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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Pfadfindern an irgendwelchen geheimnisvollen Ritualen beteiligen musste. In unseren schicken braunen Uniformen mit den polierten Abzeichen mussten wir uns in einer Reihe aufstellen und nacheinander über einen großen Pilz springen. Ohne zu wissen, was es bedeutete, machte ich natürlich mit. Das Singen mit der Schnur ließ mich genauso ratlos zurück. Laut Lydia war es ein spezieller Segen.
    Dann sang nur die Nonne und knotete mir ein geflochtenes Baumwollband ums Handgelenk, für einen noch spezielleren Segen und Schutz. Ich verbeugte mich, dankte allen Beteiligten und verschwand in mein Zimmer.
    Statt mich unten nach »westlicher Art« unter die lauwarm tröpfelnde Dusche mit der Kakerlake zu stellen, beschloss ich, mich nach Art der Einheimischen zu waschen. Einen Eimer mit kaltem Wasser in dem »französischen« Badezimmer über mich zu gießen, war einfacher und erfrischender.
    Mir war nicht klar gewesen, wie viel Lydia in dem Kloster zu tun hatte. Neben den Stunden, in denen sie meditierte und die jungen Mönche unterrichtete, führte sie ihren Lehrer in das geheimnisvolle Universum des Internets ein. Daneben schrieb sie für alle, die mit der englischsprechenden Welt kommunizieren wollten, E-Mails und half ihnen, Formulare auszufüllen.
    Als der Fahrer des Klosters Reisevorbereitungen traf, um einen Laster aus Malaysia zu importieren, unterstützte ihn Lydia dabei. Sie half den Nonnen, die in Thailand an einer Konferenz über Frauen im Buddhismus teilnehmen wollten. Diese und andere Aufgaben waren jeweils mit langen Diskussionen und Verhandlungen verbunden, gelegentlich begleitet von heftigen Gefühlsausbrüchen. Sie verlor dabei nie die Geduld.
    Ich fragte Lydia über ihre Arbeit aus, und sie sagte, ihre früheren Pflichten im Kloster seien viel anstrengender gewesen. Zu ihren Aufgaben hatte gehört, Ziegel für ein neues Gebäude den Hügel hinaufzuschleppen, ein altes Haus zu renovieren und das Kloster zu fegen.
    Gerne wäre ich länger im Kloster geblieben, wenigstens noch ein paar Nächte. Es bedeutete mir viel, zu erfahren, warum es für Lydia ein so besonderer Ort war, und es war schön, an der Welt der Nonnen teilzuhaben. Wie ihre feierliche Miene sich gelegentlich in mädchenhaftem Gekicher auflöste, war einfach bezaubernd. Die strenge Disziplin ihres Alltags war von Unbeschwertheit begleitet. Die Hingabe an ihren Glauben und ihren Lehrer wurde von der Liebe für die Familie und das Dorf bereichert. Obwohl ihnen Leid nicht fremd war, genossen sie die heiteren Seiten des Lebens.
    Bei all ihrer Verbundenheit mit dem Klosterleben überraschte mich Lydia mit dem Geständnis, dass sie sich auf ein paar Nächte in dem Hotel am Stadtrand von Kandy freue. Meiner Schätzung nach dauerte die Fahrt dorthin ungefähr eine Stunde. Aber Lydias Lehrer, der sich endlich von seinen anderen Verpflichtungen hatte loseisen können, wollte uns unbedingt noch die Teeplantagen zeigen.
    »Kommen wir denn auf dem Weg zum Hotel daran vorbei?«, fragte ich.
    »Nicht direkt«, erwiderte er mit einer Stimme, die zugleich melodisch und autoritär war.
    Nach dem Packen hatte ich endlich Gelegenheit, einige der Mönche kennenzulernen – junge Männer mit glatten Gesichtern, die jeweils eine nackte Schulter zeigten. Einer ging nach einer Leistenbruchoperation an einer Krücke. Er behauptete zwar, keine Schmerzen zu haben, war aber blass und kam nur mit Mühe die Stufen hoch.
    Ich fragte mich, was ihre Mütter dachten. Waren sie froh, dass ihre Söhne genug zu essen bekamen und lernen durften – oder verzehrten sie sich vor Sehnsucht nach ihnen?
    Die jungen Mönche hörten aufmerksam zu, als Lydia ihnen einen PowerPoint-Vortrag über Neurowissenschaften hielt. Man konnte kaum sagen, was sie dachten, als sie ihnen erklärte, dass beschädigte Gehirnzellen nicht ersetzt, aber ihre Funktionen manchmal von anderen übernommen wurden. Einige der Jungen schienen konzentrierter bei der Sache zu sein als andere, aber alle waren sehr höflich und zeigten keinerlei Anzeichen von Langeweile.
    Zum Abschied wurden Geschenke ausgetauscht und Fotos gemacht. Ich kehrte in mein Zimmer zurück, um meinen Koffer zu holen, aber er war verschwunden – wie von Zauberhand war er den Hügel hinuntertransportiert und im Kofferraum eines wartenden Autos verstaut worden.
    Gemeinsam mit Lydias Lehrer gingen wir den Hügel hinab und er warnte uns, dass die Stufen nach dem Regen in der gestrigen Nacht rutschig seien. Auch wenn der Gedanke an eine Klospülung

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