Katerstimmung (German Edition)
er freie Bahn hat, muss dieser Quälgeist nun irgendwie am Quengeln gehindert werden. Und dafür ist das «Schutzblech» da, auch bekannt als «Panzersperre» oder «Firewall». Dessen einzige Aufgabe ist es, die potenzielle Störenfrieda aus der Flirtzone zu halten. Ein Stellvertreterkrieg.
«Willst du dir nicht einen anderen Job suchen?», platzt Wilhelm in mein Vokabeltraining.
«Das hat mich meine Mutter auch schon gefragt.»
«Du willst doch nicht langfristig da bei deinen News bleiben?»
«Das auch.»
«Also, wenn du dich so sehr betrinkst, dass du dich nicht mehr an Fesselsex erinnern kannst … da stimmt doch psychisch was nicht!»
«Und das auch.» Wilhelm schaut mich ungläubig an. «War ein Scherz.»
«Ja, aber im Ernst: Du bist ja jetzt schon viel besser drauf, seitdem du nicht mehr als Nachrichtenredakteur arbeitest.»
«Bitte? Was tue ich denn?»
«Ich weiß nicht so genau. Du bist irgendwas zwischen Drehbuchautor, Betrüger und Geheimagent.»
«Joa…»
«Und wenn ich sehe, mit was für einem Elan du das hier machst, frage ich mich halt, ob du nicht lieber so was beruflich machen willst.»
«That’s what she said.»
«Wer? Deine Mutter?»
«Nee, egal. Ich schicke morgen mal eine Initiativbewerbung zum MI6.»
Nach einer Weile kommt Lenny zurück. Aber nicht alleine. Er hat eine der wenigen anwesenden Spanierinnen im Schlepptau. Klein, knubbelig, trotzdem ziemlich süß. Die ist wohl entweder ohne Zonk da, oder Lenny hat einen Zweifrontenkrieg gewonnen.
«Max! Das ist Mapi. Eine Freundin von Ana.»
Wie auf Knopfdruck rast mein Herz durch den ganzen Körper. Zack im Kopf, einmal quer durch den Bauch und in die Hose gerutscht. Die innere Modellauto-Rennbahn.
«I said you are a friend of Ana», übersetzt Lenny der Spanierin.
«Yes, I am. And she said I should tell you something.» Jetzt setzt mein Herz zum ersten Looping an. Ich hänge an Mapis Lippen wie vorhin am Kleberclaus.
«You should fly back to Germany.» Looping misslungen, Carrera-Herz komplett aus der Bahn geworfen. Ich stehe vor ihr und sehe circa hundert Fragen vor meinem Auge. Sehr oft fliegt «Warum?» durchs Bild. Noch bevor ich etwas sagen kann, zieht Lenny Mapi zur Seite. Der will mit der wieder abzischen.
«Hey! Wart doch mal», schreie ich Lenny an.
«Max. Du hast es doch gehört. Was willst du denn noch? Du wolltest Klarheit, jetzt hast du sie. Akzeptier es halt!»
Ich schaue den beiden nach. Lenny! Dieses egoistische Aufreißer-Arschloch. Da will ich nur klären, wieso mir die Liebe meines Lebens flötengeht. Und der greift mir das Orakel ab, weil er Samenüberdruck hat. Mein Herz rappelt sich langsam wieder auf und rast in Richtung Faust.
«Max. Das bringt doch wirklich nichts», wirft sich Wilhelm auf Lennys Seite.
Ich stehe auf und gehe zur Bar. Drei Tequila beruhigen mich minimal. So nicht. Mit der Wahlkreuztaktik kann ich Lenny schnell ausfindig machen. Ich packe ihn und hole ihn von der Tanzfläche wie ein Vater seine Tochter in den Fünfzigern. Nur nenne ich ihn nicht Ami-Schlampe, sondern einfach Arschloch. Wilhelm sieht, wie ich Lenny auf die Strandterrasse schleife, und bahnt sich auch seinen Weg dorthin.
«Du blöder egoistischer Penner!»
«Max!»
«Was soll das? Du denkst nur an dich. Die ganze Zeit. Und an Frauen. Wie kann ich die klarmachen? Was wär mit der da hinten? Werd doch mal ein bisschen erwachsen!»
«Mit Sahne spielen und Nachrichten erfinden? Das ist erwachsen? Alles klar.»
«Ich hab das alles gemacht, um die Eine wiederzufinden. The One. Und du schaffst es keinen einzigen Tag, mal keine Frau anzugraben!»
«Das stimmt nicht!»
«Du malst auf der Weltkarte über deinem Schreibtisch Länder rot an, wenn du mit einer Frau von da geschlafen hast!»
«Max …»
«Du hast immer einen Stapel Visitenkarten dabei, auf denen du wahlweise Filmregisseur, Unternehmensberater oder Klempner bist!»
«Max, ich …»
«Für harte Fälle sogar noch das Panini-Bild! Fußballprofi beim FC Basel! Es ist widerlich, wie du mit Frauen umgehst!»
«Max, ich habe eine Freundin», brüllt Lenny dazwischen. Pause. Schabowskis «Nach meiner Kenntnis ist das sofort» kam 1989 nicht überraschender als das hier.
«Du verarschst uns doch?»
«Nein. Ich bin mit Sandra zusammen. Seit ein paar Wochen.»
«Die Ohrring-Frau?»
«Die hatte natürlich nicht ihre Ohrringe vergessen. Die ist ziemlich oft bei mir.»
«Und wieso hast du uns das nie gesagt?»
«Ich weiß nicht. Ich habe mich irgendwie
Weitere Kostenlose Bücher