Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Dieser Karuleit, aber auch allen anderen. Ich will wissen, ob Charlotte Olbinghaus bei jedem von Berlichs Mädchen vorstellig geworden ist, und wenn ja, was sie sie gefragt hat, und vor allem, wie.«
»Wozu? Denkst du etwa, eines der Mädchen hat sie verschwinden lassen?«
»Ich denke«, sagte Liebermann, »dass sich die Frau, die wir suchen, irgendwo hinter dem Gesicht auf dem Foto verbirgt. Also werden wir hinter das Foto steigen. Wir sehen uns nachher im Büro. Untersteh dich, noch ein Set Kaffeetassen kaufen zu gehen!«
Bevor er das Telefonat beendete, hörte Liebermann von fern Uwes neue Maschine röcheln. Uwe hatte kein Wort über seine Zähne gesagt. Eine der wenigen erfreulichen Tatsachen dieses Tages.
Von außen sah man der Galerie ihren Ruf nicht an. Ohne die Kupferlettern, in denen schlicht »Hans Olbinghaus« über der Eingangstür stand, hätte man sie auch für ein Geschäft halten können, dessen Inhaber auf gutgeputzte Fensterscheiben Wert legte.
Olbinghaus selbst entpuppte sich als rundlicher, gepflegter Sechzigjähriger, der mit etwas mehr Mienenspiel sanftmütig gewirkt hätte. Das überraschte Liebermann. Er hatte sich ein gelbliches Schlitzauge vorgestellt, das in Abständen Schleim und Befehle absonderte und seine Frau in einer durchsichtigen Blase gefangen hielt.
Nach einer militärisch knappen Begrüßung bot Olbinghaus seinem Besucher einen ungemütlichen Stuhl an einem dazu passenden Tischchen in einer Ecke des Ausstellungsraumes an. Auf einem ebensolchen Stuhl nahm er ihm gegenüber Platz. Eine Lüftungsanlage summte. Kanne und Tassen standen schon bereit, was Liebermann zu der Vermutung veranlasste, dass den Galeristen selten etwas unvorbereitet traf. Das Verschwinden seiner Frau schien eine dieser Ausnahmen zu sein.
Hans Olbinghaus eröffnete das Gespräch, indem er die Beine übereinanderschlug. Liebermann ergänzte seinen Kaffee durch einen Tropfen Milch aus einem Kännchen ohne Griff.
»Es wird Sie sicher nicht wundern, wenn ich Ihnen sage, dass wir Ihre Frau noch nicht gefunden haben«, sagte er. »Sonst hätte ich sie mitgebracht. Sind diese Gemälde hinter Ihnen von Selma Balthasar?«
Falls er eine Regung im Gesicht des Galeristen erwartet hatte, blieb sie aus.
»Fräulein Balthasars Vernissage findet am Montag statt. Nach der Finissage von Heinz Kung, dessen Werke Sie hier sehen.«
»Verstehe. Haben Sie ihre Bilder schon hier?«
Hans Olbinghaus schenkte ihm einen kühlen Blick. »Würden sie Ihnen denn bei der Suche nach meiner Frau helfen?«
Liebermann murmelte, man könne nie wissen, und wurde barsch unterbrochen. Welche Schritte die Polizei inzwischen eingeleitet habe, um der Vermissten Liebermann glaubte, sich verhört zu haben, aber Hans Olbinghaus nannte seine Frau tatsächlich die Vermisste habhaft zu werden, abgesehen von Bildbetrachtungen. Er gab einen kurzen Bericht ab. Dann entschloss er sich zur Offensive.
»Mich beschäftigt, warum Sie schon am Samstagmorgen versucht haben, eine Vermisstenanzeige zu erstatten, nicht einmal zwölf Stunden nach dem letzten Termin Ihrer Frau.«
Ein kaum sichtbares Achselzucken begleitete die Antwort: »Charlotte hatte sich nicht abgemeldet. Und ich habe auch keine Vermisstenanzeige erstattet, sondern die Beamten gebeten, sich um die Sache zu kümmern.«
Mit anderen Worten hatte er ihnen befohlen, sie aufzutreiben, dachte Liebermann. Und das so vehement, dass die Wilmersdorfer die Sache dankbar an das LKA abgetreten hatten. Eine Journalistin, ehemalige Miss 89, dazu noch Gattin eines angesehenen Galeristen, da konnte man nie wissen, wie weit sich der Bogen noch spannen würde.
»Aber warum? Ihre Frau ist erwachsen. Selbst wenn sie sich üblicherweise bei Ihnen abgemeldet hat, gibt es doch immer noch die Möglichkeit, dass sie einen Bekannten getroffen und aus Bequemlichkeitsgründen bei ihm die Nacht verbracht haben könnte. Oder dass sie ...«, Liebermann suchte nach Worten, »... irgendeinen anderen Grund hatte, auswärts zu schlafen.«
»Nämlich welchen?«, fragte Olbinghaus dünnlippig.
Wenn Liebermann so darüber nachdachte, fiel ihm nur einer ein.
»Eine Liebschaft, zum Beispiel.«
Hans Olbinghaus begann zu husten. Es war ein trockener Husten, der den Galeristen auf seinem Stuhl wippen ließ. Gerade als Liebermann aufstehen wollte, um nach einem Wasserglas zu suchen, stellte er mit einem Blick in das Gesicht seines Gegenübers fest, dass es sich in Wirklichkeit um eine spezielle Art von Lachen handelte. Sein
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