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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Mönch würde ein bisschen Zeit für mich haben, damit wir ein ernstes Gespräch über Lydias Zukunft führen konnten. Vielleicht morgen.
    Sri Lanka liegt nach allgemeiner Ansicht ziemlich weit vom Schuss. Die meisten Einwohner von Colombo halten Kandy für recht abgelegen. Und schon bald sollte ich feststellen, dass die meisten Einwohner von Kandy Mühe hatten, die Lage des bescheidenen Dschungelklosters zu bestimmen, das unser Ziel war.
    Nach der Abzweigung nach Kandy wurde die Straße noch schmaler und holpriger und wand sich am Rand einer Schlucht entlang.
    »Tu einfach so, als wärst du Touristin und würdest eine Jeeptour unternehmen«, sagte Lydia, als wir von der Straße auf einen senkrecht ansteigenden Weg abbogen. Auf der Weiterfahrt durch dichten Dschungel musste ich mich an der Seitenwand des Transporters festhalten. Wir wurden so heftig durchgeschüttelt, dass ich befürchtete, ich würde wieder Bauchkrämpfe bekommen. Aber Angst war kontraproduktiv. Die Menschen in diesem Land hatten viel größere Probleme.
    Unser Fahrer hupte eine Frau mit einem Kind auf der Hüfte an, einen Mann im Sarong und einen zweiten, der einen Sack Mehl auf dem Kopf transportierte. Ihr Lächeln erhellte die dunkelgrüne Finsternis. Wir passierten ein Schild mit der Aufschrift »Computerreparaturen«, das mitten im Dschungel irgendwie deplatziert wirkte. Nachdem wir eine letzte Haarnadelkurve genommen und durch ein besonders großes Schlagloch gerumpelt waren, drehte sich die ältere Nonne mit leuchtenden Augen zu mir um.
    »Schauen Sie, Schwester Helen!«, rief sie. »Das ist unser Berg!«
    Wenn das ein Film gewesen wäre, hätte sich in diesem Moment ein Engelschor über die Backgroundmusik gelegt. Die Heldin (Doris Day? Julie Andrews? Nein, Meryl Streep!), hätte mit tränenglitzernden Augen das Gesicht zum Himmel gehoben.

40.
Klosterleben
    Alte Leute bringen Segen.
    Von tropischen Pflanzen überwuchert, erhob sich vor uns Boulder Mountain. Seine Hänge schienen von gewaltigen Felsbrocken zusammengehalten zu werden, viele davon größer als ein Elefant. Ein paar Kletterpflanzen waren so kühn gewesen, den einen oder anderen einzunehmen, aber die meisten waren nackt und vom Alter zerfurcht. Als unbewegliche Dschungelskulpturen sahen die Felsen im abendlichen Dämmerlicht wunderschön und zugleich abweisend aus.
    Schon früher hatten Mönche versucht, sich hier niederzulassen, erklärte mir die Nonne, aber sie waren von bösen Geistern verjagt worden. Der derzeitige Mönch, Lydias Lehrer, war aus härterem Holz geschnitzt. Er hatte mehrere Jahre in der Höhle unterhalb des Gipfels meditiert und damit diesen Ort in Besitz genommen.
    Die Luft war hier oben zwar kühler als am Meer, dafür aber völlig unbewegt. Ich sehnte mich nach einer Brise, nicht zuletzt deshalb, weil ich wusste, dass sich hinter all dem Grün zweihundert Stufen verbargen. Mein Koffer war absurd groß. Ich wünschte, ich hätte mich für einen Rucksack entschieden.
    Wir stiegen aus und der Fahrer wuchtete sich meinen Koffer auf die Schulter und entschwand über ein paar moosbewachsene Stufen meinem Blick. Wir folgten ihm und kletterten immer höher. Der Weg wurde von wild wuchernden Dschungelpflanzen gesäumt, die die Aussicht auf das darunterliegende Tal versperrten. Ich sah immer nur die nächsten paar Stufen. Schon bald brannten meine Augen und ich rang nach Atem. Ich blieb stehen, um kurz zu verschnaufen, und bedeutete den anderen, sie sollten ruhig weitergehen. Zu meiner Erleichterung verschwanden sie zwischen den grünen Falten des Dschungels. Nur Lydia blieb hinter mir stehen und wartete geduldig. Ich entschuldigte mich, dass ich sie aufhielt. Sie erwiderte, kein Problem, sie könne ebenfalls eine Verschnaufpause brauchen.
    Auch als meine Lunge wieder normal arbeitete und wir den Aufstieg fortsetzten, blieb Lydia hinter mir, ohne Ärger oder Ungeduld zu zeigen. Die Devise meines Vaters, der ein begeisterter Bergsteiger gewesen war, hatte gelautet: »Immer den Langsamsten vorausgehen lassen.« Genau das tat Lydia jetzt, wie ich dankbar feststellte. Ich verbot es mir, die Stufen zu zählen, und konzentrierte mich stattdessen darauf, eine nach der anderen zu erklimmen, ohne mir Gedanken darüber zu machen, wie viele noch vor uns lagen. Eine gute Übung für das Leben im Hier und Jetzt – geradezu perfekt für den Aufstieg zu einem buddhistischen Kloster.
    Die Schatten wurden bereits länger, als wir das einfache zweistöckige Gebäude erreichten, in

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