Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katerstimmung (German Edition)

Katerstimmung (German Edition)

Titel: Katerstimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Reinartz
Vom Netzwerk:
Feststellung: Es ist acht Uhr morgens und Klaus Thomann am Apparat. Wenigstens von dem träume ich nicht.
    «Klaus, was verschafft mir die Ehre?»
    «Bist du in Lloret?»
    «Schläfst du gerne in sibirischen Gulags?»
    «Dann fahr da asap hin.»
    «Asap?» Ich weiß zwar leider, was es heißt, sehe aber überhaupt nicht ein, dass er davon ausgehen darf. Wie damals in der Raucherecke mit dem coolen Skater von zwei Klassen drunter. Wer bist denn du eigentlich? Obwohl man sogar die Liste seiner Exfreundinnen auswendig kannte.
    «As soon as possible.»
    «Wieso? Was ist denn passiert?»
    «Möglicherweise gibt es dort Hinweise auf einige südamerikanische Drogenbosse.»
    Jetzt haben die Playmobil-Cowboys auch noch meine Hausaufgaben erledigt und das Bett gemacht?
    «Wie?»
    «Sagt dir Alex Rigario was? Oder Jo Angeló?»
    Irgendwie kommen mir die Namen bekannt vor.
    «Schon mal gehört, glaube ich.»
    «Na ja, viele sind vermutlich auch Decknamen. Donaldson, Homero und dann auch noch ein deutscher Name: Wilhelm.»
    Moment! Das sind doch … das ist jetzt nicht wahr!
    «Woher kommen denn diese Namen?»
    «Die von der BILD haben ein bisschen geschnüffelt und die Tiefgarage mit der Überwachungskamera gefunden. Da haben die Dealer wohl einen Zettel verloren.»
    Ach du Scheiße! Lenny!
    «Ja gut, aber das muss ja nicht zwangsläufig von denen sein, oder? Das klingt wie die Aufstellung der brasilianischen U21 …»
    «Auf der Rückseite steht ‹Ciudad Juárez›, ‹Tijuana›, ‹Escobar› und so ein Zeug. Und ‹Droga, Droga›.»
    «Mhm.»
    «Also fahr da bitte schnell hin und mach ein paar Interviews mit den Jungs von gestern. Du kannst dir dein Kamerateam wieder über Telecinco buchen.»
    «Mhm.»
    «Ach ja, und eines noch: Hier hat gestern Abend eine Ana angerufen. Die wollte deine Nummer.»
    «Was?», platzt es aus mir heraus. Sogar mein Übermieter im Schlafkoma setzt vor Schreck einen Schnarcher aus.
    «Keine Sorge, wir haben sie nicht rausgegeben. Die Frau wirkte uns ohnehin verdächtig mit ihrem spanischen Akzent. Wir haben gesagt, die soll heute noch mal anrufen, aber wir können die abwim…»
    «Auf gar keinen Fall!»
    «Wieso?»
    «Weil sie mein Herz…stück der Reportage ist. Eine ganz wichtige Informantin!»
    «Na gut, wie du willst. Ich hör wieder dieses Knattern. Vielleicht sollten wir Schluss machen.»
    Auf Amigo Schnarch-Schnarch ist Verlass.
    «Ciao.»
    Wieso will Ana meine Nummer? Hat sie mir deshalb nicht geantwortet? Hat sie die verloren? Hat sie die enttäuscht gelöscht, als ich vorgestern Abend nicht im Luna Mar war? Oder gar nicht sie selbst? Vielleicht hat der eifersüchtige Vier-Hemdloch-Hengst an der Bar in die Ferne geschaut, Ana sich umgedreht, und zack war meine Nummer weg.
    Ich wähle aus meinem fünf Namen starken Telefonbuch den Eintrag «Carlos». Erwartungsgemäß kann er sich Schöneres vorstellen, als um acht Uhr morgens nach Lloret de Mar zu fahren. Er freut sich über mein Jobangebot wie ein iranischer Ingenieur auf dem Arbeitsamt über Spargelstechen. Aber ich habe seit der Tomatina wohl noch den Mitleidsbonus. Um zehn Uhr vor dem Quinto Pino. No is a problem.
    Natürlich sträuben sich Lenny und Wilhelm zunächst, als ich sie mit einem harschen «In zwanzig Minuten fährt unser Bus nach Lloret» wecke. Aber die verlorene Liste ist nun eindeutig nicht mein Versäumnis und verschafft mir eine komfortable Verhandlungsposition. Nach zehnminütiger Diskussion ist die Mehrheit dafür, dass wir gehen. 5–2. Vor allem damit endlich wieder Ruhe im Zimmer ist. Um keinen Streit zu provozieren, tarne ich die lustigen Karnevalssets «Drogendealer», indem ich drei große Wasserflaschen in die Tüten stopfe und «Proviant» raune. Die sind ja auch wirklich nur für den Notfall.

    Vor dem Quinto Pino ist mehr los als in Bärs Hose, wenn sich die marokkanische Putzfrau nach der Kehrschaufel bückt. Es gackert aus allen Richtungen. Wurde der Touristenkäfig von deutschen Bio-Hühnern besetzt, die gegen ihre Eltern und ihr spießbürgerliches Leben im Grünen protestieren wollen? Freilandflucht?
    Wir mogeln uns geschickt durch den Gürtel von Schaulustigen. Ist aber auch nicht schwer. «Lasst uns durch, wir sind vom Privatfernsehen» zieht hier problemlos. Als wir durch die breite Notfallgasse schreiten, verwandelt sich das Gackern langsam in ein Summen. Bienenalarm! Ein ganzer Schwarm Klatschtanten belagert den Hoteleingang. Mittendrin meine Frisurenfreds von gestern, die eifrig und

Weitere Kostenlose Bücher