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Katerstimmung (German Edition)

Katerstimmung (German Edition)

Titel: Katerstimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Reinartz
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Redaktionsassistenten bei irgendeiner Pannenshow.

    Zum Abschied steckt mir Carlos einen Zettel mit seiner Handynummer zu. «If you have a problem, just call me. No is a problem.» Ich wirke momentan wohl rein äußerlich schon wie eine Person, die viele Probleme hat.
    Dann schleppen wir uns aus dem Telecinco-Wagen in die brennende spanische Mittagssonne. Ich spüre, wie sich die klebrigen Tomatenreste an meinem Körper abwärtsfließenden Schweißströmen anschließen. Lebensmitteltransport auf dem Seeweg. Vor allem die Routen Hinterkopf – Nacken – Wirbelsäule und Achsel – Oberarm – Ellenbogen erfreuen sich großer Beliebtheit. Eine flächendeckende Verbreitung der roten Pampe ist garantiert. In Gedanken schreibe ich «Tomaten» auf meine Anti-Einkaufsliste am Kühlschrank.
    «Und jetzt?», fragt Lenny gequält.
    Ana! Hat sie mir eigentlich auf meine SMS geantwortet? Ich hole mein Handy aus der Tasche und sehe: Nichts. Aus. Akku leer. Verdammt. Höchstwahrscheinlich hat sie mir inzwischen geschrieben, wo sie genau steckt. Jetzt muss ich den Jungs wohl allmählich erzählen, dass ich schon bei der Ankunft in Buñol den Busfahrplan nach Barcelona studiert habe. Konflikte offensiv angehen! Ging gestern zwar in die Hose, aber ich versuche es noch mal.
    «Barcelona?»
    «Was?»
    «Ja, hier, diese Stadt an der Küste mit den vielen Partys und dem Strand und dem Essen und …»
    «Ja, aber wie kommst du jetzt auf die Idee?»
    «Mein Handy ist leer, und ich brauche ein Aufladegerät.» Irgendwie habe ich inzwischen ein schlechtes Gewissen, meine Freunde bei dieser Schnitzeljagd noch weiter durch Spanien zu treiben. Vor allem, weil ich das Schnitzel hoffentlich alleine essen werde.
    «Du willst nach Barcelona fahren, um ein Aufladegerät zu kaufen?», erkundigt sich Lenny verwirrt. «Dann lass uns vorher noch in Madrid vorbei, ich hätte Lust auf eine Cola!»
    «Ana?», schaltet sich Wilhelm ein.
    «Ich habe ihr wohl doch meine Nummer gegeben. Jedenfalls habe ich heute Morgen eine SMS bekommen. Sie ist in Barcelona und wartet auf mich.»
    «Und wo trefft ihr euch?»
    «Keine Ahnung, mein Akku ist ja leer. Wahrscheinlich hat sie mir das inzwischen geschrieben.»
    Schwitzendes Schweigen.
    «Ich kann verstehen, wenn ihr da keinen Bock mehr drauf habt, aber ich fahre da noch hin. Von Barcelona kann man morgen bestimmt auch nach Weeze fliegen.»
    Die beiden schauen sich an.
    «Also, ich bin Student, ich hab Zeit. Solange wir Lennys Kreditkarte haben, bin ich dabei», meint Wilhelm.
    «Ich hab eigentlich schon einiges zu tun. Aber da der Urlaub ja ausfällt, habe ich auch noch ein paar freie Tage.»
    «Geht ja nicht um Tage. Ich treff mich morgen mit Ana, und dann können wir abends zurückfliegen.»
    Ich bin überrascht, dass der Barcelona-Plan so widerstandslos akzeptiert wird. Da war es ja fast schwerer, die Jungs nach Buñol zu bekommen. Aber die Aussicht auf vier Stunden Schlaf in einem klimatisierten Reisebus war wohl kein schlechtes Argument.

    Natürlich ist unser Bus nicht klimatisiert. Doch wenigstens sind die anderen Schlachtenbummler genauso fertig wie wir. Oder besser gesagt wie Lenny und Wilhelm. Ich liege in der Liga des Leidens ja uneinholbar weit vorne. Die allgemeine Trägheit und Übermüdung meiner Mitfahrer sind Cherrytomaten gegen meine fleischtomatengroßen Schmerzzonen. Nach Fesselattacke von Ana, Glasteppichunfall am Gepäckband, Steinbodenmatratze bei Tanja und Bierbauchsturz auf den Aussie fühle ich mich allmählich wie Pamela Anderson nach einem Date mit Tommy Lee. Würde ich jetzt zum Arzt gehen, käme ich wahrscheinlich gleich auf Pflegestufe 2 des nächsten Seniorenheims. Oder zu Körperwelten . Ohnehin komisch, wieso man Schmerzen nicht abstellen kann wie einen Wecker. Eigentlich sind die ja nur ein Warnsignal des Körpers: Lass das bitte in Zukunft, das stört! Ja, danke, verstanden, ich bemühe mich. Langfristig habe ich nicht vor, auf Steinfußböden zu übernachten. Aber einmal warnen reicht doch. Der Schiedsrichter klebt dir auch nicht die gelbe Karte auf die Brust. Selbst mein Virenprogramm hat inzwischen gerafft, dass ich auf bild.de surfen möchte, obwohl «die Inhalte dieser Seite möglicherweise nicht vertrauenswürdig» sind. Langsam dämmere ich weg.
    Plötzlich läuft eine Stewardess durch den Gang und stellt sich als unsere Reisebegleiterin vor. Sie preist Rheumadecken und Schuh-Gel-Einlagen an. Lenny ruft: «Die ist aber flauschig warm» und «Die habe ich neulich für den

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