Kastell der Wölfe
daransetzen, um Mrs. May nicht zu enttäuschen...
***
Es war eine verdammte Mühe für Frank, dem Schäfer, gewesen, aber er hatte sich ihr unterzogen, denn er konnte seine toten Hunde nicht einfach im Gelände offen liegen lassen. Zum Tierarzt wollte er sie auch nicht schaffen, und so hatte er sich dazu entschlossen, ein Grab auszuheben, in dem er die Körper beerdigte.
Bei der Hitze war es eine verdammt harte und schweißtreibende Arbeit gewesen. Er hatte noch zwei alte Decken gefunden, mit denen er die toten Körper verhüllte.
Die Wölfe hatten wirklich ganze Arbeit geleistet und mit gezielten Bissen die Kehlen seiner Hunde zerfetzt. Blut strömte schon lange nicht mehr hervor.
Als man ihm bei Antritt seines Jobs geraten hatte, sich doch ein Gewehr zuzulegen, hatte er nur gelacht. Frank war ein Mensch, der Waffen hasste. Er liebte die Natur und deren Frieden. Für ihn gab es keine Feinde unter den Tieren. Dass das so nicht mehr stimmte, hatte er jetzt erleben müssen. Nun trug er die Folgen.
Das Grab war groß genug, um beide Körper fassen zu können. Ein paar Tränen vergoss er schon, denn auf die Hunde hatte er sich immer hundertprozentig verlassen können. Sie waren ihm ans Herz gewachsen. Sie hatten auch auf ihn gehört, und als er jetzt das Grab wieder zuschaufelte und der Erde nachschaute, die auf die Körper prasselte, da dachte er daran, dass es tatsächlich Wölfe waren, die sich in diesem Gebiet aufhielten. Aber das war doch normalerweise gar nicht möglich!
Warum taten sie das jetzt? Was war der Auslöser dafür gewesen. Dass es einen geben musste, lag auf der Hand. Noch nie hatte er diese Tiere hier gesehen. Plötzlich aber waren sie da und setzten sofort ihre grausamen Zeichen.
Er schleuderte die letzten Reste der Erde von der Schaufel. Von den Hunden war nicht mehr zu erkennen, und als er sich umschaute, da sah er seine Schafe in der Nähe stehen. Sie alle waren nahe herangekommen und drängten sich praktisch um ihn. Vierbeinige Beerdigungsgäste, die ebenfalls um die toten Hunde trauerten.
Der Schäfer stellte die Schaufel weg. Er stach sie neben seinem Wagen in den Boden. Es war mehr eine Karre, die von ihm gezogen wurde. Auf ihr transportierte er all die Dinge, die er für ein Leben in der freien Natur brauchte. Da lag eine Plane, die in ein Zelt verwandelt werden konnte. Es gab Werkzeug und wetterfeste Kleidung als Schutz gegen Regen, und etwas Proviant befand sich dort auch noch. Verbandszeug, etwas zum Desinfizieren von Wunden... Doch mehr benötigte er nicht, denn er blieb mit seiner Herde stets in Sichtweite der umliegenden Ortschaften.
Das traurige Werk war getan, und im Magen des Schäfers lag ein dicker Kloß. Zu bestimmten Gelegenheiten brauchte man einen Schnaps. So lag auch eine Flasche Gin in seinem Gepäck. Er holte sie hervor, und wenig später gluckerte die Flüssigkeit mit dem Wacholdergeschmack in seine Kehle.
Er gönnte sich noch einen zweiten Schluck, um sich danach eine Pfeife zu stopfen. Die brauchte er, wenn er in Ruhe nachdenken wollte. Genau das würde er jetzt tun, das musste er sogar tun, denn der Schäfer ging davon aus, dass es zu Veränderungen kommen würde, die auch an ihm nicht Vorbeigehen würden.
Er setzte sich auf den Rand des Karrens und produzierte die ersten Wolken, die sich sehr bald auflösten. Die Schafe standen noch immer in seiner Nähe. Sie schauten ihn aus ihren weichen Augen an, als wollten sie ihm klar machen, dass er auf ihre Hilfe setzen konnte.
Das würde nicht geschehen. Im Gegenteil. Er musste Angst um seine Schafe haben. Die Wölfe hatten sich bisher nur um die Hunde gekümmert, aber sie würden auch Schafe reißen.
Frank konnte sich nicht vorstellen, dass die Wölfe erst an diesem Tag oder in der vergangenen Nacht erschienen waren. Sie hatten sicherlich schon zuvor die Gegend unsicher gemacht, aber er hatte sie nie zu Gesicht bekommen. Und er hatte auch kein Schaf verloren.
Darüber wunderte er sich. Das entsprach so ganz und gar nicht dem Verhalten der Wölfe. Oder, was auch sein konnte, sie hatten sich ihre Beute woanders geholt.
Mit dem Gedanken fand er sich eher ab. Mit der Spitze des Zeigefingers stopfte er Tabak nach. Er verbrannte sich dabei nicht die Haut, denn sie hatte bereits Schwielen bekommen, und blickte übers Land. Dabei überlegte er, ob er seine Herde in Sicherheit bringen sollte oder nicht. Das geschah normalerweise erst vor Einbruch des Winters. Da kamen die Schafe in die Ställe, aber besondere Vorgänge
Weitere Kostenlose Bücher