Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
gefördert, und noch in den Nachwehen dieser Leidenschaft, fand er sich plötzlich in der befremdlichen Lage, jenen Engel von Berufs wegen suchen zu müssen. Zufall war ein zu mageres Wort dafür. Außerdem gab es keinen Zufall, nur Ereignisse, die sich manchmal zu Ketten zusammenfanden.
Er hatte sie kennenlernen wollen, ja. Allerdings hatte Liebermann es sich etwas anders vorgestellt.
»Hast du schon etwas mehr über diesen Berlich, außer dass er verheiratet ist?«
»Marion«, sagte Uwe. »Sie sitzt mit ihrem Sohn zu Hause, da fand ich, dass sie wenigstens ein bisschen herumtelefonieren kann, damit sie sich nicht langweilt. Mein Mund ist von Mademoiselle Eva noch ganz taub. Bis jetzt hat sie nur seine Mailbox erreicht. Aber ich hab die Adresse.« Liebermann hörte Papiergeraschel. »Lennestraße 23. Ein Katzensprung von dir. Du gehst die Ossietzkystraße bis zum Ende und dann nach links. Nach einer Weile kommt eine Wendeschleife, dahinter stehen nur noch ein paar Häuser vor dem Park Sanssouci. Berlichs ist das letzte rechts.«
»Interessant. Wie kommst du darauf, dass ich dorthin gehe? Ich bin krankgeschrieben.«
»Weil du schon dort bist«, sagte Uwe trocken. »Und weil du nicht anders kannst.«
Liebermann biss sich auf die Lippe. »Olbinghaus«, knurrte er.
Uwe seufzte. »O Gott, der ist in Wahrheit nicht Galerist, sondern Major. Ich konnte ihn nur mit Müh und Not davon abhalten, mir eine Vermisstenanzeige für die Zeitung zu diktieren.«
»Hat er irgendeine Idee, wo seine Frau stecken könnte?«
»Wenn, dann hat er sie für sich behalten. Der ist ein Granitblock, da verfängt keine Hacke. Er meint, er hätte alles, was er weiß, den Wilmersdorfern bereits gesagt. Über die Kleidung, die seine Frau am Freitag getragen hat, kann er keine Auskunft geben, weil er vor ihr aus dem Haus ist. Aber wenigstens konnte ich ihm ein paar Nummern entlocken, von der Mutter und zwei Bekannten seiner Frau. Die anderen sind auf ihrem Handy gespeichert, und das ist mit ihr verschwunden. Bei der Mutter und diesen Freundinnen ist sie nicht. Olbinghaus hatte sie schon angerufen, aber ich hab’s noch mal überprüft.«
»Und, die hatten auch keine Idee?«
»Keine. Aber alle waren sich einig, dass ihre Freundin beziehungsweise Tochter sich streng in der Partnerwahl vertan hat.«
Liebermann ließ Uwes Auskunft auf sich wirken. Nicht, dass sie ihm ungelegen kam. Er fand auch, dass ein Engel etwas Besseres als einen alternden Major verdient hatte. Allerdings auch etwas Besseres als einen verheirateten Glanzblattjournalisten.
»Wie hat er auf den Liebhaber reagiert?«
»Gar nicht. Das heißt, ich hab ihn nicht direkt gefragt. Nur, ob er sich vorstellen könne, dass seine Frau einen anderen Mann...«
»Und?«
»Er hat gesagt, ich solle meine zweifellos durch stupide Polizeiarbeit verhunzten Phantasien an jemand anderem ausleben, und hat aufgelegt.«
Liebermann blickte wieder zu dem Fenster mit den violetten Vorhängen hinüber.
Ihm war gerade eingefallen, woran die Augen von Zyras Mutter ihn erinnerten. Schiefer. Zwanzig vor sechs. Ein Katzensprung, hatte Uwe gesagt. Wenn er sich beeilte, schaffte er es noch. In seinem autonomen Lendenwirbel kribbelte es. Ein schlechtes Zeichen.
Die Lennestraße 23 war tatsächlich das letzte Haus vor dem Park. Obgleich er nur einen halben Kilometer gegangen war, gelangte Liebermann nach dem Passieren der von Uwe beschriebenen Wendeschleife in eine Gegend von beinahe ländlichem Charakter. Er sah keine Autos, nur ein paar Kinder, die sich auf dem kurzen Stück Asphalt zwischen Stadt und Park im Einradfahren übten. Links grenzte Berlichs Haus an eine Gärtnerei, die vermutlich schon zum Park gehörte, rechts an eine Kleingartenanlage. Nach dem wenigen, was er über Berlich wusste, hatte Liebermann ihn sich in einem Neubau oder einem der luxussanierten Jugendstilhäuser vorgestellt, die das Gesicht von Theklas Straße prägten. Nicht in einer Bauernkate.
Sie schmiegte sich langgezogen in die Mitte eines weitläufigen Gartens. Nur das gedrungene Dach und die Eingangstür spähten durch Flieder, Efeu und etwas, das nach zu Vögeln gestutzten Buchsbäumen aussah, zu ihm herüber. Am Tor befand sich ein schlichtes Schild neben einer ebenso schlichten Klingel, die dafür einen melodischen Dreiklang in Gang setzte.
Während er wartete, spähte Liebermann über die Hecke in den Garten der Berlichs. Buchs, schnurgerade Beete, die den Weg zum Haus säumten, ein zierlicher Rosenstock am Eingang
Weitere Kostenlose Bücher