Schlachtfeld wie ein Irrwisch; er
hätte den Teufel selbst herausgefordert. Erst als er so viel zu verlieren hatte
– dich nämlich, Lydia – wurde er sich seiner Sterblichkeit bewusst, und das
machte ihm eine Höllenangst. Du hast ihm alles bedeutet.“
Einen
Moment schwieg er, suchte nach den passenden Worten. „Er glaubte einfach
nicht, er könnte derart gesegnet sein, und war überzeugt, irgendwie würde das,
Schicksal ihm ein solches Glück versagen.“
Lydia
nickte und wischte sich über die feuchten Wangen. „Also ist es genau, wie ich
es mir gedacht habe. Es ist ... beinahe, als ... als könnte er noch leben,
wenn er mich nie getroffen hätte.“
„Herrgott“,
flüsterte Tanner. „Wie lange trägst du schon die Vorstellung mit dir herum, an
seinem Tod schuld zu sein?“
Als gäbe es
nichts Wichtigeres als das Kaminfeuer, starrte sie in die Flammen, eine Hand
auf ihren Mund gepresst. So saß sie eine ganze Weile. Sie musste sich sammeln.
Tanner
hielt den Atem an.
„Ich weiß
es nicht“, erklärte sie endlich und wandte ihm wieder den Blick zu.
„Monatelang wahrscheinlich, bis ich fand, es wäre leichter für mich, einfach
wütend auf ihn zu sein, weil er in den Kampf zog in dem sicheren Bewusstsein,
dass er nicht zurückkommen würde. Aber ... es tat trotzdem weh.“ Mit bebenden
Fingern wischte sie sich abermals über die Wangen. Ihre Stimme brach fast. „Es
tat so weh. Liebe ... Liebe bedeutet auch so viel Verantwortung. Ich weiß
nicht, wie man damit leben kann ...“
Als sie
wieder in Schweigen versank, wusste Tanner, was er tun musste. Er ging zu ihr,
umfing sie zärtlich, führte sie zu seinem Sessel und zog sie mit sich auf den
Sitz hinunter. Sie brauchten einander jetzt, brauchten
Weitere Kostenlose Bücher