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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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im Schatten großer Vordächer liegenden Geschäften findet man alles von handgeschöpfter Schokolade bis zu Alpakapullovern.
    Mit seiner reinen Landluft bietet Daylesford schlichte sinnliche Freuden. Wenn man nicht gerade an einer Hochzeitsfeier teilnimmt, kann man um den See spazieren und ein Bad in den heißen Quellen nehmen. Gutes Essen und Wein in Hülle und Fülle. Der Kaffee ist auch ganz annehmbar.
    Am Abend trafen wir uns mit einer größeren Gruppe zum Essen im Farmers Arms. Tische voller lächelnder Gesichter versprachen ein fröhliches Gelage. Ich hätte liebend gern daran teilgenommen, aber die Buchstaben auf der Speisekarte begannen vor meinen Augen zu verschwimmen. Mich überfiel eine unbezwingbare Müdigkeit, verstärkt durch den Exzess beim Mittagessen.
    Diese schwarzen Löcher der Erschöpfung waren etwas Neues. Früher hatte ich verborgene Kräfte mobilisieren und solche Anfälle von Müdigkeit überwinden können. Doch jetzt, wo ich es mir am meisten gewünscht hätte, waren meine Kraftreserven aufgebraucht. Ich musste mich ausruhen. Es war eine Mahnung, dass man länger als fünf Monate braucht, um sich von einer großen Operation zu erholen. Verlegen entschuldigte ich mich und ging zurück zu unserem Cottage, wo ich vom Whirlpool aus zusah, wie sich die Hügel zuerst purpurrot färbten und dann plötzlich indigo.
    Am nächsten Morgen weckte uns Donnergrollen. Über den Hügeln ballten sich Unheil verkündend dunkle Wolken zusammen. Auch wenn der Boden ausgedörrt war und die Bauern um Regen flehten, hoffte ich, dass er nicht ausgerechnet heute Rob und Chantelle ihren großen Tag verdarb. Ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Die Wolken wichen wenig später einem strahlend blauen Himmel und das Thermometer kletterte rasch in die Höhe.
    Dass wir uns ein Cottage mit Ginny und Rick teilten, erwies sich als Vorteil. Ginny hatte eine Auswahl an Accessoires eingepackt, mit der sich jede Krise meistern ließ. Als Katharine feststellte, dass sie den Gürtel zu ihrem lila Kleid vergessen hatte, holte Ginny eine schwarze Schärpe aus ihrem Koffer und drapierte sie so kunstvoll um Katharines Taille, dass es sogar noch hübscher aussah als mit dem Originalgürtel.
    Rob und Andrew, frisch rasiert und nervös, klopften an die Tür. Sie mussten irgendwo ihre Hemden bügeln.
    Ich spürte einen Kloß im Hals, als ich mir der Bedeutung dieses Ereignisses bewusst wurde. Niemand muss mehr heiraten. Als man das Ehegelübde erfand, rechnete keiner damit, sehr viel älter als dreißig zu werden. Das gemeinsame Leben dauerte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr als zehn oder zwanzig Jahre. Heutzutage können selbst Paare, die erst mit über dreißig heiraten, darauf hoffen, goldene Hochzeit miteinander zu feiern. Einem einzigen Menschen fünfzig Jahre Liebe und Treue zu schwören, ist in der heutigen Zeit geradezu tollkühn.
    »Weißt du, wie man das festmacht?«, fragte Rob und hielt mir eine cremefarbene Rose mit einem grünen Band um den Stiel und einer langen Nadel hin.
    Ihm eine Rose an den Hochzeitsanzug zu stecken war das Letzte, worum er mich als unverheirateter Mann bat. Wir hatten uns immer nahegestanden, aber jetzt trat ich offiziell zurück. Es war an der Zeit, dass er seine Zukunft mit Chantelle gestaltete.
    Ich spürte nichts von der Eifersucht und der Unsicherheit, mit denen Mütter bei einer solchen Gelegenheit angeblich zu kämpfen haben. Alles, was ich empfand, war riesengroße Freude für Rob. Er war erst Anfang dreißig, aber nach dem Tod seines Bruders hatte er genug Kummer für ein ganzes Leben durchgemacht. Mit der Hilfe liebevoller Freunde und seiner Familie, nicht zu vergessen Cleo, war er zu einem wunderbaren Mann herangewachsen. Er hatte eine lebensgefährliche Krankheit überstanden und war inzwischen ein erfolgreicher Ingenieur. Was noch wichtiger war, er hatte treue Freunde – und jetzt auch eine Liebste. Dieser Tag verdiente es, mit allem Pomp gefeiert zu werden.
    Das Einzige, was mich mit einem Hauch Wehmut erfüllte, war Sams Abwesenheit. Wenn er nicht so früh hätte sterben müssen, dann wäre er jetzt hier bei uns in dem Cottage gewesen.
    Sam, der Extrovertierte, der Spaßvogel, hätte sein Vergnügen daran gehabt. Er hätte seinen Bruder aufgezogen, lachend den Kopf in den Nacken geworfen und später eine Rede gehalten, mit der er Rob gewaltig in Verlegenheit gebracht hätte. Wenn er noch gelebt hätte, wäre er jetzt vielleicht selbst verheiratet und hätte eine

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