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Katerstimmung (German Edition)

Katerstimmung (German Edition)

Titel: Katerstimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Reinartz
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gehen.
    «Denke, schon. Überhaupt wird danach wohl nicht mehr wirklich was kommen …», versuche ich zu beruhigen.
    «Das war auch garantiert das letzte Mal, dass ich eine Rolle in deiner Komödie übernommen habe.»
    Mein Handy klingelt. Unbekannte Kölner Festnetznummer. Will mich Raab doch noch wegen der Tomatennummer einladen?
    «Ja? Max Plättgen.»
    «Hallo, Express , Volker Wiedmer am Apparat.» Verdammt. Kann man mir nicht ein bisschen mehr Vorlauf geben, um mich von einer virtuellen Realität in die andere zu beamen? «Ich habe mich wohl verwählt, ich wollte eigentlich Karl Säuler …»
    «Ja, Moment, der ist auch da», halte ich Wiedmer vom Auflegen ab.
    «Du musst kurz Karl Säuler sein», beschwöre ich Wilhelm, während ich beide Hände auf mein Handy presse wie auf eine offene Wunde.
    «Max! Was habe ich gerade gesagt?»
    «Jetzt nimm schon!»
    Widerwillig hält sich Wilhelm das Handy ans Ohr. Schon nach wenigen Augenblicken erschrickt er.
    «Auf die Titelseite? Also, das weiß ich jetzt nicht. Da ist doch der Nahe Osten von der Relevanz her … mhm …»
    Wiedmer scheint ihn zu unterbrechen.
    «Ich bin ja auch der Einzige, der da drüber berichtet. Wenn das so eine große Sache wäre, würden da doch auch andere …»
    Wilhelm wird wieder unterbrochen und schaut mich dann vorwurfsvoll an.
    «Das halt ich aber für ein Gerücht. Woher sollen die denn ein Video haben?»
    Wilhelms Blick ist unverändert. Ich verberge meine heimliche Freude mit böser Miene zum guten Spiel.
    «Gut, nur weil das von der Sendergruppe anderen Medien zum Verkauf angeboten wird, müssen wir das ja noch lange nicht …»
    Jetzt hör mal auf, mir hier die Tour zu vermasseln.
    «Müssen wir. Ja, ich melde mich, falls es Neues … aber ich glaube nicht, dass das sooo … groß … letztlich … ja, bis dann.»
    Wilhelm schaut mich noch immer an. Hoffentlich verbirgt meine triste Fassade die wilde Party im Inneren. Der Lloret-Effekt. Ich glaube, ich sollte irgendwas Deeskalierendes sagen.
    «Na gut, aber das ist jetzt nicht so wie bei Paris oder Pamela. Euch erkennt man auf dem Video ja nicht wirklich.»

    Den Rest der Fahrt widmen Lenny und Wilhelm mir ungefähr so viel Aufmerksamkeit wie ein durchschnittlicher Passagier den Hinweisen zum Aufblasen der Schwimmwesten auf einem Inlandsflug Berlin–München. Auch als wir in der Dämmerung das Hostel erreichen, herrscht noch Funkstille. Die beiden gehen in den Fernsehraum, ich setze mich an den Computer. Die Renovierungsarbeiten im Geißbockheim scheinen tatsächlich reibungslos verlaufen zu sein. Jedenfalls wartet auf der express.de -Seite keine Folgestory à la «Wieder Baupfusch? Stützpfeiler durch Kölschstangen ersetzt!» oder «FC rüstet weiter auf: Großes Liniennachziehen im Stadion! Zum Live-Ticker». Stattdessen steht da in wuchtiger Schrift auf schwarzem Hintergrund: «Drogen! Angst um unsere Kinder». Daneben wieder das Bild von Simon und eine weinende Mutter.
    Ich klicke auf die Überschrift und weiß noch immer nicht ganz, was eigentlich deren Meldung ist. Von mir haben sie heute keine neuen Informationen erhalten.
    «Schwarzes T-Shirt, Baseball-Kappe, zartes Bubengesicht – so zeigte der EXPRESS Drogenjunge Simon P. (16, Nachname geändert). Er gab als Erster zu: Ich wurde als Drogenkurier missbraucht! Doch er war nicht der Einzige. Immer mehr jugendliche Urlauber packen jetzt aus: Wir sind Opfer der Drogenmafia!»
    Ich kann kaum glauben, was ich da lese. Mein Lego-Ritter ist doch auch immer nur vom Pferd gefallen, wenn ich ihn selbst da runtergeworfen habe. Und auf einmal komme ich ins Kinderzimmer, und die Playmobil-Cowboys haben die ganze Ritterburg eingenommen. Kindheitsträume werden wahr.
    Gabriele (42, Verkäuferin): Nach dem Artikel im EXPRESS habe ich sofort Justins Zimmer durchsucht. Ich habe Zigaretten und Marihuana gefunden. Der arme Junge kann sich überhaupt nicht daran erinnern, woher er das hat! Haben die Drogendealer meinem Enkel K.-o.-Tropfen gegeben?
     
    Denzel (17, Gesamtschüler): Hilfe! Ich musste oft das Zeug für die schmuggeln. Wurde dreimal auf dem Rückweg von Spanien von den Bullen gecasht, an der holländischen Grenze. Kommt das jetzt weg aus der Akte? PS: Ich musste das damals auch im Blut transportieren.
     
    Micha (37, Landschaftsarchitekt): Wir lassen Torben und Leonie zwar ohnehin nicht alleine in den Urlaub, weil Ferien unseres Erachtens ein gemeinsames Familienerlebnis darstellen sollten. Aber vorsichtshalber haben wir

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