Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
hat eben.«
Vorsichtig legte Uwe diesen Baustein zu den anderen. »Und danach? Hat er danach auch noch hier angerufen, ihr Mann?«
»Nein, stellen Sie sich vor!«, sagte Eva. »Erst am Freitagabend, ich kann Ihnen das Band Vorspielen, es ist köstlich. Und vorhin war er hier.«
Einer von der unverzüglichen Sorte, dachte Uwe. »Was wollte er?«
»Na, was wohl. Dasselbe wie Sie. Nur, dass er sich aufgeführt hat, als ob die Zeitung ihm gehöre. Ich hab ihn eiskalt abserviert.« Sie lächelte süß.
Uwe nickte. »Wenn ich Sie jetzt frage, was Sie persönlich von der Sache halten, was würden Sie sagen?«
»Ich? Ich würde sagen, dass Charlotte in Berlichs Nähe ist und den Stab bearbeitet, der sie demnächst in die Époque katapultieren soll. Was denken Sie denn?«
Uwe dachte, dass es schön wäre, diese Redaktion zu verlassen und irgendwo hinzugehen, wo die Luft sauber war, wo vielleicht ein paar Vögel zwitscherten. Oder seinetwegen auch ins Büro, wo zwei Knackwürstchen auf ihn warteten, die aus dem gesunden Fleisch glücklicher Kühe gefertigt waren.
Er war dankbar, als es klopfte und Arnie den Raum betrat. Der Techniker brummte etwas, übersah die ihm dargebotene Hand und stieß ein paar Silben aus, die sich ungefähr in der Frage nach Charlotte Olbinghaus’ Computer und ihrem Passwort zusammenfassen ließen. »Versuchen Sie es doch mal mit Stefan!«, höhnte Mademoiselle Eva.
Arnie sah sie trübe an. Dann warf er seine Tasche auf das Parkett und machte sich an die Arbeit. Mademoiselle Evas farbschwere Wimpern stemmten sich auf.
»Meinen Sie, dort finden Sie sie?«
»Warum nicht«, sagte Uwe. »Hat Ihre Kollegin zuletzt an etwas, sagen wir, Brisantem geschrieben?«
Eva stand auf. »Keine Ahnung. Sie hat uns ja nicht an ihren Computer gelassen.«
»Nie, oder nur letzte Woche nicht?«
»Seit zwei, wenn Sie’s genau wissen wollen.«
»Natürlich will ich das«, sagte Uwe und wunderte sich über ihre Heftigkeit.
»Obwohl, dass Solveig und ich keine Ahnung gehabt haben, kann man so auch nicht sagen«, korrigierte Eva. »Wir glauben, dass Charlotte gesammelt hat.«
»Und was?«
»Ihre Aussteuer für die Époque.«
»Das bedeutet?«, fragte Uwe. Er beugte sich vor und sah sie aufmerksam an.
Eva warf einen angewiderten Blick auf Arnie, der eben die Festplatte der Vermissten in seiner Tasche verstaute. Auf seiner Oberlippe blühte eine frühsommerliche Herpesfamilie.
Dann pflückte sie eine seltsam anmutende Frucht aus einer Obstschale, die auf dem kleinen Tisch zwischen Uwe und ihr stand, und drehte sie zwischen den Fingern. Es war ein schrumpliges Mittelding zwischen Feige und Pflaume. Nichts, in das Uwe je freiwillig hineingebissen hätte.
»Ich nehme an, dass es auch bei Ihnen Informationen gibt, die Sie ungern in fremde Hände geraten lassen würden«, sagte sie. »Bei uns hier ist es nicht viel anders. Auch wir haben unsere >Fälle<. Außerdem haben wir eine Anzahl an Informationsquellen, deren wir uns regelmäßig bedienen. Ein paar davon hat Charlotte akquiriert. Aber wir benutzen sie auch. Es wäre ein Desaster, wenn sie sie zu irgendeinem anderen Blatt hinüberschleppen würde. Die Époque zahlt besser als wir.«
»Sie könnten ganz einfach herausfinden, ob diese Informanten im Begriff stehen, die Seiten zu wechseln, indem sie Kontakt zu ihnen aufnehmen.«
»Stellen Sie sich vor«, sagte Eva spöttisch. »Genau das haben wir getan.«
»Und?«
»Sie waren empört. Haben Sie etwas anderes erwartet?«
»Wo liegt dann das Problem?«
»Darin, dass sie so lange empört sein werden, bis sie von der anderen Seite Geld gesehen haben. Oder mehr Geld von unserer, das wir nicht zahlen können.«
Viel mehr bekam Uwe nicht aus ihr heraus. Am Freitag war Charlotte Olbinghaus wie immer gewesen. Nein, vielleicht etwas besser gelaunt als in den zwei Wochen zuvor, in denen sie kaum überhaupt mit ihren Kolleginnen geredet, sondern schweigend am Computer gesessen hatte. Sie war gegen 17 Uhr zu einem Interview mit einer Vierlingsfamilie nach Potsdam aufgebrochen, auf einen Tipp vom göttlichen Berlich hin übrigens. Aber das meiste davon hatte Eva schon am Anfang ihres Gesprächs erzählt. Sie begann, sich zu wiederholen. Uwe sah zu, wie sie die schrumplige Frucht aß, und wartete geduldig darauf, dass Arnie fertig wurde.
Wenig später rannte er neben dem Techniker durch die labyrinthartigen Flure der Redaktion, leicht beschämt, weil Arnies speckige Jeansjacke und die Haare, die ihm aus jeder Pore
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