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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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jungen Mann, der in seiner Begleitung gekommen war. Imish runzelte die Stirn. »Dieser junge, hochnäsige Kerl ist der zweite Haken meiner Stellung. Ein Dorn in meinem Fleisch.«
    »Wer ist er?«
    »Mein Sekretär, Untergebener, Dienstbote und Sündenbock. Er trägt den Titel Vizekanzler, und sein Job ähnelt noch mehr einer Sinekure, als das schon bei meinem der Fall ist.« Imish musterte seinen Assistenten mit einem Blick, der seine Abscheu deutlich machte. »Doch Rolf beharrt auf der Illusion, sich für unentbehrlich zu halten.« Er zuckte mit den Achseln. »Wo wetteifern Sie um Steigung, Waylock?«
    »Ich arbeite beim Aktuarius.«
    »Ach, tatsächlich?« Imish war interessiert. »Eine faszinierende Institution. Vielleicht mache ich dort an einem der nächsten Tage einen Inspektionsrundgang.«
    Die Musik verklang, und das Publikum spendete begeisterten Beifall. McClachern versuchte seine Freude darüber zu verbergen, indem er mißmutig den Kopf schüttelte und so seine Unzufriedenheit mit dem eigenen Werk kundzutun trachtete. Die allgemeine Konversation belebte sich wieder.
    Gegen Mitternacht verabschiedeten sich die ersten Gäste. Waylock verhielt sich zurückhaltend, nahm auf einem Sofa Platz und war dann schließlich mit Der Jacynth allein.
     
4
     
    Die Jacynth setzte sich zu ihm, legte den Arm auf die Rückenlehne und wandte ihm die übereinandergeschlagenen Beine zu.
    Sie musterte Waylock mit einem belustigten Gesichtsausdruck. »Also los … Sie wollten sich bei mir beschweren oder mich bitten, erinnern Sie sich?«
    »Ich frage mich, ob ich dadurch etwas erreichen würde.«
    »Ich glaube es kaum.«
    »Warum sind Sie so unnachgiebig?«
    Mit einem jähen Ruck veränderte Die Jacynth ihre Sitzposition. »Sie haben nie das gesehen, was ich gesehen habe – oder Sie könnten nachempfinden, was in mir vorgeht.« Sie warf ihm einen raschen Seitenblick zu, als müsse sie ein bestimmtes Bild vor ihren inneren Augen auf diese Weise bestätigen. »Manchmal ist mir, als kehrte ich nach Tonpengh in Gondwana zurück. An jedem Tag wird an der Großen Stupa ein weißloderndes Feuer entzündet, und die Priester tanzen darum herum. Jeden Tag kommt es dort zu einem schauerlichen Akt …« Sie erblaßte, als die Erinnerung auf sie einstürmte.
    »Aha«, bemerkte Waylock. »Das erklärt vielleicht den Eifer, mit dem Sie mir nachstellen.«
    »Wenn es Dämonen und Teufel gibt«, flüsterte Die Jacynth, »dann sind sie alle in Tonpengh versammelt …« Sie sah Waylock durchdringend an. »… bis auf eine Ausnahme.«
    Waylock entschloß sich dazu, die persönliche Anspielung zu ignorieren. »Sie übertreiben das Böse dieser Leute. Sie beurteilen und verdammen sie zu streng. Denken Sie daran, daß sie in einem anderen kulturellen Milieu leben als dem unseren. Sie vollziehen anstößige Opferungen – aber die Geschichte der Menschheit ist eine einzige Wiederholung solcher Grausamkeiten. Wir sind das Produkt einer Evolution, Nachkommen von räuberischen Nomaden. Sieht man einmal von einigen synthetischen Lebensmitteln ab, dann stammt jeder Bissen, den ein Mensch zu sich nimmt, von einem anderen lebenden Geschöpf. Unsere Gene sind auf Mord programmiert; wir töten, um zu leben!«
    Die Jacynth wurde kalkweiß, als sie diese entsetzlichen Worte vernahm, aber Waylock achtete nicht darauf. »Wir weisen keine instinktive Abneigung gegenüber diesen Dingen auf – das ist nur ein Produkt unserer Gesellschaft.«
    »Genau!« rief Die Jacynth. »Begreifen Sie nicht, daß eben das die elementare Funktion der Enklave ist? Wir müssen uns weiterentwickeln, perfektionieren. Wann auch immer wir ein Ungeheuer tolerierten, es wäre eine Versündigung an den Kindern von morgen.«
    »Und Sie haben mich als einen derjenigen auserkoren, von dem die menschliche Rasse befreit werden muß.«
    Sie warf ihm einen brennenden Blick zu, antwortete aber nicht.
    »Was ist mit den Schicksalsverrückten?« fragte Waylock nach einem Augenblick. »Was ist mit Dem Abel Mandeville? Er hat nicht nur Die Anastasia entleibt, sondern sich selbst obendrein.«
    »Wenn es nach mir ginge«, stieß sie zwischen zusammengepreßten Zähnen hervor, »würde jedes Ungeheuer – ganz gleich, welcher Einstufungsphyle es angehörte – mit Stumpf und Stil ausgelöscht.«
    »Das liegt aber nicht innerhalb Ihrer Möglichkeiten. Warum lassen Sie mich also nicht in Ruhe?«
    Sie beugte sich zu ihm vor und schien plötzlich ganz versessen darauf zu sein, ihren Standpunkt deutlich zu

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