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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Anlauff
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Ossietzkystraße.
    Während Liebermann die Ossietzkystraße entlangging, fragte er sich, wann er zum letzten Mal in einer Kneipe gewesen war. Es musste Jahre her sein. Während der Ausbildung hatte er einmal in einem kleinen Charlottenburger Bistro überwintert, weil er vergessen hatte, rechtzeitig Kohlen zu bestellen. Thekla hatte damals in diesem Bistro gekellnert, nicht besonders gut und deshalb nicht besonders lange, aber für ihn lange genug. Doch im Grunde zählte das Bistro nicht, weil es damals quasi seine zweite Heimat gewesen war.
    Miri hatte ihm das Katinka empfohlen.
    »Wenn du mit der Mama mal ein Eis essen oder eine Cola trinken gehen willst, wohin geht ihr dann?«
    »Cola darf ich nicht.«
    »Dann Eis.«
    »In die Eisdiele neben der Straßenbahnhaltestelle.«
    »Aha. Nun: Angenommen, man hat Hunger und Durst und will sich gemütlich irgendwo reinsetzen. In ein nicht allzu teures Restaurant.«
    »Die Pizzeria.«
    »Ja. Aber stell dir vor, ich wäre einer, den man mit Pizza und Nudeln jagen kann. Ich hab aber trotzdem Hunger und vor allem Durst.«
    Miri hatte ihn angesehen wie einen äußerst schwierigen Fall. »McDonald’s?«
    »Gut. Schlaf schön, wenn etwas sein sollte, ruf mich an.«
    Liebermann hatte seiner Tochter einen Kuss gegeben und ihr die Decke bis ans Kinn gezogen. Obgleich er sich nichts mehr davon versprach, unternahm er einen letzten Versuch. »Wo können sich die Erwachsenen aus der Umgebung abends mal auf ein Bier treffen?«
    Miris Augen leuchteten auf. »Ach so«, sagte sie. »Na bei Jürgen im Katinka.«
    Vor dem Katinka drängelten sich etwa fünfzehn Leute um ein Sammelsurium verschiedener Tische und genossen den lauen Abend. Ein paar von ihnen beobachteten einen dunkelhaarigen Mann, der ein wenig steif die Straße mit den Bahnschienen überquerte. Vor der Bar hielt er. Er zog einen kleinen Block aus der Gesäßtasche und schrieb etwas darauf. Zwei, drei jüngere Frauen sahen interessiert zu ihm hinüber, die anderen wandten sich wieder ihren Getränken zu.
    War Katinka nicht die russische Verniedlichung von Katharina? Liebermann besah kritisch das laienhafte Gepinsel an der Fassade, die Kakteen, den Sand und den zu klein geratenen Mexikaner mit Sombrero, der auf die Eingangstür deutete. Achselzuckend folgte er dem Hinweis, öffnete die Tür und ging zu Boden.
    »Ist es schon so spät?«, fragte Galaxien entfernt eine Stimme.
    Einen Augenblick später wurde Liebermann auf wunderbare Weise in die Höhe gehoben und auf die Füße gestellt. Er gab ein pfeifendes Geräusch von sich, was seine Helfer zu kontroversen Spekulationen über Kehlkopfsprechgeräte anregte, dann: die Erlösung. Er stand, und der Schmerz ließ sich langsam wieder aushalten. Als Liebermann sich umsah, erblickte er hinter sich eine tückische Schwelle, die er im Halbdunkel des Lokals übersehen hatte.
    »Danke.«
    »Oh, er redet.«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass sich ein Kehlkopfsprechgerät anders anhört«, sagte sein Samariter, ein junger Mann in einem Hemd, das Liebermann nicht einmal unter vorgehaltener Pistole angezogen hätte.
    »Außerdem sieht man so was, weil dann ein Loch in den Hals führt.«
    »Was war es dann?«, fragte seine Begleiterin.
    »Schmerzen«, sagte Liebermann.
    »Ei, jei!«, machte sie. Durcheinander, wie er war, nahm Liebermann von ihr nicht viel mehr als weiblichen Frohsinn wahr und eine Frisur, deren Sinn darin zu bestehen schien, jeden Romantiker auf der Stelle zu vertreiben.
    »Vor oder nach dem Sturz?«, erkundigte sie sich.
    »Beides, aber es geht schon.«
    Sie lächelte und ließ seinen Ellbogen los. Durch den Tabakdunst, der das Innere der Bar in delphischen Nebel tauchte, deutete sie auf etwas Bewegliches.
    »Falls es der Kopf ist, lass dir von Nico ein Aspirin geben. Sie sitzt dahinten, die mit der blauen Jacke.«
    »Es ist der Rücken. Und ich habe meine eigenen Tabletten dabei, danke.«
    »Ei, jei«, machte sie noch einmal, als sei damit alles gesagt.
    Während Liebermann sich den Weg zum Tresen am anderen Ende des Raumes bahnte, ließ er seinen Blick über die Gäste schweifen. Er blieb an Zyras Mutter hängen. Nico redete über eine Bierflasche hinweg energisch auf ihr Gegenüber ein, und es wunderte Liebermann kaum, dass er in ihm den hausmeisternden Hamlet erkannte. Der Tisch, den die beiden sich mit zwei weiteren jungen Männern und einem älteren teilten, war der letzte von insgesamt fünf, die sich an der rechten Wand zum Tresen reihten. Statt Stühlen gab es hier

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