Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
wie seine Westentasche – er vermied die großen Verkehrsadern und bahnte sich den Weg in die Innenstadt durch Nebenstraßen.
Am Flughafen kaufte er sich ein anderes Brillengestell, außerdem war er dabei, sich einen Dreitagebart wachsen zu lassen. Seinen eleganten Kleidungsstil legte er ab und wählte stattdessen Jeans und eine einfache Stoffjacke. Über Geld brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Sein Girokonto, das unter falschem Namen lief, war prall gefüllt und konnte ihm noch jahrelang ein sorgenfreies Leben bieten. Hugo überlegte, wo er die nächsten Nächte unterkommen sollte. Dimitris Wohnung war eine Alternative, aber er konnte nicht ausschließen, dass die Bullen irgendwie an die Adresse gekommen waren, auch wenn ihm das unwahrscheinlich vorkam. Eine andere Möglichkeit war, in einem großen Hotel einzuchecken. Mit seinen gefälschten Papieren würde er nicht auffallen, aber sein Foto flimmerte noch immer über alle Fernsehkanäle und es zierte die Titelseiten der Boulevardblätter. Aber es gab noch eine dritte Möglichkeit. Hugo entschied sich für die kleine aber gut ausgestattete Hütte im Südosten der Stadt, die als Zwischenlager diente, als sie dazu übergegangen waren, das Frischfleisch, wie es der Jäger nannte, nicht mehr in Belgien, sondern in Osteuropa zu besorgen. Lange würde er ohnehin nicht mehr in Brüssel bleiben – er rechnete damit, sein Geschäft schnell zu erledigen.
Van den Berg orderte personelle Verstärkung und befahl, jeden Winkel der riesigen Villa auf den Kopf zu stellen. Er wandte sich an den Butler: „Wir gehen davon aus, dass in diesem Haus über einen längeren Zeitraum Mädchen gefangen gehalten wurden – haben sie etwas davon bemerkt?“ Der kleine dünne Mann blickte den Kommissar ratlos an. „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen – das wäre mir sicher aufgefallen.“
Philip De Wilde kam mit zwei Kollegen in die Villa – er nickte van den Berg und Deflandre zu, ohne die Miene zu verziehen. „Mir wäre lieber, er würde im Präsidium Stallwache schieben“, raunte der Kommissar genervt. Es war klar, dass sie mit dem Butler nicht weiterkamen. „Ich frage mich, was er mit den Mädchen gemacht hat“, meinte Nicole nachdenklich. „Bist du sicher, dass noch mehr im Spiel sind?“ „Absolut, denke doch an die Tätowierungen – die Zahlen sind nicht fortlaufend, es fehlen ein paar Ziffern dazwischen.“ „Die toten Mädchen trugen die 1, 2, 4,5,7 und die 8. Wenn die Nummerierung eine systematische Reihenfolge ergibt, dann fehlen mindestens noch zwei Mädchen – die 3 und die 6“, folgerte van den Berg. „Vielleicht liegen wir auch komplett daneben und die Zahlen haben eine ganz andere Bedeutung, aber meine Logik sagt mir, dass er sie durchnummeriert hat.“ „Der Täter arbeitet nach einem exakten System, es ist immer das Hauptportal einer Kirche, die Nachthemden und das Gift. Das ist eine gewisse Ordnung, die er einhält, fortlaufende Nummern passen perfekt dazu. Was mich am meisten beschäftigt: Wo enden diese Zahlen?“
Der Kommissar schaute Nicole auf die Brüste. Jetzt wurde ihm endgültig klar, dass er die Psychologin begehrte.
Paul Renquin und Frank De Gruye waren noch immer dabei, mit ihren Teams jeden Winkel des riesigen Anwesens abzuklopfen. De Gruye suchte im Keller nach brauchbaren Spuren. Ihm fiel auf, dass die Räumlichkeiten im Vergleich zu den oberen Stockwerken extrem bescheiden ausfielen. „Auf Lagerflächen scheint der Planer hier nicht viel Wert gelegt zu haben“, meinte er nachdenklich zu seinen Kollegen. Er rief Renquin an, der in der ersten Etage herumschnüffelte. „Du hast recht, irgendwas stimmt hier nicht. Das Haus hat mit Sicherheit hundert Jahre auf dem Buckel. In den oberen Etagen ist offensichtlich alles noch im Originalzustand – aber hier unten ist einiges verändert worden.“ Renquin deutete auf die Betonwände, die ganz offensichtlich erst vor ein paar Jahren gezogen worden waren. „Ich habe noch etwas gefunden, was mir spanisch vorkommt – diese Heiz – und Belüftungsanlage hier.“
Renquin schaute sich die Konstruktion an, die versteckt hinter einer neuen Kunststoffverkleidung lag. „Die Leitungen und die Rohre führen nach unten.“ Philip De Wilde stand urplötzlich neben den Ermittlern und begutachtete interessiert, was seine Kollegen entdeckt hatten. „Interessant“, kommentierte er knapp und verließ eilig den Keller. Etwas später sahen sich van den Berg und Deflandre die Anlage
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