Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Berlich.«
Für Hans Olbinghaus war es wahrscheinlich ein Glück, für Liebermann ein Ärgernis, dass just in diesem Augenblick die Tür aufging und ein junger Mann hereinkam. Jung im Vergleich zu Olbinghaus.
Liebermann schätzte ihn auf etwas über vierzig. Er schien mit der Galerie und deren Inhaber vertraut zu sein, denn er ließ seinen Gruß im Anmarsch auf ihren Tisch fallen und reichte Liebermann schwungvoll die Hand.
»Seeland, Anton.«
»Liebermann.«
»Maler, Agent oder Sammler?«
Liebermann schüttelte den Kopf.
»Presse?«
»Polizei.«
Schneller, als Alter, Schock und Korpulenz hätten vermuten lassen, war Olbinghaus auf den Füßen. »Herr Seeland ist da, um einige Bilder abzuholen. Sie kommen sicher einen Moment allein zurecht.«
Liebermann nickte dem Besucher zu. »Maler, Agent oder Sammler?«
»Letzteres«, sagte der junge Mann und beeilte sich, Olbinghaus zu folgen, der eben durch eine Tür im unsichtbaren Hinterland der Galerie verschwand.
Liebermann sah ihm enttäuscht nach. Der Sammler hatte ihm die Show vermasselt.
Er trank seinen Kaffee aus und stand auf, um sich ein wenig umzusehen.
Die braunen Bilder von Heinz Kung ähnelten einander. Sie erinnerten ihn an die marmorierten Kacheln im Badezimmer seiner Kindheit. Das machte sie ihm sympathisch, obwohl er nicht hätte sagen können, was der Künstler versucht hatte darzustellen. Bis auf eines, auf dem er einen gepflügten Acker zu erkennen glaubte. Darunter befand sich ein Schild, auf dem der Titel und ein Kaufpreis verzeichnet waren: 1400,Euro. Liebermann war beeindruckt.
Vom Titel allerdings weniger. Vomit 1. Vomit 2-4 folgten, dann kam eine Serie erdfarbener Violated brains. Heinz Kung schien die Zukunft seiner Bilder in Krankenhäusern und Arztpraxen zu sehen. Er wandte sich ab und rettete sich an ein Stehpult, auf dem ein paar Kataloge auslagen. Ein schmales Bändchen über den ihm nun sattsam bekannten Heinz Kung und der Katalog eines Auktionshauses namens Lambert.
Da von seinem Gastgeber noch nichts zu sehen war, nahm Liebermann das Verzeichnis mit an den Tisch und schenkte sich Kaffee nach.
Zuerst stellte er fest, dass Kung sich mit seiner Vorliebe für Gebrechen wenigstens nicht allein fühlen musste. Titel wie Amok, Valse triste und Everybody’s whore sprachen für sich, selbst wenn die Künstler sie rücksichtsvoll in Fremdsprachen kleideten.
Einige Bilder gefielen ihm. Auch wenn er nicht immer sagen konnte, was sie darstellten, und ihm die Titel nicht weiterhalfen, weil sie keine besaßen.
Dann geriet er an zwei, die ein wenig aus der Norm fielen, weil sich darauf detailgetreu abgebildete Menschen befanden. Auf dem einen sah er einige im Sechziger-Jahre-Stil gekleidete junge Leute mit Sektgläsern, die einer offenbar ziemlich langweiligen Feier beiwohnten; auf dem anderen beobachtete ein Mann beim Schneiden seiner Hecke eine dösende Schönheit im Bikini. Liebermann fahndete nach dem Namen des Künstlers und stutzte. Iljana Karuleit.
Er blätterte zum Anhang des Kataloges, in der Hoffnung, dort ein paar zusätzliche Informationen über die beiden zur Auktion gestellten Bilder und deren Schöpferin zu finden, als Olbinghaus, noch immer blass, aber ganz Herr der Lage, durch die Hintertür trat. Ihm folgte Seeland mit einem Paket unter dem Arm. Als er an Liebermann vorbeikam, klopfte er ihm mit der freien Hand auf die Schulter. »Viel Glück!«
»Wobei?«
Seeland nickte nur, grinste und ging.
Hans Olbinghaus kehrte an den Tisch zurück. Auf zwei Fotos, eins vor und eins nach der Enthüllung des Liebhabers seiner Frau aufgenommen, konnte er einem Laien fast unverändert scheinen. Dasselbe Lächeln, die unzerstörbaren Züge, der scharfe Blick, alles gebettet in ein bisschen jovialen Speck. Aber Liebermann war kein Laie. Der Mann, der sich erneut ihm gegenüber niederließ, wünschte sich nichts sehnlicher, als ihn loszuwerden. Liebermann dachte nicht daran, ihm den Wunsch zu erfüllen. »Sie kennen Stefan Berlich?«
Olbinghaus sah ihn ausdruckslos an.
»Er schreibt für die Kulturseite der Époque, wie sollte ich ihn da nicht kennen.«
»Haben Sie ihn mal getroffen?«
Hans Olbinghaus trank einen Schluck von seinem kalten Kaffee. Liebermann nahm es als ja.
»Auch hier, in Ihrer eigenen Galerie?«
Ein halbes Nicken. Zu wie eine Auster, dachte Liebermann. Entweder hat er einen Schock, oder er ist auf der Hut. Er sah Olbinghaus freundlich an und wartete. Olbinghaus schien in den Bodensatz seiner Tasse versunken.
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