Kasey Michaels
kommen würdest. Aber du wirst
mich nicht um Entschuldigung bitten, weil du mich geküsst hast, nein? Das
möchte ich nämlich nicht.“
Er
schlüpfte ins Zimmer und schloss leise die Tür. „Das ist gut, Lydia, denn ich
will mich gar nicht entschuldigen. Zugeben will ich, dass Justins Auftauchen
wahrscheinlich ganz gut war. Ich hatte dich doch nicht erschreckt, nein? Ah,
warte“, fügte er hinzu, ein wenig aufgeregt; dabei war er nie aufgeregt. Wenn
Justin ihn so sähe, würde er sich vor Lachen nicht halten können. „Sollte ich
nicht die Tür einen Spalt offenstehen lassen?“
Ihr Lächeln
war beinahe nachsichtig. „Nein. Im Notfall kann ich immer noch um Hilfe
schreien.“
Sie stand
mitten im Raum, und der Feuerschein umspielte ihr Haar, sodass sie eher einer
engelhaften Erscheinung glich als einer Frau aus Fleisch und Blut. Ihr Anblick
machte ihn beinahe trunken von Empfindungen, wie er sie bisher nie gekannt
hatte.
Hatte er
überhaupt gelebt, ehe sie in sein Leben getreten war? Er hatte funktioniert.
Ein guter Sohn, guter Freund, guter Offizier. Vernünftig, konventionell,
zuverlässig. Ehrenhaft. Immer hatte er getan, was man von ihm erwartete.
Nun aber
verlangte er etwas. Und das war Lydia Daughtry, er wollte sie um sich haben,
ihm nahe, für immer und alle Tage.
„Flynn ist
nicht mehr hier im Dorf“, hörte er sich sagen, als Lydia sich in einem der
schäbigen Ledersessel neben dem Kamin niederließ. „Wahrscheinlich hat er damit
gerechnet, dass ich nach ihm suche, und ist lieber verschwunden.“
„Was wohl
recht klug von ihm war. Du sahst wirklich aus, als würdest du ihn mit der
Reitpeitsche prügeln wollen. Gewalt ist keine Lösung, Tanner. Hatten wir uns nicht
schon darauf geeinigt, als wir das Gespräch über Krieg führten?“
Tanner wies
mit einer fragenden Geste zu dem zweiten Sessel, und als Lydia zustimmend
nickte, setzte er sich. „Der Mann war im Unrecht. Er hat Fitz nicht einmal
gekannt!“
„Ja, ich
weiß. Im Vierten Regiment gab es so viele Iren – Fitzgerald, Fitzpatrick,
Fitzsimmons – und bestimmt die Hälfte wurde einfach Fitz gerufen. Captain Flynn
hat sich geirrt.“
„Trotzdem
muss es dich gekränkt haben, das zu hören.“
Lydia
spielte mit den Bändern, die ihr Gewand zusammenhielten. „Nur ganz kurz. Dann
hat mich viel mehr erschreckt, dass du mit dem Captain vor die Tür gehen
wolltest. Du ... du hättest Schaden nehmen können. Für nichts und wieder
nichts. Denn wenn ich eines weiß, Tanner, dann, dass Fitz mich geliebt
hat.“
„Du hast
dich um mich gesorgt?“ Tanner unterdrückte ein Lächeln. „Darum hast du
dich eingemischt?“
Ihr stieg
eine entzückende Röte in die Wangen. „Nun wirst du sagen, dass das dumm war.
Aber du hast immer noch das Pflaster auf deiner Wange, und es wäre sicher sehr
schmerzhaft, wenn die Wunde wieder aufplatzte.“
„Wahr, aber
Justin hatte sich ja schon erboten, den Kerl für mich zu verprügeln.“
„Ja, ich
weiß. Ihr beiden seid herumstolziert wie der Hahn im Hühnerhof, und Captain
Flynn, der sowieso mit nur einem gesunden Auge im Nachteil war, stand allein
gegen euch zwei. Und das meinetwegen. Das konnte nicht gut ausgehen. Ich wollte
mich nicht einmischen, aber ihr ließet mir keine Wahl.“
Ratlos
fragte Tanner: „Also bist du böse auf mich?“
Aufseufzend
schüttelte sie den Kopf. „Nein, auf mich, denn wenn Captain Flynn auch nur
einen Schritt auf dich zu getan hätte, wäre ich, ohne zu zögern, hergegangen
und hätte ihm mit einer von Justins dummen silbernen Servierplatten eins auf
den Schädel gegeben.“
„Also
wirklich.“ Tanner musste sich sehr zusammennehmen, um nicht laut
herauszulachen. „Entschuldige, aber du behauptest doch, dass nur Männer so
dumm sind, für den Ruhm eines anderen Kriege auszufechten, und dass Frauen nur
kämpfen, aus
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