Katerstimmung (German Edition)
Valencia, noch wartet sie auf mich. Vielleicht wurde sie aber auch auf ihren Planeten der Schönheit zurückgebeamt.»
«Oder sie fliegt in einer Stunde von Köln-Bonn», sagt Lenny und blickt von seinem Display auf. «Tut mir wirklich leid, aber den Flug habe ich vorhin wohl komplett übersehen. 17:05 Uhr geht einer nach Valencia.» Das kann der nicht ernst meinen. Da hat sich Super Mario aus einer rot-weißen Fußballhölle gekämpft, jedes Wohnwagenhindernis umkurvt und sogar den Endgegner Zissy van Heekern gemeistert, steht am Ende aber mit leeren Händen da, Game over. Und jetzt kommt raus, dass Daisy die ganze Zeit in Level 1 gewartet hätte? Wo ist der Reset-Knopf? Ich wünsche Lenny alle Kampfschildkröten, Höhlenspinnen und Feuerbälle, die Nintendo je programmiert hat, an den Hals.
«Du Idiot!»
«Es tut mir wirklich leid.»
«Ich hätte die Nacht meines Lebens aufklären und die Frau aller Frauen wiedersehen können. Aber du lotst mich an die holländische Grenze, sodass ich jetzt die Zeit runterzählen kann, bis die in Köln in den Flieger steigt und auf Nimmerwiedersehen weg ist!» Mama Ryanair scheint meine Wutattacke aus der Ferne zu beobachten und setzt wieder ihren Mitleidsblick auf.
«Ja, aber vielleicht siehst du die ja irgendwann …»
«Lenny, die Frau ist weg. So eine wartet nicht zweimal auf einen. Der Zug ist abgefahren.» Blöder Satz in einem Flughafenterminal.
«Ich hab grad die Nummern von Alessandra und Enrica aus Rom bekommen, die wollen heute Abend in Köln …»
«Lass mich in Ruhe!»
«Na ja, eine Möglichkeit gäbe es natürlich noch», schaltet sich Wilhelm ein. Ich halte es für unrealistisch, dass Lenny seinen scheiß Quadrocopter 3000 schon gebaut hat und mich ferngesteuert nach Köln zurückfliegt, zumal ich dann vermutlich den Umweg über irgendein FKK-Bad nehmen müsste. Daher lasse ich Wilhelm nicht ausreden.
«Ich kann auf keinen Fall mehr rechtzeitig in Köln sein!»
«Aber in Valencia.»
Ich starre ihn an.
«Der Flug von Weeze landet eine Dreiviertelstunde vor dem aus Köln in Valencia. Wenn Ana in dem anderen Flugzeug sitzt, würdest du sie dort am Flughafen mit Sicherheit abfangen können.»
Einen Moment lang denke ich ernsthaft darüber nach. Immerhin habe ich das Ticket schon. Dann wird mir die Absurdität seines Vorschlags wieder bewusst.
«Ich kann nicht einfach so mal eben nach Spanien fliegen. Ich muss morgen um zehn arbeiten, Nachrichten gibt’s auch sonntags.»
«Dachte ja nur, weil dir die Frau so viel bedeutet …»
Natürlich tut sie das. Aber wenn man ins Casino geht, sollte man sich am besten auch ein Limit setzen. Egal, wie viel Lust man hat weiterzuspielen.
«Ich kenne die seit gestern Abend. Das war eine coole Nacht, und ich hätte die wirklich gerne wiedergesehen. Ich opfere dafür auch meinetwegen einen Samstagnachmittag, aber extra nach Spanien fliegen? Das ist mir ’ne Nummer zu verrückt.» Wir schweigen einen Moment lang, dann füge ich hinzu: «Lass gehen.»
«Max, eine Sache müssen wir dir wohl noch sagen», hält Lenny mich auf. «Du wolltest doch vorhin wissen, was Chris mit deinem Auftritt in der Küche meinte.»
«Ja», sage ich, auch wenn es mich gerade überhaupt nicht interessiert.
«Na ja, du kamst gestern Nacht irgendwann in die Küche gewankt und hast in die Runde gefragt, ob jemand ein Kondom dabeihat.»
«Was?»
«Hatte nur leider keiner. Hast dich mit einem ‹Ach, scheiß drauf› umgedreht und bist wieder in euer Liebesnest zurück.»
Ich entscheide mich spontan, dem schon gekürten Verlierer des Jahres Max Plättgen die Goldene Himbeere für «Als Thomann den türkisfarbenen Urlaub stahl» abzuerkennen. Stattdessen geht der Award, oh Überraschung, erneut an Max Plättgen, allerdings für den Streifen «Ich weiß noch immer nicht, was ich letzte Nacht getan habe». Ich stehe tatenlos in der Pampa, während die Frau meiner zukünftigen Träume mich am Kölner Flughafen erwartet. Und statt einer Gin-Flasche aus dem Travel-Value-Shop nimmt sie nun vielleicht ungewollt einen kleinen Maxi als Erinnerung in die Heimat mit. Wenn es vorher mein Herz war, das darauf brannte, Ana wiederzusehen, erwärmt sich jetzt auch mein Geldbeutel für diese Idee. Jeden Monat Alimente an die spanische Küste zu überweisen ist mit meinem Lohn als News -Volontär schlecht vereinbar. Und das an eine Frau, deren Nachnamen ich nicht einmal kenne. Eine Frau, die ich meiner Erinnerung nach dreißig Minuten in meinem Leben
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