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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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unruhig durchs Haus – wie immer spürte er genau, dass etwas Besonderes anstand. Wenn er nicht gerade auf seinen schokoladenbraunen Beinen herumstakste, hockte er am Wohnzimmerfenster und suchte die dunkle Straße mit seinem Blick ab. Vielleicht finden Wissenschaftler eines Tages heraus, woher Tiere wissen, wann einer ihrer menschlichen Hausgenossen heimkommt. Hat es mit der Kraft der Liebe zu tun oder einem eigenen Sinnesorgan, mit dem sie feinste Energieschwankungen aufnehmen können – oder einer Kombination aus beidem?
    Er miaute mehrmals laut. Ich trat zu ihm ans Fenster und gemeinsam sahen wir zu, wie die leuchtenden, katzenaugengleichen Scheinwerfer eines Taxis größer wurden. Noch bevor das Taxi hielt, flitzte Jonah zur Haustür und reckte sich zur Türklinke.
    Lydia nahm ihn auf den Arm, öffnete die Tür und wir gingen hinaus, um Philip willkommen zu heißen. Jonah wusste sich vor Freude nicht zu lassen. Er schnurrte laut wie ein Hubschrauber und vergrub sein Gesicht in Philips Hand. Wollüstig maunzte er, als ihm gleichzeitig die Ohren nach hinten gestrichen, das Kinn gekitzelt und die Nase gerieben wurden.
    Jetzt, wo unser Alphatier wieder zu Hause war, würde alles gut werden, davon war ich überzeugt. Der hellste Stern an Jonahs Himmel war zurück und er konnte sich wieder auf seine Rolle als Betamännchen konzentrieren. Dennoch ließen wir ihn in dieser Nacht sicherheitshalber noch einmal in der Waschküche schlafen.
    Am nächsten Morgen kehrten wir zu der Alltagsroutine zurück, die unser Kater so sehr schätzte. Jonah platzte mit der Angelrute zwischen den Zähnen ins Schlafzimmer und Philip stand auf, um Tee zu kochen. Schnell hüpfte Jonah auf Philips Kissen und wartete darauf, dass das Spiel begann.
    Aber es war Samstag und Philip hatte es nicht eilig, ins Büro zu kommen. Abgesehen davon litt er unter dem Jetlag. Nur damit Jonah sich auf seinem Platz breitmachen konnte, wollte sich Philip nicht aus dem Bett vertreiben lassen und auf einem Sessel daneben frühstücken. Er schob Jonah also sanft zur Seite und legte sich wieder neben mich.
    Jonah miaute beleidigt, wie er es immer machte, wenn er sich zurückgesetzt fühlte, und sprang auf den Boden.
    »Keine Sorge«, sagte ich. »Er wird sich bald daran gewöhnt haben, dass du wieder zurück bist.«
    Jonah fixierte Philip mit einem stählernen Blick, reckte den Schwanz in die Höhe und näherte sich drohend den Vorhängen. Fassungslos sah ich zu, wie sein Schwanz leicht zu beben begann.
    »Nein!«, rief ich. »Halt ihn auf! Er will …«
    Zu spät. Jonah sah Philip geradewegs ins Gesicht, während er sich erleichterte.
    Philips ist einer der gelassensten Menschen, die ich kenne. Das ist einer der Gründe, warum ich mich in ihn verliebt habe. Eigentlich bringt ihn nichts so leicht aus der Ruhe.
    » Jetzt reicht’s! «, brüllte er, sprang aus dem Bett und jagte Jonah zur Tür hinaus. » Dieser Kater geht! «
    Ich rannte den beiden hinterher und sah gerade noch, wie Jonahs Schwanz im Wäscheschrank verschwand, von wo aus er sich in sein sicheres Gehege flüchtete.
    »Was soll das heißen?«, fragte ich mit zitternder Stimme.
    Schwer atmend strich sich Philip über den Kopf. »So können wir nicht die nächsten zehn Jahre weitermachen«, sagte er mit eisiger Stimme und wandte sich von mir ab. »Wir werden ein neues Zuhause für ihn suchen müssen.«
    Plötzlich wehte mich ein kalter Lufthauch an, so als hätte jemand die Kühlschranktür geöffnet.
    »Und was, wenn wir kein neues Zuhause für ihn finden?«
    »Dann kommt er auf eine Farm.«
    Eine Farm? Das Wort hallte aus meiner Kindheit wider. Das sagten Erwachsene, wenn sie erklären wollten, wohin ein Haustier verschwunden war. Es hatte Jahre gedauert, bis mir klar wurde, dass das nicht hieß, das betreffende Tier streunte in Gesellschaft von Kühen und Ziegen über grüne Weiden.
    »Sieh dir doch an, was er angerichtet hat«, fuhr Philip fort. »Er hat den neuen Teppich zerfetzt, wir mussten die Vorhänge zigmal reinigen lassen. In Lydias Zimmer stinkt es fürchterlich … Nein, er muss weg.«
    Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Das erste Mal in zwanzig Jahren empfand ich so etwas wie Furcht vor Philip. Wie konnte der Mann, der meinen zwei älteren Kindern sein Herz geöffnet und sie wie seine eigenen aufgezogen hatte, der ein so wunderbarer Ehemann und Vater war, so herzlos sein?
    Jonah war nicht perfekt, aber das waren wir auch nicht. Er war mit all seinen Fehlern und Ticks Teil

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