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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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tun.«
    Wir wussten beide, was das bedeutete. Zum einen passte ihr Jonahs Hausarrest nicht, zum anderen lag meine Operation nun sechs Wochen zurück, in denen sie mir eine wunderbare Hilfe und eine wunderbare Tochter gewesen war.
    Jetzt würde ich auch ohne sie auskommen.
    Eine Woche später schwebte Lydia reisefertig in einer Wolke aus Weiß die Treppe herunter. Die Farbe der Reinheit und – weit weniger beruhigend für die sorgenvolle Mutter – die Farbe des Märtyrertums. Die Segelhosen und der Schal verliehen ihr einen Vogue -trifft-Aschram-Look. Ich musste ihren Mut bewundern, mochte er auch noch so fehlgeleitet sein.
    Jonah spürte, dass sie uns verlassen wollte, und strich unablässig miauend um ihre Knöchel. Sie nahm ihn hoch und küsste ihn auf die Nase, während Philip ihren Rucksack zum Auto trug. Er hob sich dabei keinen Bruch. Sie hatte nicht viel mehr dabei als ihren rotbraunen Schal, eine Duftkerze für den Mönch und Geschenke für die Nonnen und die Waisen. Ich schob mich seitwärts wie eine Krabbe auf den Beifahrersitz. Das Ein- und Aussteigen war immer noch schwierig.
    Lydia saß auf der Fahrt zum Flughafen auf der Rückbank. Zum x-ten Mal versicherte sie uns, dass der Mönch und die Nonnen sie am Flughafen von Colombo abholen und auf direktem Weg ins Kloster bringen würden. Sie müssten einige Militärposten passieren, sagte sie, aber Mönche und Nonnen würde man in Sri Lanka mit Respekt behandeln. In ihrer kleinen Gemeinschaft in den Hügeln wären sie geschützt. Ihr würde nichts passieren.
    »Keine Sorge«, fügte sie hinzu. »Zu Robs Hochzeit bin ich wieder hier.«
    Robs und Chantelles Hochzeit sollte in drei Monaten stattfinden. Das kam mir wie eine Ewigkeit vor, um auf einem Fels zu sitzen und zu meditieren.
    Wir verfielen in Schweigen, aber nicht aus Ärger oder Groll. Was auch immer geschehen mochte, ich hatte akzeptiert, dass ich nur einen geringen Einfluss auf sie hatte, auch wenn ich von Ängsten um sie geplagt wurde, während sie einen unbekümmerten Eindruck machte.
    Lydia hatte keinerlei Interesse für den Bürgerkrieg in Sri Lanka oder die Lage der tamilischen Separatisten gezeigt. Die paar Bücher, die ich zu dem Thema gefunden hatte, hatte sie nicht angerührt. Vor meinem inneren Auge lief wieder und wieder derselbe Film ab – Lydia entführt oder Opfer eines Terroranschlags. Verzweifelt bemühte ich mich, den Film anzuhalten. Es hatte keinen Sinn, mit ihr deswegen zu streiten oder ihr zu erzählen, das sri-lankische Militär habe gerade verkündet, dass es die wichtige Marinebasis der tamilischen Separatisten in Vidattaltivu im Norden besetzt hatte.
    Meine Brustkrebserkrankung und unsere vielen Auseinandersetzungen hatten immerhin ein Gutes – Lydia hatte mir gezeigt, dass die Liebe zwischen Mutter und Tochter keine Einbahnstraße war.
    Im Laufe der Jahre hatte ich viel Unsinn geredet, meist ging es dabei um irgendwelche Äußerlichkeiten. Meine Mutter hatte dasselbe bei mir gemacht und damit mein Selbstbild geprägt. Ich konnte mich noch immer nicht im Spiegel ansehen, ohne ihre Stimme zu hören – »Du solltest ein Korsett tragen«, »Was hast du nur mit deinen hübschen Locken gemacht?« Ihre letzten Worte an mich waren gewesen: »Was weißt du denn schon?« Zugegeben, daran war ich selbst schuld.
    Als ich meiner Mutter in ihren letzten Stunden zusehen musste, wie sie von schrecklichen Schmerzen gequält wurde, rang ich um die richtigen Worte. »Du machst das gut«, sagte ich dummerweise. Meine Mutter hatte ihr Gebiss und die Kontrolle über fast alle Körperfunktionen verloren, aber um eine gepfefferte Antwort war sie nach wie vor nicht verlegen. Sie hatte ja auch recht. Ich wusste tatsächlich nicht, was sie durchmachte.
    Auf der Fahrt zum Flughafen hoffte ich, dass Lydia klar war, wie viel Liebe zu ihr in jeder meiner dummen Bemerkungen gesteckt hatte. Das Ganze war einfach ein Fall von mütterlichem Tourette-Syndrom.
    »Dein Hemd ist zu kurz. Du wirst dich erkälten.« ( Ich wünsche dir ewige Gesundheit. )
    »Du bist zu dünn.« ( Du hast es nicht nötig, dich mit den Vogelscheuchen aus den Zeitschriften zu vergleichen. Du bist schön, so wie du bist. )
    »Du könntest dir mal wieder die Augenbrauen zupfen.« ( Genieße deine Sinnlichkeit. Mach das Beste aus deiner Schönheit und Jugend, solange du sie hast. )
    »Du hast eine Laufmasche.« ( Ich bin für dich da. )
    »Viel Spaß!« ( Schenk dir selbst Blumen. Trink Champagner. Öffne anderen dein Herz. Lebe deine

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