Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
rechts, aber von Tobias war weit und breit nichts mehr zu sehen. »Wenn er ein wenig Zeit für mich hat …«
»Kommen Sie, wir fragen ihn!«, sagte Bruder Dietmar.
Während sie sich dem Mönch näherten, der vor einem der Beete kniete und Unkraut zupfte, hechtete Kater Brown im Zickzack durch den Kräutergarten, um einen Schmetterling zu jagen, der ihm aber immer wieder entwischte.
»Bruder Johannes!«, rief Bruder Dietmar, als sie nur noch ein paar Meter von ihm entfernt waren. »Hier ist Besuch für dich.«
Der Angesprochene erhob sich, drehte sich um und kniff die Augen gegen die bereits etwas tiefer stehende Sonne zusammen. Bruder Dietmar zog sich zurück.
Alexandra stockte einen Moment der Atem, als sie Bruder Johannes sah. Zu dem grauen Haarkranz trug der schmale, ältere Mann einen kurz geschnittenen, sehr gepflegten grauen Bart. Die vollen, dunklen Augenbrauen bildeten einen interessanten Kontrast dazu. Als der Mönch Alexandra freundlich anlächelte, erschienen feine Fältchen in seinen Augenwinkeln. Alexandra blinzelte. Im ersten Moment war es ihr so vorgekommen, als stünde sie Sean Connery in seiner Rolle als William von Baskerville in Der Name der Rose gegenüber. Die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Männern wurde zusätzlich unterstrichen durch die Kutte, die Bruder Johannes wie alle seine Mitbrüder trug.
»Sie müssen Frau Berger sein«, sagte der Mönch. Seine Stimme klang dunkel und ein wenig rau. Alexandra nickte und reichte ihm die Hand. »Ihr Kollege, Herr Rombach, hat Sie mir bereits beschrieben«, fügte Bruder Johannes erklärend hinzu.
Alexandra wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie diese Beschreibung ausgefallen war, denn sie kannte Männer von Tobias Rombachs Schlag und deren Vokabular, wenn es darum ging, eine Frau zu beschreiben. Hoffentlich hatte Tobias sich diesmal, angesichts seines geistlichen Gesprächspartners, zurückgehalten.
»Aber keine Angst«, fuhr Bruder Johannes fort, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Er hat nur davon gesprochen, dass Sie schöne blonde Haare haben. Leider haben Sie ihn verpasst«, ergänzte er und deutete vage in Richtung des Eingangs.
»Oh, zu schade«, erwiderte sie ungewollt in einem spöttischen Tonfall, der den Mönch aufhorchen ließ.
»Sie beide verstehen sich nicht gut?«
Alexandra bekam vor Verlegenheit einen roten Kopf. Das Letzte, was sie wollte, war, unbeteiligte Dritte in ihren Dauerstreit mit Tobias hineinzuziehen.
»Das ist doch nur natürlich«, versicherte der Mönch ihr. »Wir sind zwar alle Gottes Kinder, aber wir müssen nicht immer alle miteinander auskommen.«
Sie zog die Brauen hoch. »Tatsächlich? Ich dachte, die Kirche predigt stets Frieden und Brüderlichkeit«, rutschte es ihr heraus, woraufhin sie verärgert über sich selbst die Augen verdrehte. Wie konnte sie nur so reden?
Bruder Johannes lächelte sie milde an. »Machen Sie sich deshalb keine Vorwürfe! Wir in unserem Kloster sehen die Welt so, wie sie ist. Wir sind Realisten und im steten Kontakt zu den Menschen. Es kann nun mal nicht jeder mit jedem gut auskommen. Die Welt wäre unerträglich, wenn das der Fall wäre. Sie wäre … so eintönig. Alle würden das Gleiche denken, jeder würde dem anderen recht geben und ihm Komplimente machen, weil er so einen guten Geschmack hat – nämlich den gleichen wie alle anderen.«
Alexandra fehlten sekundenlang die Worte.
»Kommen Sie, lassen Sie uns ein Stück in diese Richtung spazieren!« Der Mönch deutete auf die momentan ungenutzten Wirtschaftsgebäude. »Dahinter stehen ein paar Bänke, da können wir uns hinsetzen und uns unterhalten.«
Sie nahmen im Sonnenschein auf einer alten Holzbank Platz, die einen neuen Anstrich dringend nötig hatte. Kaum hatte Alexandra darauf Platz genommen, sprang Kater Brown auch schon auf ihren Schoß, um mit den Vorderpfoten ihre Oberschenkel durchzukneten.
»Hey, was gibt denn das?«, protestierte sie verdutzt. »Ich bin doch kein Kissen, das man durchwalkt, bevor man es sich gemütlich macht!«
Kater Brown miaute zweimal energisch. In Alexandras Ohren klang das wie ein Widerwort, doch dann rollte er sich auf ihrem Schoß zusammen und schloss die Augen. Als er Alexandras streichelnde Hände auf seinem Rücken spürte, fing er sogleich zu schnurren an.
»Also, was möchten Sie von mir wissen, Frau Berger?«, erkundigte sich Bruder Johannes.
Sie fasste kurz zusammen, was sie bereits von Bruder Dietmar erfahren hatte, und Bruder Johannes betonte, dass es ihr
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