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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Anlauff
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seines umfangreichen Körpers sprossen, alle Blicke auf sich zogen. Arnie sah aus wie ein Biker, der irrtümlich die Abfahrt zum LKA genommen hatte. Über der Schulter trug er seine Tasche, die im Amt liebevoll »das Tragetuch« genannt wurde, weil er sie immer und überall mit sich herumschleppte. Irgendwann einmal hatten Marion und Liebermann Wetten abgeschlossen, ob er sie auch mit ins Bett nahm. Aber um das herauszufinden, gab es nur einen Weg, und Marion hatte behauptet, dass sie sich noch nicht einsam genug fühle, um ihn zu beschreiten.
    Arnies hundsmiserable Aussichten, je Mister LKA zu werden, änderten allerdings nichts daran, dass er ein Meister der Mikrotechnik war. Er brauchte einen bockigen Computer nur anzusehen, damit er wieder spurte. Sagte man. Legenden, die Liebermann in Abständen nährte, um seine Mitarbeiter zu motivieren, wenn sie auf der Stelle traten. Er war der Ansicht, dass die meisten Wunder aus dem Glauben an Wunder heraus geschahen. Manchmal hatte Uwe das Gefühl, dass sein Vorgesetzter sie für eine Runde von Tafelrittern hielt. Immer auf der Suche nach dem Gral, der am Ende nicht selten aus einer Leiche bestand.
    Nachdem er sich im Fahrstuhl durch einen kurzen Überschlag versichert hatte, dass das angegebene Maximalgewicht und Arnie sich nicht ausschlossen, überlegte Uwe, welcher Part der minimalistischen Ritterrunde ihm wohl zukommen würde. Seine Wange schmerzte wieder. »Was denkst du, bis wann du fertig bist?«
    Arnie knispelte ein Stück Haut von seiner Lippe, sah ihn beiläufig durch den Spiegel, der das Innere des Fahrstuhls auskleidete, an und sagte: »Gucken.«
    Er studierte das Hautfetzchen eingehend, ehe er es auf den Boden schnipste.
    »Kommt drauf an, was ihr braucht.«
    »Posteingänge, Dateien, Browserchronik, alles eben.«
    »Für den Server brauchen wir was von Mentel.«
    Mentel war der Staatsanwalt. Uwe blickte angeekelt auf
    die Stelle, auf der Arnies Lippenhaut gelandet war. »Meinst du, wir müssen an den ran?«
    »Gucken«, sagte Arnie.
    »Gut, sag mir Bescheid, wenn du’s weißt.«
    Der Fahrstuhl hielt, und Uwe schlüpfte hinaus. Ein unauffälliger Sprint durch die kleine Eingangshalle der Zeitung, ein Zeichen zu dem Techniker, der irgendwo hinter ihm herstapfte, und er war in Freiheit.
    »Berlich?«, fragte Liebermann am Telefon.
    »Stefan Berlich. Der Kunstkritiker.«
    »Moment!« In Liebermanns Gedächtnis regte sich etwas. Ein Schatten, nicht allzu groß. Liebermann wartete geduldig, dass er näher kam. Er kannte sein Gedächtnis, mit zielgerichtetem Suchen kam man ihm nicht bei. Am besten, man rief etwas hinein und wartete auf ein Echo. Ein Bild, das sich aus dem über Jahre angehäuften Gerümpel löste, oder eben ein Schatten, der erst noch zu einem Bild werden musste, wie dieser hier. Na also: Der Schatten nahm Formen an, gewann an Farbe und offenbarte sich bald darauf als dreibeiniger Turm aus einem Stuhl, zwei Kisten und einem Lampenschirm. Aber das war es noch nicht ganz. Die übermüdete blonde Frau daneben sagte etwas. Etwas über Baumschnitt und ihren Mann. Liebermann erlöste Uwe aus seiner erzwungenen Pause.
    »Ich habe vorhin bei den Bärmanns, Charlotte Oblinghaus’ letztem Interviewtermin, vorbeigeschaut«, sagte er. »Das weibliche Oberhaupt der Bärmanns meinte, es gab kein Interview, weil sich die Parteien über die Vergütung nicht einig wurden. Jedenfalls erwähnte sie, dass Charlotte Olbinghaus den Tipp mit ihren Vierlingen von einem Berlich hatte, der hier in der Nähe wohnen soll. Und der ist also, also der hat ein ... Verhältnis?«
    »Hatte«, sagte Uwe und biss vorsichtig in ein Knackwürstchen. »Also, wahrscheinlich hatte. Das nenne ich Zufall.«
    »Was?«
    »Ein Hauptkommissar der Vermisstenzentrale aus Berlin trifft eine zukünftige Vermisste aus Berlin auf einer Potsdamer Straße. Und ihr Liebhaber, der sie dorthin gelotst hat und in Berlin arbeitet, wohnt ebenfalls da. Wie würdest du das nennen?«
    Liebermann verzichtete auf eine Antwort. Was den Zufall betraf, waren er und Kommissar Schüler grundsätzlich unterschiedlicher Meinung. Sie wussten es beide und verloren sich trotzdem hin und wieder in Diskussionen, bei denen sich jeder vergeblich bemühte, den anderen zu überzeugen. Aber Liebermann war jetzt nicht zu Diskussionen aufgelegt. Er war verwirrt. Vor zwei Tagen hatte ein unbekannter Engel sein Leben erschüttert. Er hatte Schollen aufgebrochen, für einen Augenblick im Erdinneren vergrabene Leidenschaften zutage

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