Kassandra Verschwörung
verdächtig daran, wenn sich zwei Menschen mittags in einem Pub in Covent Garden auf einen Drink trafen, einem zum Bersten vollen Pub, in dem andere Leute genau das Gleiche taten? Die Antwort: nichts. Was war verdächtig daran, wenn sich zwei Menschen heimlich in einem abgeschlossenen Raum oder auf einem brachliegenden Grundstück trafen? Die Antwort: alles.
Deshalb hatte er es so eingefädelt, dass sie sich in Covent Garden trafen, direkt am U-Bahn-Eingang James Street. Und deshalb führte er sie direkt ins Herz von Covent Garden selbst, vorbei an der Piazza mit den Jongleuren und Musikern, vorbei an den Ständen und Buden voller Glitzerklamotten und Schmuck und eine Treppe hinunter in ein Weinbistro. Doch als er vorschlug, sich an einem der im Freien stehenden Tische niederzulassen, erhob die Hexe schließlich doch den Einwand, dass sich von der über ihnen befindlichen Ebene jeder über das Geländer beugen und sie genauso beobachten könne wie all die anderen an den Tischen sitzenden Leute.
»Draußen würde ich mich fühlen wie ein Tier im Zoo«, fauchte sie ihn an.
»Und welches Tier wären Sie gern?«, fragte der Holländer trocken.
Sie überlegte kurz und musste an Jack Blishen denken, gab jedoch keine Antwort. Der Holländer tätschelte ihr den Rücken, als er sie in das Bistro führte. Sie fanden einen Tisch in einer ruhigen Ecke.
»Was möchten Sie trinken?«, fragte er sie und rechnete damit, dass sie Orangensaft oder Mineralwasser bestellen würde oder …
»Chablis oder Meursault, eiskalt.«
»Gerne«, entgegnete er. »Nur ein Glas, oder soll ich eine Flasche bestellen?«
»Trinken Sie auch mit?«
»Warum nicht, klingt gut.«
»Dann bestellen Sie besser eine Flasche.«
Der Holländer ging zur Theke. »Ja bitte, der Herr?«, fragte der Barkeeper.
»Eine Flasche Chablis, bitte. Eisgekühlt.«
»Selbstverständlich, der Herr.« Der Barkeeper starrte ihn an, als ob er sich durch den Zusatz »eisgekühlt« irgendwie brüskiert fühlte. Der Holländer nahm einen Zwanzig-Pfund-Schein aus seinem Portemonnaie. Er war in einer nervös-aufgeregten Stimmung. Er kannte dieses Gefühl nur zu gut, und er liebte es. Wenn alles vorbei, eine Operation erfolgreich verlaufen war, verstärkte sich dieses Gefühl noch. Bisher war auch diese Operation erfolgreich verlaufen, doch ab jetzt hatte er den Fortgang nicht mehr in der Hand, jedenfalls so gut wie nicht. Die anfängliche Planung, die unterschiedlichen und zahlreichen Instruktionen, die bis auf eine alle per Post ergangen waren, das Zusammentragen erforderlicher und nicht erforderlicher Einzelheiten, die Kontaktaufnahme mit Crane... Ah, die Kontaktaufnahme mit Crane. Das war wirklich ein Volltreffer gewesen, beinahe so, als hätte das Schicksal selbst es gut mit ihm gemeint. Er hatte die Anzeige in einer Zeitung entdeckt, in der die Kassandra Christa zum Verkauf angeboten worden war. Er hatte ein paar Erkundigungen über den Schiffseigner eingezogen und gewusst, dass in Crane der perfekte Idiot vor ihm stand. Dies waren seine Erfolge, und das war es, wofür er bezahlt wurde. Wer ihn eigentlich bezahlte, wusste nicht einmal er . Alles anonym. Wie sagten die Briten? Keine Namen, keine Bestrafung.
»Bitte sehr, der Herr.«
»Danke.« Er reichte dem Barkeeper den Geldschein und prüfte, als dieser ihm den Rücken zuwandte, mit der Handfläche die Flasche. Sie war kalt. Er fuhr mit einem Finger über die Kondenswassertropfen die Flasche hinunter.
»Ihr Wechselgeld, Sir. Wie viele Gläser hätten Sie gern?«
Der Holländer nahm das Geld entgegen. »Zwei, bitte«, antwortete er. In diesem Moment kam der Kellner herein, der für die Tische draußen zuständig war. Er stützte sich mit den Ellbogen auf die Theke, als ob er völlig erschöpft wäre.
»Ich bin gleich bei dir, Terry«, sagte der Barkeeper und griff in das Regal über ihm nach zwei langstieligen Gläsern.
»Hektik?«, fragte der Holländer den Kellner.
»Wie immer«, erwiderte dieser.
»Bitte sehr, der Herr, zwei Gläser.«
»Vielen Dank.«
Der Holländer zog mit seiner Flasche und den Gläsern ab. Als er um die Ecke einer steinernen Wand verschwunden war, wandten der Barkeeper und der Kellner ihre gebannten Blicke von ihm ab und sahen einander an.
»Er sieht aus, als wäre er es«, stellte der Barkeeper fest.
Der Kellner nickte. »Ausländer ist er auch, genau wie Charlie gesagt hat.«
Der Barkeeper holte ein Telefon unter der Theke hervor, nahm den Hörer ab, zog einen Zettel aus seiner
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